Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Auflösung von stillen Reserven bei einer Betriebsverlegung in das EU-Ausland

 

Leitsatz (amtlich)

Die bisher vom BFH in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass eine Betriebsverlegung eines Einzelunternehmens in das EU-Ausland aufgrund der damit verbundenen steuerlichen Entstrickung zwingend eine Betriebsaufgabe und damit eine vollständige Auflösung der stillen Reserven zur Folge haben soll, ist mit der im EG-Vertrag normierten Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar.

 

Normenkette

EG-Vertrag Art. 43; EStG § 16 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2009; Aktenzeichen I R 28/08)

BFH (Urteil vom 28.10.2009; Aktenzeichen I R 28/08)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist noch in Streit,

inwieweit der Änderung der Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 sowie der Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993 der zwischenzeitliche Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen steht,

ein Verwertungsverbot für die bei einer Außenprüfung gewonnenen Erkenntnisse anzunehmen ist,

die Höhe des vom Beklagten ermittelten Aufgabegewinns, wobei hiergegen in erster Linie europarechtliche Einwände erhoben werden sowie

bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung das Vorliegen anschaffungsnaher Aufwendungen.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Handelsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 des Einkommensteuergesetzes -EStG- sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG.

Am 23. November 1993 hatte der Beklagte erstmals für das Kalenderjahr 1992 einen Einkommensteuerbescheid erlassen. Dieser wurde am 18. Oktober 1996 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung -AO- und am 26. Februar 1997 nach § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG geändert. Für das Kalenderjahr 1993 hatte der Beklagte erstmals einen Einkommensteuerbescheid am 25. April 1995 erlassen. Dieser wurde am 18. Oktober 1996 und am 26. Februar 1997 jeweils nach § 164 Abs. 2 AO geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Der erstmalige Bescheid für das Jahr 1992 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag datierte auf den 23. November 1993; dieser wurde am 18. Oktober 1996 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert. Der erstmalige Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag des Jahres 1993 datierte auf den 25. April 1995; dieser Bescheid wurde am 18. Oktober 1996 nach § 164 Abs. 2 AO geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der Kläger hatte die Steuererklärungen für das Kalenderjahr 1992 im Jahr 1993 und die Steuererklärungen für das Kalenderjahr 1993 im Jahr 1995 eingereicht.

Die Bekanntgabe der geänderten Einkommensteuerbescheide sowie der Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag erfolgte mit der Versendung an den damaligen Steuerberater des Klägers, Herrn M. Dieser hatte in den Jahren 1994 bis 1996 namens des Klägers verschiedene Anträge gestellt (Anträge auf Anpassung und Herabsetzung der Vorauszahlungen, auf Stundung und Teilzahlung und auf Aussetzung der Vollziehung) sowie gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 Einspruch eingelegt und für den Kläger an Erörterungen mit dem zuständigen Sachbearbeiter beim Beklagten teilgenommen. Nachdem Herr Steuerberater M dem Beklagten mit Schreiben vom 31. Januar 1994 mitgeteilt hatte, dass der Kläger nach Luxemburg verzogen sei, forderte der Beklagte Herrn Steuerberater M mit Schreiben vom 9. Februar 1995 auf, für den Kläger einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu benennen. Daraufhin ließ Herr Steuerberater M dem Beklagten am 10. April 1995 über einen Mitarbeiter seiner Steuerkanzlei mitteilen, dass der den Kläger betreffende Schriftverkehr weiterhin an ihn, Herrn Steuerberater M, gesandt werden solle (vgl. Aktenvermerk vom 10. April 1995 auf der Aktenausfertigung des Erinnerungsschreibens des Beklagten an Herrn Steuerberater M vom 23. März 1995, ESt-Akten 1994).

In der Zeit vom 29. Oktober 1997 bis 7. Dezember 2000 (mit Unterbrechungen) fand eine Außenprüfung beim Kläger statt. Eine Ausfertigung der Prüfungsanordnung vom 12. September 1997 wurde Herrn Steuerberater M übersandt.

Am 20. Januar 1998 ging beim Beklagten eine den Kläger betreffende Kontrollmitteilung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung B vom 12. Januar 1998 ein, worauf im März 1999 ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger eingeleitet wurde und am 18. März 1998 eine Durchsuchung am früheren Wohnort des Klägers erfolgte. Nachdem der Verdacht der Steuerhinterziehung sich nicht weiter erhärtet hatte, wurde das Steuerstrafverfahren, nachdem ein abschließendes Gespräch mit dem Kläger am 3. Dezember 1998 geführt worden war, eingestellt und die Außenprüfung beim Kläger fortgesetzt.

Der Prüfer nahm aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen u.a. folgende Änderungen der Besteuerungsgrundlagen vor:

anschaffungsnahe Aufwendungen:

Der Prüfer rechnete Mietereinbauten im Gebäude F-Weg 1 in R, das zu Beginn des Jahres 1992 noch betrieblich genutzt und ab 15. Februar 1992 fremd vermietet war, den Einkünften aus Vermietung und Ve...

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