2.11.6.1 Regelbewertung

 

Rz. 141

§ 14 Abs. 1 BewG regelt die Bewertung von Nutzungen und Leistungen, die von der Lebensdauer einer oder mehrerer Personen abhängen, und stellt eine Spezialvorschrift zu § 13 BewG dar. Obwohl die Lebensdauer einer Person bis zu ihrem Tod objektiv ungewiss ist, behandelt § 14 Abs. 1 BewG die lebenszeitabhängigen Nutzungen und Leistungen wie solche von bestimmter Dauer[1], indem er der Bewertung die durchschnittliche Restlebenserwartung zugrunde legt, die sich zum Bewertungsstichtag nach den maßgeblichen Sterbetafeln in Abhängigkeit von Geschlecht und erreichtem Lebensalter ergibt.

 

Rz. 142

Bis zum 31.12.2008 ergaben sich die maßgeblichen Vervielfältiger aus der Anlage 9 zu § 14 BewG. Die ihnen zugrunde gelegten Lebenserwartungen ergaben sich aus der Sterbetafel 1986/88 nach dem Gebietsstand vom 3.10.1990 und waren insbesondere für höhere Lebensalter nicht mehr realitätsgerecht. So war im Vergleich der Abgekürzten Sterbetafeln (früheres Bundesgebiet) des Statistischen Bundesamts 1986/88 und 2005/07 die durchschnittliche Lebenserwartung 65-jähriger Männer von 14,05 auf 16,93 Jahre und die 65-jähriger Frauen von 17,82 auf 20,31 Jahre gestiegen. Die sich aus der Anlage 9 ergebenden Vervielfältiger waren also zu niedrig. Für die Berechtigten ergaben sich daher zu geringe, für die Verpflichteten wegen der zu niedrigen Abzüge zu hohe Steuerbelastungen.

Mit dem Inkrafttreten des ErbStRG zum 1.1.2009 ist die Anlage 9 aufgehoben worden. Die Vervielfältiger sind nunmehr nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamts zu ermitteln und ab dem 1. Januar des auf die Veröffentlichung der Sterbetafel durch das Statistische Bundesamt folgenden Kalenderjahres anzuwenden.[2] Der Kapitalwert ist unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen mit einem Zinssatz von 5,5 % als Mittelwert zwischen dem Kapitalwert für jährlich vorschüssige und jährlich nachschüssige Zahlungsweise zu berechnen.[3] Das BMF stellt die sich danach in Abhängigkeit von dem Geschlecht und dem Lebensalter ergebenden Vervielfältiger in einer Tabelle zusammen und veröffentlicht dies zusammen mit dem Datum der Veröffentlichung der Sterbetafel im Bundessteuerblatt.[4] Da Art. 3 ErbStRG für Erwerbe von Todes wegen die Möglichkeit vorsieht, die seit dem 1.1.2009 geltenden erbschaftsteuer- und bewertungsrechtlichen Vorschriften rückwirkend auf die Jahre 2007 und 2008 anzuwenden, hat das BMF bereits für diese Jahre Vervielfältiger bekannt gegeben. Im Einzelnen sind folgende Bekanntmachungen zu beachten:

 
Bewertungsstichtage Zugrunde liegende Sterbetafel Bekanntmachung vom Fundstelle
1.1.2007 – 31.12.2007 2003/2005 17.3.2009 BStBl I 2009, 474
1.1.2008 – 31.12.2008 2004/2006 17.3.2009 BStBl I 2009, 474
1.1.2009 – 31.12.2009 2005/2007 20.1.2009 BStBl I 2009, 270
1.1.2010 – 31.12.2010 2006/2008 1.10.2009 BStBl I 2009, 1168
1.1.2011 – 31.12.2011 2007/2009 8.11.2010 BStBl I 2010, 1288
1.1.2012 – 31.12.2012 2008/2010 26.9.2011 BStBl I 2011, 834
1.1.2013 – 31.12.2013 2009/2011 26.10.2012 BStBl I 2012, 950
1.1.2014 – 31.12.2014 2009/2011 13.12.2013 BStBl I 2013, 1609
1.1.2015 – 31.12.2015 2009/2011 21.11.2014 BStBl I 2014, 1576
1.1.2016 – 31.12.2016 2010/2012 2.12.2015 BStBl I 2015, 954
1.1.2017 – 31.12.2017 2013/2015 4.11.2016 BStBl I 2016, 1166
1.1.2018 – 31.12.2018 2013/2015 28.11.2017 BStBl I 2017, 1526
1.1.2019 – 31.12.2019 2015/2017 22.11.2018 BStBl I 2018, 1306
1.1.2020 – 31.12.2020 2016/2018 2.12.2019 BStBl I 2019, 1288
1.1.2021 – 31.12.2021 2017/2019 28.10.2020 BStBl I 2020, 1048
1.1.2022 – 31.12.2022 2018/2020 4.10.2021 BStBl I 2021, 1821
1.1.2023 – 31.12.2023 2019/2021 14.11.2022 BStBl I 2022, 1629
ab 1.1.2024 2020/2022 1.12.2023 BStBl I 2023, 2044

Für die Feststellung, welcher Vervielfältiger maßgeblich ist, kommt es darauf an, welches Lebensalter die Person, von deren Lebensdauer die Laufzeit abhängt, vollendet hat. Der Tag der Geburt zählt bei der Berechnung des Lebensalters als voller Tag mit.[5] Durch die Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen sind die Vervielfältiger nach Anlage 9 zu § 14 BewG niedriger als die Zahl der zu erwartenden Lebensjahre. Der Abzinsung liegt auch in diesem Fall ein Zinssatz von 5,5 % und die Annahme mittelschüssiger Zahlungsweise zugrunde.

Die Anwendung der sich nach der maßgeblichen Tabelle ergebenden geschlechtsbezogenen Vervielfältiger stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG dar.[6]

Die Berücksichtigung eines Vervielfältigers, der sich aus dem bei Ablauf des Berichtigungszeitraums nach § 14 Abs. 2 BewG erreichten Lebensalter ergibt, kommt nicht in Betracht.[7]

Die Anwendung des in § 14 Abs. 1 S. 3 BewG festgelegten Zinssatzes von 5,5 % war im Jahr 2019 nicht verfassungswidrig.[8]

 

Rz. 143

Bei einer aufgeschobenen Leibrente, die nicht sofort, sondern erst von einem bestimmten oder unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft an gezahlt werden soll, handelt es sich um einen aufschiebend bedingten Anspruch, der erst bei Eintritt der Bedingung mit dem sich zu diesem Zeitpunkt ergebenden Wert anzusetzen ist.[9]

A...

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