Rz. 7

Eine vollständige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft[1] war nach der Rspr. des BFH nicht verfassungsrechtlich geboten.[2] Dieser Auffassung hat der Erste Senat des BVerfG mit Beschluss vom 21.7.2010[3] sehr eindeutig widersprochen:

§ 16 Abs. 1, § 17, § 15 Abs. 1 und § 19 ErbStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.2.1997[4] waren nach Auffassung des BVerfG vom Inkrafttreten des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001[5] bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24.12.2008[6] mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit eingetragene Lebenspartner gegenüber Ehepartnern benachteiligt wurden.

Der Gesetzgeber musste nach dem Beschluss des BVerfG bis zum 31.12.2010 eine Neuregelung für die vom Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.2.1997 betroffenen o. g. Altfälle treffen, die diese Gleichheitsverstöße im genannten Zeitraum beseitigt. Das BVerfG hat mit ausführlicher Begründung eine Übergangsfrist zur Nachbesserung abgelehnt. Damit musste für Altfälle zwingend eine vollständige Gleichstellung für den Anwendungsbereich des Erbschaftsteuergesetzes geschaffen werden.

Das BVerfG konnte mangels Einschlägigkeit auf die konkret zu entscheidenden Fälle nicht zur Rechtmäßigkeit des ab 1.1.2009 gültigen Rechts, insbesondere zur verbliebenen Differenzierung in den Steuersätzen, Stellung nehmen. Dennoch blieb dem Gesetzgeber nichts anderes übrig, als die ohnehin geplante Gleichstellung auch insoweit rückwirkend zu gewähren und diese Rückwirkung in die Anwendungsvorschriften zum JStG aufzunehmen. Dies ergibt sich aus den Gründen der Entscheidung des BVerfG: "Die Staffelung der Steuerklassen und Steuersätze dient dem Zweck, die Erbschaftsteuer nach Ehe und Verwandtschaftsnähe auf der einen und nach dem Nachlassvolumen auf der anderen Seite abzuschichten. Diese Regelung trägt dem erbrechtlichen Familienprinzip und dem steuerrechtlichen Grundsatz der Leistungsfähigkeit Rechnung". "Weder der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit noch allein die Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG und auch nicht das Familienprinzip vermögen die Unterschiede zwischen Ehegatten und Lebenspartner in den Steuersätzen zu rechtfertigen".

[1] Zur Definition der Lebenspartnerschaft s. Rz. 71.
[4] BGBl I 1997, 378.
[5] BGBl I 2001, 266.
[6] BGBl I 2008, 3018.

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