Rz. 41

Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/7918) soll die ab 1.1.2009 geltende Ergänzung nicht gerechtfertigte Steuervorteile, die sich im Zusammenhang mit der Berücksichtigung früherer Erwerbe bei der Steuerfestsetzung für einen späteren Erwerb ergeben, verhindern. Wenn die früher für einen Vorerwerb tatsächlich zu entrichtende Steuer höher sei als die fiktiv dafür zu ermittelnde Steuer zur Zeit des Letzterwerbs, könne es dazu kommen, dass die für den Letzterwerb festzusetzende Steuer nur 0 EUR beträgt, obwohl bei diesem Letzterwerb selbst erhebliche Vermögenswerte übertragen wurden. Der Abzug der Steuer auf den Vorerwerb soll deshalb begrenzt werden.

 

Rz. 42

Die Steuer, die sich nach den geltenden Vorschriften für den Letzterwerb ohne Zusammenrechnung ergibt, bildet die Untergrenze der für diesen Erwerb festzusetzenden Steuer.[1]

 

Rz. 43

 

Zusammenrechnung von Erwerben nach § 14 ErbStG

Steuerklassenwechsel zwischen Schenkungen: von StKl. III zu StKl. I

Erwerb: ohne begünstigtes Betriebsvermögen

 
1. Steuer auf Vorerwerb      
Schenkung 2004      
Erwerb 10.000.000 EUR    
persönlicher Freibetrag StKl. III - 5.200 EUR    
steuerpflichtiger Erwerb 9.994.800 EUR    
       
Schenkungsteuer 2004 nach StKl. III     4.097.868 EUR
       
       
2. Steuer auf Gesamterwerb      
Schenkung 2011      
Erwerb 2004 10.000.000 EUR    
Erwerb 2011 10.000.000 EUR    
Gesamterwerb 20.000.000 EUR    
persönlicher Freibetrag StKl. I - 500.000 EUR    
steuerpfichtiger Gesamterwerb 19.500.000 EUR    
Steuer nach StKl. I (27 %)   5.265.000 EUR  
       
       
3. Berechnung Anrechnungsbetrag      
a) Fiktive Steuer 2011 auf Vorerwerb      
Erwerb 2004 10.000.000 EUR    
       
persönlicher Freibetrag StKl. I § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, 500.000 EUR, aber      
höchstens beim Erwerb 2004 verbrauchter Freibetrag der StKl. III - 5.200 EUR    
steuerpflichtiger Erwerb 9.994.800 EUR    
fiktive Steuer 2011 (23 %) 2.298.804 EUR    
       
b) Tatsächliche Steuer auf Vorerwerb      
(vgl. 1.) 4.097.868 EUR    
       
anzurechnen ist die (höhere) tatsächliche Steuer 2004   - 4.097.868 EUR  
       
       
4. Verbleibende Steuer 2011   1.167.132 EUR  
       
       
       
5. Mindeststeuer 2011[2]      
Erwerb 2011 10.000.000 EUR    
persönlicher Freibetrag, § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - 500.000 EUR    
steuerpflichtiger Erwerb 9.500.000 EUR    
Mindeststeuer   2.185.000 EUR  
       
       
6. Festzusetzende Steuer 2011     2.185.000 EUR
 

Rz. 44

In der Praxis zeigt sich, dass der Anwendungsbereich der "Missbrauchsvorschrift" gering ist. Lediglich in den Fällen, in denen der Vorerwerber im Zeitpunkt des Vorerwerbs der Steuerklasse III angehört hat und zur Zeit des Letzterwerbs in die Steuerklasse I aufgerückt ist (Heirat, Adoption, Abschluss Lebenspartnerschaftsvertrag), kommt sie zum Tragen. Die Mindeststeuer hat allerdings auch bei einem Aufrücken in die Steuerklasse I nur dann praktische Relevanz, wenn die letzte Zuwendung den persönlichen Freibetrag nach Steuerklasse I (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) übersteigt.

 

Keine Mindeststeuer

M schenkt in 2009 seiner Freundin 1 Mio. EUR. Nach der Hochzeit in 2011 schenkt er ihr Anfang 2012 weitere 500.000 EUR.

 
Steuerwert der Zuwendung 2009: 1.000.000 EUR
abzügl. persönl. Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG - 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 980.000 EUR

StKl. III

 
Steuersatz 30 %  
Schenkungsteuer: 294.000 EUR
 
Steuerwert der Zuwendung 2012: 500.000 EUR
Vorerwerb 2009: 1.000.000 EUR
Bereicherung 1.500.000 EUR
abzügl. persönl. Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - 500.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 1.000.000 EUR

StKl. I

 
Steuersatz 19 %  
Schenkungsteuer: 190.000 EUR
anrechenbare Schenkungsteuer 2009: - 294.000 EUR
Nachzahlung 2012 (vorl.): 0 EUR

Berechnung der Mindeststeuer:

 
Steuerwert der Zuwendung 2012: 500.000 EUR
abzügl. persönl. Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - 500.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 0 EUR

Hinweis: Die Mindeststeuer kommt nicht zum Tragen. In 2012 ist keine Schenkungsteuer zu bezahlen. Es besteht weiterhin ein Steuerüberhang, der für eine steuerfreie Nachschenkung genutzt werden kann.

 

Mindeststeuer fällt an

M schenkt in 2009 seiner Freundin 0,5 Mio. EUR. Nach der Hochzeit in 2011 schenkt er ihr Anfang 2012 weitere 600.000 EUR.

 
Steuerwert der Zuwendung 2009: 500.000 EUR
abzügl. persönl. Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG - 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 480.000 EUR

StKl. III

 
Steuersatz 30 %  
Schenkungsteuer: 144.000 EUR
 
Steuerwert der Zuwendung 2012: 600.000 EUR
Vorerwerb 2009: 500.000 EUR
Bereicherung 1.100.000 EUR
abzügl. persönl. Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - 500.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 600.000 EUR

StKl. I

Steuersatz 15 %

 
Schenkungsteuer: 90.000 EUR
anrechenbare Schenkungsteuer 2009: - 144.000 EUR
Nachzahlung 2012 (vorl.): 0 EUR

Berechnung der Mindeststeuer:

 
Steuerwert der Zuwendung 2012: 600.000 EUR
abzügl. persönl. Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - 500.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 100.000 EUR

StKl. I

Steuersatz 11 %

 
Schenkungs...

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