Rz. 527

Nach dem Vergleichswertverfahren werden grundsätzlich Wohnungs- und Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser bewertet. Eine Anwendung auf andere Grundstücksarten ist ausgeschlossen.

Beim Vergleichswertverfahren wird der Marktpreis i. d. R. aus tatsächlich realisierten Kaufpreisen anderer Grundstücke abgeleitet. Zur Ermittlung des gemeinen Werts kommt es daher nur bei Grundstücken in Betracht, die mit weitgehend gleichartigen Gebäuden bebaut sind und bei denen sich der Grundstücksmarkt an Vergleichswerten orientiert. Diese Voraussetzung hält der Gesetzgeber bei Wohnungs- und Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäusern regelmäßig für erfüllt.[1]

Voraussetzung für die Anwendung des Vergleichswertverfahrens ist eine ausreichende Anzahl geeigneter Vergleichspreise; ausnahmsweise kann auch ein Vergleichspreis genügen.[2] Als ein Vergleichspreis kann nach H B 183 Abs. 2 ErbStH 2019 "Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück als Vergleichspreis" auch der für die zu bewertende wirtschaftliche Einheit tatsächlich innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag unter fremden Dritten erzielte Kaufpreis gelten, sofern zwischenzeitlich keine Änderungen der Wertverhältnisse eingetreten sind und dem Verkauf keine ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnisse zugrunde gelegen haben.[3]

Unter dieser Voraussetzung kann der für das Bewertungsobjekt erzielte Kaufpreis nicht nur zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG herangezogen, sondern unmittelbar zur Grundlage des Bewertungsverfahrens gemacht werden. Dies bedeutet, dass er nicht nur dann zu berücksichtigen ist, wenn er niedriger, sondern auch dann, wenn er höher ist als der sich ansonsten ergebende Wert.[4]

Nach § 183 Abs. 2 S. 1 BewG sind bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Regelung des § 25 S. 1 ImmoWertV. Als Wert beeinflussende Merkmale kommen bei bebauten Grundstücken neben der Beschaffenheit des Grundstücks (z. B. Grundstücksgröße und -gestalt) und dessen Lagemerkmalen (Verkehrsanbindung, Nachbarschaft, Wohn- und Geschäftslage, Umwelteinflüsse) vor allem auch der Zustand der baulichen Anlagen (Gebäudeart, Baujahr, Bauweise und Baugestaltung, Größe und Ausstattung, baulicher Zustand und Erträge) in Betracht.[5] Das Erfordernis hinreichender – nicht absoluter Übereinstimmung – der Vergleichsgrundstücke soll nicht nur der Verwaltungsvereinfachung, sondern auch dazu dienen, den Kreis der Vergleichsgrundstücke nicht über Gebühr einzuengen. Weichen die wertbeeinflussenden Merkmale der Vergleichsgrundstücke bzw. der Grundstücke, für die Vergleichsfaktoren bebauter Grundstücke abgeleitet worden sind, vom Zustand des zu bewertenden Grundstücks ab, so sind diese Abweichungen durch Zu- oder Abschläge nach Vorgabe des örtlichen Gutachterausschusses für Grundstückswerte zu berücksichtigen.[6] Stehen vom örtlichen Gutachterausschuss zur Berücksichtigung dieser Abweichungen keine Anpassungsfaktoren (z. B. Indexreihen oder Umrechnungskoeffizienten) zur Verfügung, kann eine hinreichende Übereinstimmung noch unterstellt werden, wenn die wertbeeinflussenden Merkmale des zu bewertenden Grundstücks (wie z. B. die Wohn-/Nutzfläche des Gebäudes, die Grundstücksgröße oder das Alter des Gebäudes) jeweils um höchstens 20 % vom Vergleichsgrundstück abweichen.[7] Soweit von den Gutachterausschüssen keine Vergleichspreise vorliegen, kann das zuständige FA geeignete Vergleichspreise aus anderen Kaufpreissammlungen als nach § 195 BauGB berücksichtigen.[8]

 

Rz. 528

Grundlage der Wertermittlung sind nach § 183 Abs. 1 S. 2 BewG vorrangig die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise, deren Basis die gem. § 195 BauGB geführte Kaufpreissammlung ist. Die gerichtliche Überprüfung der von dem Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichspreise und Vergleichsfaktoren ist darauf beschränkt, ob diesem offensichtliche Unrichtigkeiten unterlaufen sind. Der Gesetzgeber hat die Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren explizit den Gutachterausschüssen aufgegeben, da diesen aufgrund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Vergleichspreisen und -faktoren zukommt. Eine fachliche Überprüfung durch – mit geringerer Sachkunde ausgestattete – Gerichte würde dem widersprechen.[9] Daraus folgt zugleich, dass das FA nicht dazu befugt ist, die ihm vom Gutachterausschuss für einen bestimmten Stichtag mitgeteilten Vergleichspreise für einen anderen Stichtag zu verwerten. Denn in diesem Fall würde die Feststellung des Bedarfswerts nicht mehr auf einer Mitteilung des Gutachterausschusses, sondern auf einer Schätzung durch das FA beruhen, für die diesem die Befugnis fehlt....

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