Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustrücktrag im Zusammenhang mit Tantieme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird der Jahresabschluss einer GmbH nicht innerhalb der Frist des § 42a Abs. 2 Satz 1 GmbHG festgestellt, so ist für die Fälligkeit der Tantieme des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers die fristgerechte Feststellung des Jahresabschlusses zu fingieren (gegen FG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.1996 - 8 K 108/95, EFG 1997, 872).

2. Für die Frage, ob bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern zur Beurteilung der Beherrschung deren Anteile zusammen zu rechnen sind, kann bei Dauerschuldverhältnissen an Stelle des Zeitpunkts des Abschlusses der Verträge auf die jeweiligen Streitjahre abzustellen sein, wenn die Verhältnisse sich gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses wesentlich verändert haben (so auch FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.07.2016 - 3 K 467/16, EFG 2017, 1020).

3. Grundsätzlich kann zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer vereinbart werden, dass dessen Tantieme rückwirkend zu kürzen ist, wenn die GmbH im Folgejahr einen Verlust erwirtschaftet (so auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.05.2015 - 6 K 3640/13, EFG 2015, 2215). Ein solcher Verlustrücktrag bei der Tantiemeberechnung ist steuerlich beim Tantiemeberechtigten jedoch nur dann beachtlich, wenn dies mit der GmbH entsprechend vereinbart wurde. Eine zumindest konkludente Vereinbarung kann sich aus der bilanziellen Handhabung bei der GmbH ergeben.

 

Normenkette

EStG §§ 19, 11 Abs. 1; GmbHG § 42a Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.04.2020; Aktenzeichen VI R 45/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Vereinbarung über die nachträgliche Änderung der Tantieme wegen eines Verlustrücktrags steuerliche Wirkung hat.

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute.

Der Kläger war im Streitjahr 2009 Anteilseigner zu 49% und Geschäftsführer der am 01.06.1995 gegründeten A GmbH mit Sitz in P. Weiterer Anteilseigner mit 51% und ebenfalls Geschäftsführer der A GmbH war der Bruder des Klägers, Herr E. S.

Für seine Tätigkeit für die A GmbH erhielt der Kläger im Streitjahr 2009 ein Geschäftsführergehalt in Höhe von 143.367 €.

Mit Geschäftsführerverträgen vom 02.01.1996 gewährte die A GmbH dem Kläger und dem weiteren Geschäftsführer E. S. neben dem monatlichen Festgehalt eine Tantieme. Hierzu heißt es in § 2 Ziffer 6) der von den Vertragsschließenden unterschriebenen Version:

"Der Geschäftsführer erhält eine Tantieme in Höhe von 25% des Jahresüberschusses der Handelsbilanz vor Verrechnung mit Verlustvorträgen und vor Abzug der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Die Tantieme wird auf 25% des Bruttojahreseinkommens des Geschäftsführers ohne Tantieme begrenzt. Die Gewinntantieme ist einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig."

Weitere schriftliche Vereinbarungen wurden nicht getroffen.

Für das Kalenderjahr 2007 ergaben sich für die beiden Geschäftsführer der A GmbH Tantiemen in Höhe von je 6.514 €. Nach einem Beschluss vom 12.12.2008 wurde am 19.12.2008 eine Gewinnausschüttung vorgenommen in Höhe von 63.700 € für den Kläger und in Höhe von 66.300 € für den weiteren Geschäftsführer.

Zum 31.12.2008 wurden Tantiemen in Höhe von je 160.984 € für 2008 in der Bilanz der A GmbH als Passivposten ausgewiesen.

Die Bilanz für die A GmbH wurde im Dezember 2009 festgestellt.

Die Tantiemen wurden weder im Jahr 2009 noch in den Folgejahren ausgezahlt. Im Jahr 2011 wurden sie auf das Konto 1701 "sonstige Verbindlichkeiten" umgebucht.

Im Jahr 2009 hatte die A GmbH einen Verlust in Höhe von 399.149 €, der nach 2008 zurückgetragen wurde.

Ausweislich der Bilanzakten der A GmbH erfolgte bis 2014 bei der A GmbH keine -teilweise - den Gewinn erhöhende Auflösung der Tantieme-Verbindlichkeiten. Erträge aus der Auflösung von Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern sind in den Gewinn- und Verlustrechnungen der A GmbH bis 2014 nicht enthalten.

In der Einkommensteuererklärung für 2009 erklärten die Kläger die o.g. Einkünfte des Klägers aus nicht selbstständiger Arbeit. Mit Einkommensteuerbescheid vom 28.05.2010 wurden die Kläger erklärungsgemäß veranlagt.

Bei der A GmbH fand im Jahr 2011 eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Der Prüfer stellte unter anderem fest, dass der Kläger im Jahr 2009 von der A GmbH eine Tantieme aus 2008 in Höhe von 160.984 € erhalten hatte und dass diese Tantieme bisher noch nicht versteuert worden war.

Der Beklagte erließ am 04.01.2012 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2009, mit dem der Bruttoarbeitslohn inklusive der Tantieme des Klägers nunmehr in Höhe von insgesamt 304.351 € angesetzt wurde.

Die Kläger erhoben gegen den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 04.01.2012 fristgerecht Einspruch. Zur Begründung trugen sie vor, aufgrund von Verlustrückträgen, die sich auf die Tantiemeberechnung rückwirkend auswirkten, reduziere sich die Tantieme auf 60.783 €.

Im Einspruchsverfahren legten die Kläger einen Ausdruck des Geschäftsführervertrages mit der A GmbH vor, in dem...

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