Entscheidungsstichwort (Thema)

Prämien für Gruppen-Krankenversicherung ausländischer Saisonarbeitskräfte als Arbeitslohn

 

Leitsatz (amtlich)

Schließt der Arbeitgeber für ausländische Saison-Arbeitskräfte eine Gruppen-Krankenversicherung ab, so stellen die Prämienzahlungen dann Arbeitslohn dar, wenn zwar nach dem Vertrag nur der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer formal anspruchsberechtigt ist, aufgrund der Versicherungsbedingungen jedoch nur bei begründeten Zweifeln an der Legitimation die Auszahlung der Versicherungsleistung an die versicherten Personen, bzw. die behandelnden Ärzte verweigert wird.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 1, § 3 Nr. 62; AuslG § 8 Abs. 1, § 3 Nr. 62

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.07.2007; Aktenzeichen VI B 125/06)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Beiträge für eine Krankenversicherung für polnische Saisonarbeitskräfte, die der Arbeitgeber abgeschlossen hat, Arbeitslohn darstellen und ob dieser im Wege der Lohnsteuerhaftung in Anspruch genommen werden kann.

Der Kläger beschäftigte in den Streitjahren aufgrund eines formularmäßig ausgestalteten "Einstellungszusage/Arbeitsvertrages (Bl. 74 Prozessakte) polnische Saisonarbeitskräfte. Die Verwendung dieses Formulars war zwingend vorgeschrieben, um ausländische Arbeitnehmer als Saisonarbeitskräfte im Sinne des § 4 Abs. 1 der Anwerbestoppausnahmeverordnung - ASAV - beschäftigen zu können. Hierbei handelte es sich um Ausländer, die für die Arbeitserlaubnis für eine zeitlich beschränkte Beschäftigung in der Landwirtschaft begehrt wurde. Außerdem betraf es Arbeitnehmer, die nicht mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage innerhalb eines Jahres beschäftigt wurden und die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübten, z.B. Selbständige oder abhängig Beschäftigte während ihres bezahlten Erholungsurlaubs. Dieser Personenkreis unterlag nach der Rechtslage in den Streitjahren nicht der Sozialversicherungspflicht. Nach den Bedingungen des formularmäßig ausgestalteten Arbeitsvertrages war der Arbeitgeber allerdings verpflichtet, auf seine Kosten eine vergleichbare private Krankenversicherung für diesen ausländischen Arbeitnehmerkreis abzuschließen (vgl. Merkblatt für Arbeitgeber zur Beschäftigung ausländischer Saisonarbeitnehmer der Bundesanstalt für Arbeit - Stand Dezember 2002, Bl. 119 Prozessakte). Der Kläger schloss deshalb als Versicherungsnehmer für die jeweiligen Arbeitskräfte eine private Gruppenkrankenversicherung bei der R+V Versicherung (2000) und der Mannheimer Krankenversicherung AG (2001 und 2002) ab. Nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen - AVB - der Mannheimer Krankenversicherung AG (Bl. 154 Prozessakte, weitere Unterlagen konnte der Kläger trotz Aufforderung nicht mehr vorlegen) waren Gegenstand der Versicherung die Krankenversicherung für ausländische Saisonarbeitnehmer, die auch Versicherte waren, § 1 Ziff. 4. und 5 der AVB. Den Versicherten stand die freie Arztwahl zu, § 4 Ziff. 1 AVB. Die Versicherungsleistungen zahlte die Versicherung gem. § 6 Ziff. 1 AVB nach Vorlage der "geforderten Nachweise", d.h. der Arzt- oder Krankenhausrechnungen, aus. § 6 Ziff. 2 bestimmte, dass der Versicherer berechtigt ist, an den Überbringer oder Übersender von ordnungsgemäßen Nachweisen zu leisten, bei begründeten Zweifeln an der Legitimation des Überbringers oder Übersenders die Leistungen jedoch an den Versicherungsnehmer auszahlen soll.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung wurden die vom Kläger getragenen Versicherungsbeiträge für die Krankenversicherung der ausländischen Saisonarbeitskräfte als Arbeitslohn angesehen. Im Anschluss an die Prüfung erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger einen entsprechenden Haftungsbescheid. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, für ausländische Saisonarbeitskräfte bestehe keine Sozialversicherungspflicht, wenn deren Beschäftigung innerhalb eines Jahres nicht mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage betrage. Soweit keine Krankenversicherungspflicht bestehe, müsse der Arbeitgeber auf seine Kosten eine vergleichbare private Krankenversicherung für die Arbeitskräfte abschließen. Andernfalls trage er das volle finanzielle Risiko im Krankheitsfall. Die Bundesagentur für Arbeit weise in dem genannten Merkblatt die Arbeitgeber auf diese Rechtslage hin.

Die Beiträge zur Krankenversicherung seien kein Arbeitslohn. Sie seien nicht Gegenleistung für das Zur-Verfügung-Stellen der individuellen Arbeitskraft, sondern eine Leistung, die der Arbeitgeber ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse erbringe, um sein Haftungsrisiko zu vermeiden.

Soweit der Beklagte der Anwendung des § 3 Nr. 62 EStG Vorrang vor der Anwendung des Grundsatzes des überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses einräume und die Voraussetzungen dieser Vorschrift verneine, weil keine rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Übernahme von Krankheitskosten bestehe, sei dies unzutreffend. Der Arbeitgeber könne zivilrechtlich gemäß §§ 278, 823 und 831 BGB in Haftung genommen werden. Eine verschuldensu...

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