rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verluste im Zusammenhang mit dem Verfall von Optionsscheinen; zur Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Spekulationsgewinnen im Jahr 1999

 

Leitsatz (amtlich)

I. Ungeachtet etwaiger verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Besteuerung von Spekulationseinkünften im Veranlagungszeitraum 1999 können Verluste aus verfallenen Optionsscheinen, die vor dem 1. Januar 1999 angeschafft wurden, nicht nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG 1999 geltend gemacht werden.

II. Ein verfassungsrechtlich bedenkliches Vollzugsdefizit ist für die Besteuerung von Spekulationseinkünften im Jahr 1999 nicht festzustellen (vergl. aber Beschluss des BFH vom 22. 12. 2004 - Az.: IX B 149/04 - BFH/NV 2005, 701).

 

Normenkette

EStG § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 52 Abs. 39 S. 2

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 machten sie neben Einkünften aus der Verpachtung eines Druckereibetriebs, aus Vermietung und Verpachtung, aus Aufsichtsratsvergütungen des Klägers, aus Kapitaleinkünften und aus Renten auch Einkünfte aus Spekulationsgeschäften geltend. Die Spekulationsgewinne bezifferten sie mit 36.205,32 DM, die Spekulationsverluste auf 3.958,86 DM. Die Gewinne setzten sich zusammen aus Aktiengeschäften, bei denen der Erwerb der Aktien teilweise bereits im Jahr 1998 stattgefunden hatte, sowie aus Gewinnen im Zusammenhang mit im Jahr 1999 erworbenen Optionsscheinen. Zusätzlich begehrten sie die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen in Gesamthöhe von 21.544,38 DM für verfallene Optionsscheine, so dass nach ihrer Berechnung zu versteuernde Spekulationseinkünfte in Höhe von 10.702,08 DM verblieben (Bl. 81 ESt-Akte). Die Verluste aus den verfallenen Optionsscheinen setzten sich aus nachfolgenden Einzelpositionen zusammen:

Lfd. Nr.

Kaufdatum

Stückzahl

Bezeichnung

Kaufsumme

Fälligkeit

Verlust

155

14.07.1998

1000

Goldmann-Sachs Coca-Cola

3.704,42 DM

16.02.1999

3.704,42 DM

156

16.07.1998

3000

UBS: CS-Group

4.593,92 DM

17.09.1999

4.593,92 DM

159

23.07.1998

500

Meryll-Lynch: Bayer

7.625,00 DM

08.01.1999

7.718,75 DM

161

17.08.1998

3000

UBS: CS-Group

3.199,02 DM

17.09.1999

3.199,02 DM

162

09.09.1998

4000

UBS: CS-Group

1.446,50 DM

17.09.1999

1.446,50 DM

182

11.01.1999

1000

Credit Lyon: MCI Worldcom

10.838,62 DM

21.01.1999 (Verkauf)

881,77 DM

21.544,38 DM

Die letzte Position dieser Aufstellung (Verlust 881,77 DM aus Optionsschein MCI Worldcom) entspricht hinsichtlich Bezeichnung, Ankaufdatum und Verlustbetrag einem als Verlust aus einem Aktienverkauf bezeichneten Vorgang in der Gesamtaufstellung der Spekulationseinkünfte (Bl. 81 ESt-Akte, Position 1), lediglich das Verkaufsdatum variiert um 2 Tage.

Im Einkommensteuerbescheid vom 21. Februar 2001 (Bl. 89 f ESt-Akte) erkannte der Beklagte die geltend gemachten Verluste aus den verfallenen Optionsscheinen in vollem Umfang nicht an (Bl. 81, 82 ESt-Akte) und erhöhte den erklärten Gesamtgewinn aus den Spekulationsgeschäften um 21.544,38 DM auf 32.246,00 DM. Der Verlust aus dem Verkauf der MCI Worldcom-Aktien (881,77 DM) fand jedoch Eingang in die Berechnung der Spekulationseinkünfte.

Mit seinem Einspruch vom 19. März 2001 gegen die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1999 erhob der Kläger Einwendungen hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der bei Spekulationsgeschäften mit Kauf-Optionsscheinen entstandenen Verluste. Er führte hierzu aus, dass die auf dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 10. November 1994 (BStBl I 1994, 816) basierende Nichtberücksichtigung der Verluste nicht auf von Banken emittierte Kauf- und Verkaufoptionsscheine bezogen werden könne. Es liege im Wesen der Spekulation, dass Gewinne oder Verluste entstehen könnten. Liege der Wert des Optionsscheins am Ende der Optionsfrist über dem Ausgabekurs, werde der Gewinn dem Anleger vom Emissionshaus ohne weiteres Zutun gutgeschrieben; er unterliege der Einkommensteuer. Ein Totalverlust stelle sich ein, wenn die Option auf den Kauf von Aktien (Warrant) durch die Kursentwicklung des Basisinstruments seinen Wert verliere und nur noch mit einem Restwert von zumeist 0,01 - gehandelt werde. Den Optionsschein in dieser Situation zu verkaufen, wäre töricht, da die Verkaufspesen ein Mehrfaches des Erlöses darstellen würden; man lasse daher den Schein verfallen und realisiere den Totalverlust. Der Anleger erhalte hierüber einen Hinweis. Wenn der Fiskus an den innerhalb der Spekulationsfrist erzielten Gewinnen teilhaben wolle, müsse er aus Gründen der steuerlichen Gerechtigkeit auch an den (Total-)Verlusten partizipieren.

Nach entsprechendem Hinweis der Rechtsbehelfsstelle des Beklagten, dass bei den mit Aktien der CS-Group zusammenhängenden Optionsscheinen auch die auf 1 Jahr verlängerte Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 2 u. 4. Einkommensteuergesetz (EStG) abgelaufen sei (Bl. 4 Rechtsbehelfs (RB)-Akte), erklärten die Kläger mit Schriftsatz vom 1. April 2002 (Bl. 6 RB-Akte), dass für die v...

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