Leitsatz

Tarifvertraglich vereinbarte Zahlungen des Arbeitgebers an die Zusatzversorgungskasse der Land- und Forstwirtschaft in Höhe von mtl. 10 DM je Arbeitnehmer sind als Barlohn zu qualifizieren, wenn zwischen dem Arbeitgeber und der Zusatzversorgungskasse keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Auf Barlohnzahlungen findet § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG keine Anwendung.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine landwirtschaftliche Genossenschaft, ist durch Tarifvertrag verpflichtet, für ihre Arbeitnehmer Beiträge i.H.v. 10 DM monatlich an eine Zusatzversorgungskasse in der Land- und Forstwirtschaft zu leisten. Die Klägerin vertrat die Auffassung, durch die Leistungen an die Zusatzversorgungskasse verschaffe sie ihren Arbeitnehmern Versicherungsschutz, leiste also Sachlohn. Deshalb greife die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG mit der Folge der Steuerfreiheit ein. Die Klage war erfolgreich.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG sei auf Geldzuwendungen nicht anwendbar. Die Zahlungen der Klägerin an die Zusatzversorgungskasse stellten Arbeitslohn dar, der den Arbeitnehmern als Barlohn und nicht als Sachlohn zugeflossen sei. Im Streitfall seien nur die Arbeitnehmer Versicherungsnehmer gewesen. Die Klägerin habe ihren Arbeitnehmern keinen Versicherungsschutz verschafft, sondern diesen finanziert. Ob den Arbeitnehmern ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Versicherungsleistungen zugestanden habe, komme es im Streitfall nicht an.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil berührt zwei Problemkreise:

1. Anwendung der 50-DM-Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG

Die Freigrenze von 50 DM pro Monat greift ein bei steuerpflichtigen Sachbezügen, die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG einzeln zu bewerten sind (u.a. Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge). Diese als Vereinfachungsregelung gedachte Gesetzesvorschrift soll vornehmlich kleinliche Diskussionen über die Höhe von Sachzuwendungen verhindern (Bagatellgrenze).

In der Praxis ist die Frage aufgetaucht, ob Satz 9 EStG u.a. auch bei Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers eingreift. Es wird argumentiert, es liege z.B. ein Sachbezug vor, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern Versicherungsschutz verschaffe. So hatte es im Besprechungsfall auch die Vorinstanz gesehen und der Klage stattgegeben.

Über die Frage, ob die Zahlung der Versicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer als Barlohn zu qualifizieren ist oder als Zuwendung von Versicherungsschutz und damit als geldwerte Leistung i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG erscheint, hat der BFH im Streitfall indes nicht befunden. Diese Frage wird wohl im Revisionsverfahren VI R 68/01 (vgl. EFG 2001, 1422) zu entscheiden sein.

Nicht zu entscheiden brauchte der BFH im Streitfall auch, ob die Freigrenze auch dann eingreift, wenn es sich bei dem Sachbezug um pauschalierungsfähige Zukunftssicherungsleistungen handelt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. R 31, Abs. 2a LStR 1999) bleiben diese Vorteile bei der Prüfung der 50-DM-Freigrenze außer Ansatz. Die Klägerin sah dies im Streitfall anders, offensichtlich weil andere Sachbezüge als Zukunftssicherungsleistungen nicht vorlagen.

2. Die Lösung des Streitfalls lag – anders als es das FG gesehen hatte – nach den tatsächlichen Feststellungen des FG in folgendem Umstand:

Mit den Beitragsleistungen an die Zusatzversorgungskasse hat die Klägerin ihren Arbeitnehmern Arbeitslohn zugewandt. Die von der Klägerin erbrachten Zukunftssicherungsleistungen sind den Arbeitnehmern jedoch als Geldleistungen (Barlohn) und nicht als Sachbezüge erbracht worden. Dies deshalb, weil – sofern der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer ist – mit der Zahlung des Arbeitgebers an die Versicherung eine Verbindlichkeit des Arbeitnehmers aus dem Versicherungsvertrag getilgt wird. Die Zahlung des Arbeitgebers an die Zusatzversorgungskasse erfolgt lediglich zur Abkürzung des Zahlungswegs. Der Vorgang wird so gesehen, als zahle der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Lohn (und zwar Barlohn), den der Arbeitnehmer selbst als Prämie auf die Versicherung verwendet. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 20.8.1997, VI B 83/97, BStBl II 1997, 667).

Mit der Zahlung von Barlohn war im Streitfall indessen die Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG ausgeschlossen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.11.2002, VI R 161/01BFH, Urteil vom 26.11.2002, VI R 161/00

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