Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verfassungswidrigkeit der Erhebung des Solidaritätszuschlages für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG findet auch für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 eine ausreichende verfassungsrechtliche Grundlage.

 

Normenkette

GG Art. 106 Abs. 1 S. 6; SolZG; SolZG 1 Abs. 1; SolZG § 1 Abs. 4, § 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.01.2023; Aktenzeichen IX R 15/20)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt den Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag ab 01.01.2020 auf 0 € wegen dessen Verfassungswidrigkeit zu Recht abgelehnt hat.

Die Kläger sind verheiratet und werden beim beklagten Finanzamt zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater tätig.

Mit Bescheid vom 18.02.2019 setzte das Finanzamt unter anderem die Vorauszahlungen für den Solidaritätszuschlag ab 2020 und weitere Jahre in Höhe von vierteljährlich 453 € (zu entrichten jeweils am 10.03.; 10.06.; 10.09.; 10.12. des Jahres) fest. Die Festsetzung ging auf den Antrag und die Schilderung der Verhältnisse der Kläger vom 01.02.2019 zurück.

Mit Schreiben vom 09.05.2019 beantragten die Kläger die Herabsetzung der Vorauszahlungen des Solidaritätszuschlags ab VZ 2020 auf 0 € mit dem Hinweis darauf, dass die "Aufbauhilfen" für die neuen Bundesländer in 2019 auslaufen würden. Da nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz (GG) Ergänzungsabgaben nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden dürften, verbiete dieser Ausnahmecharakter eine immerwährende Erhebung. Auch die Haushaltssituation gebiete keine weitergehende Erhebung. Da der Solidaritätszuschlag nur dem Bundeshaushalt zufließe, sei das vom Grundgesetz vorgesehene Finanzierungssystem empfindlich gestört.

Diesen Antrag lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 28.05.2019 ab. Es führte aus, dass auf die Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags, der nach § 1 Abs. 1 Solidaritätszuschlaggesetz (SolZG 1995) in der Fassung vom 19.07.2016 auch über den 01.01.2020 hinaus zusätzlich zur Einkommensteuer zu erheben sei, die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprechend anwendbar (§ 1 Abs. 2 SolZG 1995) seien. Nach § 37 Abs. 1 EStG, § 1 Abs. 4 HS 1 SolZG 1995 seien die Vorauszahlungen für den Solidaritätszuschlag gleichzeitig mit den Einkommensteuervorauszahlungen zu entrichten. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung der Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag lägen vor. Die Festsetzung sei zutreffend dem Grunde und der Höhe nach vorgenommen worden.

Gegen die Ablehnung des Antrags legten die Kläger unter Wiederholung der bisherigen Begründung erfolglos Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26.07.2019 begründete das Finanzamt seine Zurückweisung damit, dass es an die Steuergesetze gebunden und zu deren Vollzug angehalten sei. Das Finanzamt könne grundsätzlich davon ausgehen, dass die zur Anwendung stehenden Steuergesetze verfassungsrechtlichen Grundsätzen entsprächen.

Die Festsetzung der Vorauszahlungen entspreche sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach der gültigen gesetzlichen Regelung.

Hiergegen haben die Kläger, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, am 21.08.2019 Klage erhoben und beantragen

unter Aufhebung des Bescheids vom 28.05.2019 über die Ablehnung des Antrags auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 26.07.2019 den geänderten Vorauszahlungsbescheid über die Festsetzung der Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag vom 08.11.2019 dahin zu ändern, dass die Vorauszahlungen für den Solidaritätszuschlag ab dem 01.01.2020 mit 0 festgesetzt werden.

Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beantragt.

Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass die Beteiligten ausschließlich um die Rechtsfrage der Verfassungswidrigkeit der Erhebung des Solidaritätszuschlages ab dem 01.01.2020 stritten. Ohne die Klage wären die Kläger aufgrund der gegenwärtigen formellen Rechtslage gezwungen, ab 2020 Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag als Annex zu ihrem Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid zu leisten.

Am 14.11.2019 habe der Deutsche Bundestag dem Gesetzentwurf zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 zugestimmt. Damit werde der Solidaritätszuschlag 1995 in der gegenwärtigen Form auch für das Jahr 2020 ungeschmälert erhoben werden, obwohl der Solidarpakt II im Jahre 2019 auslaufe. Eine Rückführung sei erst ab dem Jahre 2021 vorgesehen; Hinweise auf eine Abschaffung zu irgendeinem zukünftigen Zeitpunkt oder in Zusammenhang mit einem Ereignis bzw. eine Überprüfungsklausel enthalte der Gesetzestext nicht. Damit gelte das Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 unbefristet weiter; der Solidaritätszuschlag werde dem Grunde nach unbefristet weiter erhoben.

Die Kläger wären auch bei einer Absenkung des Solidaritätszuschlags...

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