Rz. 100

Nach § 12 Abs. 1 S. 1 BewG sind Kapitalforderungen, die nicht unter § 11 Abs. 1 BewG fallen, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder niedrigeren Wert begründen.

Unter Kapitalforderungen sind Forderungen zu verstehen, die auf einen Geldbetrag gerichtet sind, z. B. Darlehensforderungen, Forderungen aus Bankguthaben, Lohn- und Gehaltsforderungen, Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen, aus Geldvermächtnissen, Pflichtteilsansprüchen oder Versicherungsverträgen, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist. Zu den Geldforderungen gehören auch Ansprüche auf Zinsen, wenn der Anspruch entstanden ist. Eine Kapitalforderung i. S. d. § 12 BewG ist auch die Kapitaleinlage des typisch stillen Gesellschafters nach § 232 HGB.[1] Um Kapitalforderungen handelt es sich auch bei solchen auf Geld gerichteten Forderungen, deren endgültige Höhe von dem künftigen Preis oder Wert einer Ware abhängig ist.

Keine Kapitalforderungen sind Ansprüche auf Sachleistungen einschließlich Sachleistungsvermächtnissen.[2]

Ebenfalls nicht unter § 12 BewG fallen Ansprüche auf wiederkehrende Geldleistungen von unbestimmter Dauer; deren Bewertung erfolgt nach den §§ 13 ff. BewG.

Unter Schulden sind – spiegelbildlich zu den Forderungen – nur Geldschulden zu verstehen. Sachleistungsverpflichtungen sind mit dem gemeinen Wert i. S. d. § 9 BewG zu bewerten. Verpflichtungen zur Erbringung wiederkehrender Geldleistungen von unbestimmter Dauer fallen ebenfalls nicht unter § 12 BewG, sondern sind nach §§ 13 ff. BewG zu bewerten.

2.9.1 Bewertungsgrundsatz: Ansatz mit dem Nennwert

 

Rz. 101

Sowohl Kapitalforderungen als auch Kapitalschulden sind grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen. Dies rechtfertigt sich daraus, dass Kapitalforderungen regelmäßig nicht zur Veräußerung, sondern zur Einziehung bestimmt sind, sodass eine Bewertung nach § 9 BewG nicht sachgerecht wäre.[1] Kapitalschulden sind von dem Schuldner ohnehin durch Zahlung des dem Gläubiger geschuldeten Geldbetrags zu berichtigen.

Nennwert ist der Betrag, den der Gläubiger nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses fordern kann und den der Schuldner zu entrichten hat. Ist eine Darlehensschuld mit einem Aufgeld (Agio) auf den Auszahlungsbetrag zu tilgen, ist der um das Agio erhöhte Rückzahlungsanspruch als Nennbetrag anzusetzen, soweit dieses nicht als selbstständige Forderung bewertet wird.[2] Die Einbehaltung eines Abgelds (Disagios) bei Auszahlung des Darlehens berührt zwar nicht den Nennwert, kann mit Rücksicht auf den Charakter als Zinsvorauszahlung aber die Bewertung der Forderung mit einem niedrigeren als dem Nennbetrag rechtfertigen.[3]

Kapitalforderungen bzw. -schulden, die auf eine ausländische Währung lauten, sind nach dem Umrechnungskurs im Besteuerungszeitpunkt umzurechnen.[4]

Maßgebender Umrechnungskurs ist dabei der Briefkurs für den Tag der Steuerentstehung.[5]

2.9.2 Vom Nennwert abweichender Ansatz wegen besonderer Umstände

 

Rz. 102

Bei den Umständen, die einen vom Nennwert abweichenden Ansatz der Kapitalforderung oder Schuld rechtfertigen, kann es sich nur um solche handeln, die der Forderung bzw. der Schuld selbst immanent sind.[1] Maßgeblich für die Bewertung von Geldforderungen und -schulden ist daher deren Ausstattung z. B. hinsichtlich der Verzinsung, Rückzahlung und Kündbarkeit sowie bei Forderungen die Frage der Durchsetzbarkeit. Auf welchen Umständen die Ausstattung beruht, ist für die Bewertung bedeutungslos. Es spielt daher keine Rolle, ob diese durch persönliche oder andere ungewöhnliche Umstände – wie z. B. ein Verwandtschaftsverhältnis – beeinflusst wurde.[2]

Kein besonderer Umstand ist – jedenfalls vor Einführung der Abgeltungsteuer ab dem Jahr 2009 – die von einem Zinsanspruch einzubehaltende Kapitalertragsteuer.[3]

Maßgebend dafür, ob besondere Umstände eine vom Nennwert abweichende Bewertung rechtfertigen, sind die Verhältnisse am Bewertungsstichtag. Für den Bestand und die Bewertung einer Kapitalforderung bedeutsame Umstände, die am Stichtag bereits vorgelegen haben, aber erst nach dem Stichtag bekannt geworden sind, sind zu berücksichtigen, wenn sie durch eine Prüfung der in Betracht kommenden Verhältnisse am Stichtag hätten festgestellt werden können.[4]

Besondere Umstände, die eine Bewertung abweichend vom Nennwert rechtfertigen, liegen insbesondere vor, wenn

  1. die Kapitalforderungen oder Kapitalschulden unverzinslich sind und ihre Laufzeit am Bewertungsstichtag mehr als ein Jahr beträgt[5];
  2. die Kapitalforderungen oder Kapitalschulden entweder besonders niedrig oder besonders hoch verzinst sind und die Kündbarkeit für längere Zeit ausgeschlossen ist;
  3. die Kapitalforderung entweder uneinbringlich[6] oder zweifelhaft ...

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