Rz. 474

Nach § 166 Abs. 1 BewG tritt in den Fällen des § 162 Abs. 3 oder 4 BewG der Liquidationswert mit Wirkung für die Vergangenheit an die Stelle des bisherigen Wertansatzes. Aus der durch § 166 Abs. 1 BewG vorgesehenen Rückbeziehung folgt, dass sich die Nachbewertung nach den tatsächlichen Verhältnissen und den Wertverhältnissen des Bewertungsstichtags richtet.

Die Verwirklichung des Nachbewertungstatbestands stellt ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar, das die Änderung des ursprünglichen Feststellungsbescheids und in der Folge des Erbschaftsteuerbescheids nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO rechtfertigt. Die Feststellungsfrist beginnt nach § 175 Abs. 1 S. 2 AO mit Ablauf des Jahres, in dem die Veräußerung erfolgt ist.

 

Rz. 475

Die Ersetzung des ursprünglich nach § 163 bzw. § 164 BewG ermittelten Fortführungswerts durch den Liquidationswert bereitet in den Fällen des § 162 Abs. 3 BewG keine Probleme, weil die wirtschaftliche Einheit insgesamt neu zu bewerten ist. Der Wert des Wirtschaftsteils wird in diesem Fall vollständig durch den Liquidationswert ersetzt.[1]

Demgegenüber sind in den Fällen des § 162 Abs. 4 BewG nur die dem Betrieb nicht mehr dienenden Wirtschaftsgüter nachzubewerten. Eine Ersetzung der für sie bisher angesetzten Werte durch die Liquidationswerte wäre an sich nur insoweit möglich, als sich das Vorhandensein dieser Wirtschaftsgüter in der Ermittlung des Fortführungswerts niedergeschlagen hat. Da sowohl die für die Ermittlung des Ertragswerts nach § 163 BewG maßgeblichen Reingewinne als auch die für die Ermittlung des Mindestwerts nach § 164 BewG maßgeblichen Pachtpreise und Werte für das Besatzkapital flächenabhängig sind, käme eine Minderung des Fortführungswerts nur in Betracht, soweit sich der Nachbewertungstatbestand aufgrund und Boden bezieht. Soweit der Nachbewertungstatbestand Wirtschaftsgüter i. S. d. § 158 Abs. 3 Nrn. 2, 3 und 5 (Wirtschaftsgebäude, stehende Betriebsmittel und immaterielle Wirtschaftsgüter) betrifft, wäre eine Minderung des Fortführungswerts nicht möglich, weil sich der betriebsindividuelle Bestand dieser Wirtschaftsgüter auf dessen Ermittlung nicht ausgewirkt hat. Nach R B 166 Abs. 4 S. 1 ErbStR 2019 ist der bisherige Wert des Wirtschaftsteils allerdings in allen Fällen um den anteiligen Wert des ausscheidenden Wirtschaftsguts zu mindern. Hierzu ist

  • beim Grund und Boden die ausscheidende Fläche und der bei der Wertermittlung zugrunde gelegte Pachtpreis sowie der Kapitalisierungsfaktor von 18,6 heranzuziehen.[2] Unklar ist, ob dies auch für den Fall gelten soll, dass der Fortführungswert ausnahmsweise nicht nach § 164 BewG, sondern nach § 163 BewG ermittelt wurde.
  • bei den übrigen Wirtschaftsgütern die selbst bewirtschaftete Fläche, der bei der Wertermittlung zugrunde gelegte Wert für das Besatzkapital, der Kapitalisierungsfaktor von 18,6 und der prozentuale Wert des Wirtschaftsguts am Besatzkapital heranzuziehen.[3] Zur Ermittlung des prozentualen Anteils des Wirtschaftsguts am Besatzkapital sind die Buchwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter ohne Grund und Boden am Bewertungsstichtag zu ermitteln und zueinander ins Verhältnis zu setzen.[4]
 

Rz. 476

Die Wertmaßstäbe für die Nachbewertung ergeben sich aus § 166 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BewG:

zu bewerten.

In beiden Fällen sind die ermittelten Werte zur Berücksichtigung der Liquidationskosten um 10 % zu mindern.

Nähere Bestimmungen darüber, wie der gemeine Wert der übrigen Wirtschaftsgüter zu ermitteln ist, trifft das Gesetz nicht. Es sind daher die nach der Art des jeweiligen Wirtschaftsguts in Betracht kommenden Verfahren anzuwenden. Für die Bewertung der Wirtschaftsgebäude gelten grundsätzlich die aufgrund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften.[5] Der gemeine Wert der übrigen Wirtschaftsgüter bestimmt sich nach dem jeweiligen Einzelveräußerungspreis des Wirtschaftsguts am Bewertungsstichtag.[6]

 

Rz. 477

Keine Aussage trifft § 166 BewG über die Berücksichtigung der zu dem Betrieb gehörenden bzw. mit den Wirtschaftsgütern in Zusammenhang stehenden Schulden. Jedenfalls in den Fällen des § 162 Abs. 3 BewG liegt es aber auf der Hand, dass diese von dem Wert der aktiven Wirtschaftsgüter abzuziehen sind, weil sie Bestandteil der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit sind. Auch beim Ausscheiden einzelner Wirtschaftsgüter aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang ist nach R B 166 Abs. 3 S. 2 ErbStR 2019 der Liquidationswert um die damit im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten zu mindern.

 

Rz. 477a

Weist der Stpfl. nach, dass der gemeine Wert, der kurze Zeit nach dem Erbanfall veräußerten LuF genutzten Flächen wesentlich niedriger als der nach § 166 BewG ermittelte Liquidationswert ist, kann der niedrigere gemeine Wert als Grundbesitzwe...

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