Rz. 547

Bei jedem Unternehmen muss neben (und vor dem) Vermögensverwaltungstest ein Finanzmitteltest durchgeführt werden (s. dazu R E 13b.23 Abs. 1 ErbStR 2019 und die Bsp. in H E 13b.13 ErbStR 2019). Dabei muss zunächst der Bestand und der gemeine Wert der Finanzmittel festgestellt werden.

 

Rz. 548

Zu den Finanzmitteln gehören nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung "Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen" (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG, s. dazu die Auflistung in R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR 2019 und die tabellarische Übersicht in H E 13b.22 ErbStR 2019).

 

Rz. 549

Zahlungsmittel sind insbesondere Bargeld, Kassenguthaben und Schecks. Geschäftsguthaben sind die Guthaben auf den Geschäftskonten bei Kreditinstituten (u. a. auch Sichteinlagen, Spareinlagen, Festgeldkonten).[1] Geldforderungen sind Forderungen, die auf die Zahlung von Geld gerichtet sind. Kryptowährungen (wie z. B. Bitcoins) sind als Finanzinstrumente zu qualifizieren und daher als Finanzmittel (i. S. v. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) einzustufen.[2]

 

Rz. 550

Andere Forderungen sind alle anderen Forderungen, und zwar unabhängig von dem Gegenstand, auf den sie gerichtet sind und unabhängig von der Person des Gläubigers und des Schuldners.

 

Rz. 551

Umstritten ist insbesondere, ob zu den anderen Forderungen nur Geldforderungen oder auch Sachforderungen gehören. Im Schrifttum wird aufgrund des Gesetzeswortlauts "Geldforderungen und andere Forderungen" ganz überwiegend davon ausgegangen, dass nur sonstige, auf Geld gerichtete Forderungen (und keine Sachforderungen) umfasst sind. Dies ist auch die Auffassung der FinVerw (R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR 2019: "sonstige auf Geld gerichtete Forderungen aller Art").

 

Rz. 552

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen[3] gehören auch dann zu den Finanzmitteln, wenn sie auf der allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmens beruhen. Die FinVerw sieht insoweit keine Möglichkeit zu einer einschränkenden Gesetzesauslegung.[4] Das FG Münster[5] hat dem nunmehr in einer nicht rechtskräftigen Entscheidung zu Recht widersprochen. Danach verkörpern geleistete Anzahlungen Sachleistungsansprüche und stellen keine auf Geld gerichteten Forderungen dar. Der Ausgang des Revisionsverfahrens (BFH II R 36/20) bleibt abzuwarten.

 

Rz. 553

Der Begriff der Finanzmittel umfasst darüber hinaus auch Forderungen gegen verbundene Unternehmen oder Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht.[6]

 

Rz. 554

Der Gesetzeswortlaut sieht keine Einschränkung für Geldforderungen eines Gesellschafters gegen seine Gesellschaft vor, sodass auch Gesellschafterdarlehen erfasst sind.[7] Das Gesellschafterdarlehen ist dem jeweiligen Gesellschafter alleine zuzurechnen.

Ausführlich zu Beteiligungen an Personengesellschaften und Finanzmitteln im Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen wird aus Sicht der FinVerw in R E 13b.23 Abs. 9 ErbStR 2019 vorgetragen. Zu jungen Finanzmitteln im Sonderbetriebsvermögen s. R E 13b.23 Abs. 10 ErbStR 2019 und die Beispiele in H E 13b.23 ErbStR 2019.

 

Rz. 555

Forderungen sind grundsätzlich mit dem Nennwert zu bewerten. In Einzelfällen (z. B. bei unverzinslichen oder niedrig verzinslichen Forderungen, uneinbringlichen Forderungen) sind entsprechende Wertberichtigungen vorzunehmen.

 

Rz. 556–559

einstweilen frei

[1] § 266 Abs. 2, B. IV. HGB.
[2] S. R E 13b.23 Abs. 2 am Ende ErbStR 2019 und zuvor u. a. Bayerisches Landesamt für Steuern v. 14.1.2019, ZEV 2019, 112, DB 2019, 400, DStR 2019, 387; FinMin Brandenburg v. 6.3.2019, EStB 2019, 319, ausführlich zu Bitcoins in der Erbschaftsteuer Medler, ZEV 2020, 262; v. Oertzen/Biermann/Lindermann, ErbR 2022, 762; v. Oertzen/Grosse, DStR 2020, 1651; Sixt, DStR 2020, 1871; Skauradszun, DStR 2021, 1063; Stein/Lupberger, DStR 2019, 311; monografisch Arndt, Bitcoin-Eigentum, 2021.
[3] § 266 Abs. 2 B. II. Nr. 1 HGB, s. dazu R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR 2019 und die tabellarische Übersicht in H E 13b.22 ErbStR 2019.
[4] Krit. zu der weit überschießenden Regelung Stalleiken, in v. Oertzen/Loose, ErbStG, § 13b Rz. 182 ff.
[5] FG Münster v. 22.10.2020, 3 K 2699/17 F, Az. BFH II R 36/20, EFG 2020, 1826 mit Anm. Dallmann, ErbStB 2021, 40 mit Anm. Knittel, ZEV 2021, 199, DStRE 2021, 869; ausführlich dazu Bernhard, DStR 2021, 1089; Juja/Thomée, ErbStB 2022, 111, Teil I und ErbStB 2022, 171, Teil II.
[6] § 266 Abs. 2 B. II. 2 und 3 HGB. Dazu R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR 2019 und die tabellarische Übersicht in H E 13b.22 ErbStR 2019.
[7] S. dazu R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR 2019, ausführlich dazu Uhl-Ludäscher, NWB-EV 1/2020, 29.

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