Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung bei Versäumung der Frist für Antragsveranlagung

 

Leitsatz (amtlich)

Genügt eine im Rahmen einer Antragsveranlagung eingereichte Einkommensteuererklärung nicht den Mindestangaben, so ist eine nach Fristablauf vorgenommene Vervollständigung auch dann nicht fristwahrend, wenn das Finanzamt eine Nachfrist zur Vervollständigung eingeräumt hat.

 

Normenkette

EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2; AO § 110

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.03.2008; Aktenzeichen VI R 49/04)

BFH (Beschluss vom 22.05.2006; Aktenzeichen VI R 49/04)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob der Beklagte zu Recht die Veranlagung zur Einkommensteuer und zur Festsetzung einer Arbeitnehmer-Sparzulage abgelehnt hat.

Am 29. Dezember 2000 reichte die Klägerin ihre Einkommensteuer-Erklärung für 1998 ein. Die Steuererklärung (Bl. 1 – 4 ESt-A) besteht aus einem unterzeichneten Mantelbogen und der Anlage „N“. Der Mantelbogen enthält die persönlichen Angaben (Name, Vorname, Geburtsdatum, Religionszugehörigkeit, Adresse und Bankverbindung) sowie bei den Sonderausgaben (Zeile 62) und bei den Kirchensteuern (Zeile 76) jeweils den Eintrag „wird noch beziffert“; außerdem ist das Kästchen „Antrag auf Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage“ angekreuzt. Beim Bruttoarbeitslohn (Zeile 2) und bei den Werbungskosten (Zeile 48) in der Anlage "N"; ist ebenfalls eingetragen „wird noch beziffert“; bei den Versorgungsbezügen (Zeile 7) heißt es: „Halbwaisenrente OFD und LVA wurde in 1998 keine gezahlt“. Im beigefügten Begleitschreiben entschuldigte die Klägerin die Nichtvorlage von Unterlagen damit, dass diese der OFD zum Nachweis ihrer Einkünfte vorgelegt worden seien.

Als die Klägerin trotz einer gesetzten Frist bis zum 31. Januar 2001 (Bl. 5 ESt-A) ihre Steuererklärung nicht vervollständigte, lehnte der Beklagte den Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung mit Bescheid vom 12. Februar 2001 ab (Bl. 6 ESt-A). Gegen die Ablehnung der beantragten Veranlagung legte die Klägerin fristgerecht Einspruch (Bl. 7 ESt-A) mit der Begründung ein, ihre Unterlagen von der OFD noch nicht zurück erhalten zu haben. Daraufhin gewährte der Beklagte erneut eine Frist zur Vervollständigung der Steuererklärung und zwar bis zum 30. März 2001 (Bl. 8 ESt-A). Diese Frist verlängerte er letztmalig bis zum 17. April 2001 (Bl. 10 ESt-A). Nach Aktenlage wurden innerhalb der Nachfrist keine Unterlagen eingereicht. Durch Einspruchsentscheidung vom 24. April 2001 (Bl. 11 ESt-A) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit ihrer am 25. Mai 2001 erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Durchführung der beantragten Veranlagung. Zur Begründung trägt sie vor:

Bereits mit Schreiben vom 12. April 2001 habe sie dem Beklagten ergänzende Unterlagen vorgelegt.

Im übrigen würde sich der Anspruch auf Durchführung der beantragten Veranlagung auch aus dem Umstand ergeben, dass sie Halbwaisenrente beziehe. Über die für 1998 zu zahlende Halbwaisenrente sei noch nicht rechtskräftig entschieden worden.

Die Klägerin beantragt,

den ablehnenden Bescheids vom 12. Februar 2001 und die

Einspruchsentscheidung vom 24. April 2001 aufzuheben und den

Beklagten zu verpflichten, die Veranlagung zur Einkommensteuer 1998 und zur Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage 1998 durchzuführen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung die Ansicht, dass die Frist des § 46 Absatz 2 Nr. 8 EStG von 2 Jahren nach Ablauf des Veranlagungszeitraums nicht gewahrt worden sei. Der Antrag der Klägerin habe das Veranlagungsverfahren wegen fehlender Angaben zum Bruttoarbeitslohn und zur einbehaltenen Lohnsteuer nicht in Gang setzen können. Auch sei kein Fall einer Pflichtveranlagung gegeben, da der Klägerin in 1998 keine Halbwaisenrente zugeflossen sei.

Soweit die Klägerin behaupte, am 12. April 2001 die geforderten Unterlagen eingereicht zu haben, komme eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht. Es sei unklar geblieben, ob die Klägerin die besagten Unterlagen per Post abgesandt oder persönlich an Amtsstelle abgegeben habe. Unklar sei ferner, wann das Verfahren, für das die für die Steuererklärung erforderlichen Unterlagen benötigt worden seien, seinen Abschluss gefunden habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

I. Antrag auf Durchführung der Einkommensteuerveranlagung

1. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine Antragsveranlagung nicht vor. Nach § 46 Absatz 2 Nr. 8 Satz 2 EStG ist der Antrag bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen. Folglich hätte die Klägerin bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 ihre Einkommensteuererklärung für 1998 einreichen müssen. Das hat die Klägerin aber nicht getan.

a) Zwar hat die Klägerin noch am 29. Dezember 2000 einen unterschriebenen Mantelbogen mit ihren persönlichen Angaben und die Anlage "N" eingereicht. Damit hat sie aber keine Einkommensteuererklärung im Sinne des § 4...

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