Rz. 219

Kosten, die dem Erwerber unmittelbar "mit der Erlangung des Erwerbs" entstehen, sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG ebenfalls abzugsfähig. Der Begriff der Erwerbskosten ist dabei wie der Begriff der Nachlassregelungskosten grundsätzlich weit auszulegen.[1] Ein unmittelbarer Zusammenhang der Kosten mit dem Erwerb liegt vor, wenn diese im Sinne einer synallagmatischen Verknüpfung dafür aufgewandt werden, dass der Erwerber seine Rechtsstellung erlangt. Dabei können die Kosten vor dem Erbfall entstanden sein, aber auch danach, sofern ein enger zeitlicher Zusammenhang mit der Erlangung oder Sicherung der Erbenstellung vorliegt.[2] Die Vorschrift betrifft bei Erwerben von Todes wegen alle Kosten, die ein Erbe zur Erreichung seiner Erbeinsetzung verwendet. Dazu gehören z. B. Beratungskosten im Zusammenhang mit der Erlangung und Sicherung des Erwerbs sowie Kosten der Erbenermittlung.

 

Rz. 219a

Abzugsfähig sind ferner Kosten eines Rechtsstreits zur Erlangung des Nachlasses oder zur Durchsetzung einer Nachlassforderung; dazu gehören auch Kosten, die vom Erben zur Abwehr einer gegen ihn geltend gemachten Nachlassforderung aufgewendet werden. Zu den abzugsfähigen Kosten zählen ferner auch vergeblich aufgewendete Kosten für einen Rechtsstreit, mit dem die Zugehörigkeit einzelner Gegenstände zum Nachlass geltend gemacht werden sollte. § 10 Abs. 6 S. 1 ErbStG steht dem nicht entgegen, da der Vermögensgegenstand bei einem erfolgreichen Ausgang des Rechtsstreits auch der Besteuerung unterlegen hätte.[3] Ebenso sind Aufwendungen zu berücksichtigen, die einem Erben vor Eintritt des Erbfalls zur Abwendung (z. B. Abfindung für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht)[4] erbrechtlicher Ansprüche anderer Personen entstehen. Dazu gehört auch ein Entgelt, das der Erwerber für ein Nacherbenanwartschaftsrecht zahlt.

 

Rz. 219b

Zur Unmittelbarkeit des Erwerbs zählt auch ein enger zeitlicher Zusammenhang. Dieser ist auch dann erforderlich, wenn zunächst Nachlassvermögen entgegengenommen wird und erst im Anschluss zur Prüfung und Durchsetzung weitergehender Ansprüche Rechtsverfolgungskosten entstehen. Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang soll fehlen, wenn mehr als 7 Jahre zwischen Erbfall und Rechtsverfolgung liegen.[5]

 

Rz. 219c

Auch die Abfindungszahlung an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits zur Klärung der Erbenstellung ist als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.[6] Die Kosten, die dem letztlich bestimmten Erben infolge eines Rechtsstreits um die Erbenstellung entstehen, hängen unmittelbar mit der Erlangung des Erwerbs zusammen. Ein gewisser Wertungswiderspruch ergibt sich jedoch daraus, dass nach neuerer Rspr. die Abfindungszahlung, die der weichende Erbprätendent aufgrund eines Prozessvergleichs vom zuletzt eingesetzten Alleinerben erhält, nicht der Erbschaftsteuer unterliegen soll.[7] Hieraus folgt, dass die Abfindungszahlung aufseiten des Erwerbers die Bemessungsgrundlage mindert, aber aufseiten des Empfängers nicht spiegelbildlich einen steuerpflichtigen Erwerb darstellt.

 

Rz. 219d

Die Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, ist als freigebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben an den Pflichtteilberechtigten zu verstehen, wobei sich aber die Steuerklasse nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Pflichtteilsberechtigten und Erblasser bemessen soll. Auch diese Zahlung mindert als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG den steuerpflichtigen Erwerb.[8]

 

Rz. 219e

Zahlungen des Beschenkten zur Abwendung etwaiger Herausgabeansprüche des Vertragserben bzw. Nacherben stellen Aufwendungen zur Erlangung und Sicherung des Erwerbs i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG dar. Bestandskräftige Bescheide können gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geändert werden.[9]

 

Rz. 220

Nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig ist dagegen die Zahlung eines Vorerben zur Ablösung eines Nacherbenrechts.[10]

 

Rz. 221

Erwerbskosten sind auch Zuwendungen, die der Erbe zu Lebzeiten des Erblassers für eine vertraglich vereinbarte Erbeinsetzung erbracht hat.[11] Diese Behandlung ist deshalb gerechtfertigt, weil sich der Erblasser gem. § 2289 Abs. 1 BGB durch Abschluss des Erbvertrags an die Erbeinsetzung bindet, während andere vertragliche Beschränkungen der Testierfreiheit aufgrund § 2302 BGB nichtig sind. Zuwendungen als Gegenleistung für eine erbvertraglich vereinbarte Erbeinsetzung weisen mithin den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs auf. Voraussetzung der Abziehbarkeit ist jedoch, dass eine zumindest in Geld messbare Gegenleistung des Erben vorliegt und der Vertrag auch tatsächlich wie vereinbart vollzogen worden ist.

 

Rz. 222

Diese für Erbvertragserben geltende Rechtslage kann auch dahingehend genutzt werden, dass sich der erbvertraglich Begünstigte zu Pflege- oder Unterhaltsleistungen gegenüber dem Erblasser verpflichtet. Fehlt es hingegen an ei...

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