Rz. 331

Der Gesetzgeber steht seit langem vor der Aufgabe, das begünstigungswürdige (unternehmerische) Vermögen von dem sonstigen Vermögen abzugrenzen. Die Abgrenzung muss dabei nicht nur klar und eindeutig, sondern vor allem auch zielgenau sein. Private vermögensverwaltende Gesellschaften sollen grundsätzlich nicht begünstigt sein.

 

Rz. 332

Bis zum Jahr 2008 hat sich der Gesetzgeber für die erbschaftsteuerliche Verschonung des Erwerbs im Wesentlichen an der ertragsteuerrechtlichen Abgrenzung zwischen Privat- und Betriebsvermögen orientiert. Diese Regelung hat allerdings dazu geführt, dass oftmals Vermögensgegenstände des Privatvermögens (insb. Grundstücke und Wertpapiere) in vermögensverwaltende Gesellschaften eingebracht wurden, die lediglich aufgrund ihrer Rechtsform als steuerliches Betriebsvermögen behandelt worden sind. Der unentgeltliche Erwerb der Gesellschaftsanteile war dann steuerlich begünstigt, da es sich formal um unternehmerisches Vermögen gehandelt hat. Diese Gestaltungspraxis wurde u. a. vom Bundesfinanzhof kritisiert und darauf hingewiesen, dass der Erwerb von Anteilen an lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaften[1] steuerlich nicht "begünstigungswürdig" sei.[2]

 

Rz. 333

Im Jahr 2009 hat der Gesetzgeber daher erstmals einen Verwaltungsvermögenstest eingeführt.[3]

 

Rz. 334

Mit der Ausklammerung des sog. Verwaltungsvermögens aus dem begünstigten Vermögen wollte der Gesetzgeber insbesondere sicherstellen, dass der Erwerb von Anteilen an vermögensverwaltenden Gesellschaften steuerlich nicht mehr begünstigt wird. "Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt" sollte demnach nicht mehr zum begünstigten Vermögen gehören.[4]

 

Rz. 335

Der neue Verwaltungsvermögenstest hat dieses Ziel aber nicht vollständig erreicht. Dabei erwies sich insbesondere der Katalog des Verwaltungsvermögens als lückenhaft, da Geld (und andere Finanzmittel) zum begünstigten Vermögen gehörten. Demnach war es möglich, Geld in eine Gesellschaft einzubringen und die Anteile an der Gesellschaft anschließend steuerfrei zu übertragen. Rspr. und FinVerw haben in diesen Cash-Gesellschaften keinen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch gesehen. Erst im Rahmen des Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetzes 2013[5] hat der Gesetzgeber diese Lücke mit Wirkung zum 7.6.2013 geschlossen.[6] Andere Lücken blieben allerdings (bis zum 30.6.2016) weiterhin bestehen. Beispielsweise konnten Oldtimer nach Einbringung in eine Gesellschaft steuerfrei übertragen werden, da sie nicht zum schädlichen Verwaltungsvermögen gehörten.[7]

 

Rz. 336

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 17.12.2014 vor allem die Verwaltungsvermögensquote von 50 % beanstandet.[8] Danach war das begünstigte Vermögen steuerlich insgesamt begünstigt, wenn das begünstigte Vermögen zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen bestand. Die Quote war aus Sicht des BVerfG zu hoch und die Regelung zu pauschal. Bei Konzernen führte die Verlagerung von Verwaltungsvermögen in Tochter- und Enkelgesellschaften zudem zu sachwidrigen Kaskadeneffekten.

 

Rz. 337

Der Gesetzgeber musste den früheren Verwaltungsvermögenstest daher ändern. Ein grundsätzlicher Systemwechsel (Aufgabe des Verwaltungsvermögenstests und Einführung eines Hauptzwecktests) wurde von der Bundesregierung erwogen[9], vom Gesetzgeber aber zu Recht verworfen.[10]

 

Rz. 338

Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016[11] vielmehr für eine verfassungskonforme Fortentwicklung des Verwaltungsvermögenstests entschlossen.[12] Dazu gehören (vereinfacht) vor allem die folgenden Änderungen:

 

Rz. 339

  • Die Steuerbefreiung gilt nur noch für das begünstigte Vermögen.[13]
  • Das Verwaltungsvermögen unterliegt grundsätzlich der vollen Besteuerung (abzüglich der anteiligen Schulden und des Kulanzpuffers von 10 %, § 13b Abs. 6 und 7 ErbStG).
  • Der Begriff des Verwaltungsvermögens wurde neu definiert.[14] Danach gehört u. a. auch Cash zum Verwaltungsvermögen.
  • Die Verwaltungsvermögensquote von 50 % und das "Alles-oder-Nichts-Prinzip" wurden ersatzlos abgeschafft. Das begünstigungsfähige Vermögen ist grundsätzlich nur noch begünstigt, soweit es das (Netto-)Verwaltungsvermögen übersteigt.[15]
  • Junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel unterliegen stets (und ohne jede Ausnahme) der vollen Besteuerung.[16]
  • In Konzernen wird das Verwaltungsvermögen im Rahmen einer Verbundvermögensaufstellung ermittelt, sodass Kaskadeneffekte ausgeschlossen sind.[17]
  • Mit zahlreichen Missbrauchsregelungen soll eine steuerliche Verschonung von Cash- und Finanzierungsgesellschaften verhindert werden.[18]
 

Rz. 340

Der Verwaltungsvermögenstest gilt für alle Unternehmen, gleich welcher Rechtsform, Größe oder Branche. Für den Verwaltungsvermögenstest sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer[19] maßgebend.[20]

 

Rz. 341

Den Begriff des Verwaltungsvermögens gibt es nur im ErbStG, nicht auch im sonstigen...

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