Rz. 441

§ 163 Abs. 3 BewG konkretisiert die Bewertungsfaktoren zur Ermittlung des Reingewinns der landwirtschaftlichen Nutzung unter Beachtung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben. Da die betriebswirtschaftliche Ausrichtung eines Betriebs und die Betriebsgröße relevante Merkmale für die wirtschaftliche Ertragskraft eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft sind, müssen diese Parameter bei der Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe berücksichtigt werden. Gem. § 163 Abs. 3 S. 1 BewG bestimmt sich der Reingewinn für die landwirtschaftliche Nutzung deshalb nach

  • der Region (Bundesland, ggf. Regierungsbezirk),
  • der maßgeblichen Nutzungsart (Betriebsform) und
  • der Betriebsgröße nach der Europäischen Größeneinheit (EGE).

Zur Ermittlung der maßgeblichen Nutzungsart (Betriebsform) ist das gemeinschaftsrechtliche Klassifizierungssystem nach der Entscheidung 85/377/EWG der Kommission vom 7.6.1985 zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Klassifizierungssystems der landwirtschaftlichen Betriebe (ABl. EG Nr. L 220, 1), zuletzt geändert durch Entscheidung der Kommission vom 16.5.2003 (ABl. EU Nr. L 127, 48), in der jeweils geltenden Fassung heranzuziehen.[1] Hierzu sind

  • in einem 1. Schritt die Standarddeckungsbeiträge der selbst bewirtschafteten Flächen und der Tiereinheiten der landwirtschaftlichen Nutzung zu ermitteln und
  • in einem 2. Schritt daraus die Nutzungsart (Betriebsform) zu bestimmen.[2]
 

Rz. 442

Der Standarddeckungsbeitrag je Flächen- oder Tiereinheit entspricht steuerlich der Differenz zwischen den Umsatzerlösen und sonstigen Erlösen und dem der Erzeugung zuzurechnenden Materialaufwand.[3] Die Ableitung der Daten erfolgt aus Statistiken und Buchführungsunterlagen über Preise, Erträge und Leistungen sowie durchschnittliche Kosten. Die so ermittelten Standarddeckungsbeiträge je Flächen- und Tiereinheit werden auf die betrieblichen Angaben über Art und Umfang der Bodennutzung sowie die Viehhaltung übertragen und zum gesamten Standarddeckungsbeitrag des jeweiligen Betriebs summiert.[4] Die Betriebsform wird gem. Art. 6 der Entscheidung 85/377/EWG durch den relativen Beitrag der verschiedenen Produktionszweige zum gesamten Standarddeckungsbeitrag dieses Betriebs bestimmt. Nach dem dort vorgesehenen Klassifizierungsschema unterscheidet die Anlage 14 zum BewG spezialisierte Betriebe (Ackerbau, Milchvieh, sonstiger Futterbau und Veredlung) und nicht spezialisierte Betriebe (Pflanzenbauverbund, Viehverbund sowie Pflanzen- und Viehverbund). Während bei den spezialisierten Betrieben der Standarddeckungsbeitrag eines Produktionszweigs mehr als 2/3 des gesamten Standarddeckungsbeitrags des Betriebs ausmacht, entfallen bei Verbundbetrieben auf keinen Produktionszweig mehr als 2/3 des gesamten Standarddeckungsbeitrags.[5]

 

Rz. 443

Wegen der unterschiedlichen Ertragsfähigkeit des Bodens wird der Reingewinn für die landwirtschaftliche Nutzung nach den für die folgenden 36 Regionen ermittelten Standarddeckungsbeiträgen bemessen:

 
Bundesland Region

Baden-Württemberg

Bayern

Berlin

Brandenburg

Bremen

Hamburg

Hessen

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Saarland

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Schleswig-Holstein

Thüringen

Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart, Tübingen

Oberbayern, Niederbayern, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken, Oberpfalz, Schwaben

Stadtstaaten

Brandenburg

Stadtstaaten

Stadtstaaten

Darmstadt, Gießen, Kassel

Mecklenburg-Vorpommern

Braunschweig, Hannover, Lüneburg, Weser-Ems

Düsseldorf, Köln, Münster, Detmold, Arnsberg

Rheinland-Pfalz

Saarland

Chemnitz, Dresden, Leipzig

Dessau, Halle, Magdeburg

Schleswig-Holstein

Thüringen

Dabei wurde die für die Agrarstrukturerhebungen verwendete regionale Aufgliederung übernommen.[6]

 

Rz. 444

In einem 3. Schritt ist die Summe der Standarddeckungsbeiträge durch 1.200 EUR zu teilen, sodass sich die Betriebsgröße in EGE ergibt, die nach § 163 Abs. 3 S. 4 BewG einer der folgenden Betriebsgrößenklassen zuzuordnen ist:

  • Kleinbetriebe von 0 bis unter 40 EGE,
  • Mittelbetriebe von 40 bis 100 EGE,
  • Großbetriebe über 100 EGE.

Die maßgeblichen Standarddeckungsbeiträge werden nach § 163 Abs. 3 S. 5 BewG vom BMF im Bundessteuerblatt veröffentlicht.[7]

Der entsprechende Reingewinn ergibt sich aus der Spalte 4 der Anlage 14 in EUR/ha landwirtschaftlich genutzter Fläche.[8] Die dort ausgewiesenen Reingewinnsätze sind für Klein- und Mittelbetriebe durchgängig negativ. Nur für Großbetriebe ergeben sich positive Werte.

[3] Wegen der Einzelheiten vgl. Art. 3 und Anhang 1 der Entscheidung 85/377/EWG.
[4] Eisele, NWB 2008, 895, 897.
[5] Eisele, NWB 2008, 895, 897.
[6] Hutmacher, ZEV 2008, 182, 184.
[7] Vgl. BMF v. 18.3.2009, IV C 2 – S 3015/0, BStBl 2009, 479, mit dem die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz übermittelten Standarddeckungsbeiträge übermittelt wurden, die auf den Ermittlungen des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) für die Wirtschaftsjahre 2002/2007 beruhen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge