Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Berücksichtigung von Pflegeversicherungsbeiträgen im Zusammenhang mit luxemburgischen Renteneinkünften

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch den inländischen Leibrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Auslandsrenten werden vom Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a) EStG umfasst.

2. Innerhalb des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1c) EStG ist eine differenzierte Betrachtung der Vorsorgeaufwendungen nach der jeweiligen Versicherungssparte (Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) vorzunehmen.

 

Normenkette

EStG 2018 § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b), Nr. 3a), Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 4; EStG § 19 Abs. 1 Nr. 2, § 22 Nr. 1 S. 3a) aa), § 52 Abs. 18 S. 3; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 11, § 228 Abs. 1 S. 2; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 11, § 57 Abs. 1 S. 1; DBA LUX 2012 Art. 17 Abs. 2; AEUV Art. 45

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2021; Aktenzeichen X R 11/20)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Beiträgen zur gesetzlichen Pflegeversicherung als Sonderausgaben.

Die im Inland wohnenden Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie bezogen jeweils eine im Inland steuerpflichtige Leibrente. Der Kläger bezog zusätzlich von der luxemburgischen Caisse nationale d’assurance pension eine Rente i.H.v. 37.568,88 € (brutto), von der ein Steuerabzug i.H.v. 1.642,00 € einbehalten wurde.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machte der Kläger Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung i.H.v. 3.318,00 € und Beiträge zur Pflegeversicherung i.H.v. 829,00 € als Sonderausgaben geltend; die Klägerin machte Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 483,00 € und Beiträge zur Pflegeversicherung i.H.v. 120,00 € geltend (Bl. 5 ESt-Akte). Laut Bescheinigungen der AOK vom 25. März 2015 und 18. Januar 2016 entfielen Krankenversicherungsbeiträge i.H.v. 3.033,00 € sowie Pflegeversicherungsbeiträge i.H.v. 759,00 € auf die luxemburgische Rente des Klägers.

Im Einkommensteuerbescheid 2014 vom 24. Juni 2015 berücksichtigte der Beklagte die Ertragsanteile der inländischen Renten als sonstige Einnahmen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a) Einkommensteuergesetz (EStG). Die luxemburgischen Renteneinkünfte nahm er als nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg (DBA LUX 2012) steuerfreie Einkünfte von der Bemessungsgrundlage der festzusetzenden Einkommensteuer aus und berücksichtigte diese i.H.v. 23.027 EUR (Berechnung vgl. Bl. 83 d.A.) im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach§ 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG . Die Beiträge zur Krankenversicherung erkannte er nur i.H.v. 783,00 € und die Beiträge zur Pflegeversicherung nur i.H.v. 196,00 € als Sonderausgaben an. Im Erläuterungsteil des Bescheides führte der Beklagte aus, dass die Krankenversicherungsbeiträge, soweit sie im Zusammenhang mit den steuerfreien luxemburgischen Einkünften stünden, nicht abzugsfähig seien.

Zur Begründung ihres Einspruchs trugen die Kläger im Wesentlichen vor, die nicht berücksichtigten Krankenkassenbeiträge seien Pflichtbeiträge, die durch die deutsche Gesetzgebung für eine luxemburgische gesetzliche Rente an eine deutsche Krankenkasse geleistet worden seien. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang liege nicht vor.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 2015 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der Versicherungsbeiträge mit den im Inland steuerfreien Renteneinnahmen aus Luxemburg bestehe. Die Höhe der Beiträge richte sich nach der Höhe der Rentenbezüge. Dieser Zusammenhang rechtfertige die Annahme des § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG, dass die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge den Renteneinnahmen als Finanzierungsquelle zuzuordnen seien und die Beiträge nicht die sonstigen Einnahmen der Kläger, welche die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer seien, minderten. Dem Umstand, dass die streitbefangenen Beiträge in Deutschland zu entrichten seien, komme keine entscheidende Bedeutung zu.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang sei nicht gegeben, da hier ein weiterer Zwischenschritt vorliege, um eine krankenversicherungsrechtliche Absicherung in Deutschland zu erhalten. Es handele sich um einen zur sozialen Absicherung gezahlten Pflichtbeitrag, geleistet an die AOK, der insoweit allenfalls mittelbar ein ähnliches Ergebnis erziele. Die Beiträge seien bei der luxemburgischen Steuer nicht berücksichtigt worden.

Zu der auf Aufforderung des Gerichts vorgelegten Bescheinigung der luxemburgischen Steuerbehörde vom 21. November 2019, wonach die Kläger für das Jahr 2014 nicht zur Einkommensteuer veranlagt worden seien (Bl. 81 Prozessakte), tragen sie vor, eine Steuererklärung sei nicht abgegeben worden, da sie davon ausgegangen seien, dass die in Deutschland gezahlten Sozialbeiträge - wie in den Jahren zuvor - vom Beklagten anerkannt würden.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläg...

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