Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug gezahlter Kirchensteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zum Abzug seiner Kirchensteuer als Sonderausgabe ist nur der sich aus den öffentlich-rechtlichen Regelungen ergebende Steuerschuldner berechtigt, soweit er die Kirchensteuer tatsächlich getragen hat.

2. Der Steuerpflichtige muss die Kirchensteuer selbst schulden, wenn sie als Sonderausgabe abzugsfähig sein soll.

3. Dies ist nicht der Fall, wenn Zahlungsgrundlage für die Kirchensteuer ein Haftungsbescheid gewesen ist, der gegenüber der Arbeitgeber-GmbH ergangen ist, deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Steuerpflichtige ist.

 

Normenkette

EStG § 41a Abs. 1, § 42d; AO § 44; BGB §§ 422, 426 Abs. 1 S. 1 Hs. 2; EStG § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.08.2023; Aktenzeichen X R 16/21)

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob Kirchensteuerbeträge im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind, die ein Arbeitgeber im Rahmen eines Haftungsbescheides nach § 42 d EStG geleistet und die der Kläger seinem Arbeitgeber aufgrund eines gegen ihn gerichteten Rückgriffsanspruches erstattet hat.

Die Kläger werden im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erzielt als Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma S-GmbH (S-GmbH) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Streitjahr 2017 wurde bei der S-GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung durchgeführt. Sie stellte fest, dass dem Kläger im Jahr 2014 eine vermögenswerte Sachzuwendung in Höhe von – unstreitig – X € zugeflossen war.

Die daraus resultierende Nacherhebung von Lohn- und Kirchensteuer sowie des Solidaritätszuschlages erfolgte im Rahmen der Arbeitgeberhaftung durch einen an die S-GmbH gerichteten Haftungsbescheid nach § 42 d EStG. Die S-GmbH zahlte die nacherhobenen Beträge und nahm den Kläger u.a. für Kirchensteuer im Umfang von X € in Regress, der den Kirchensteuerbetrag im Jahr 2017 an die S-GmbH erstattete.

In der Einkommensteuer-Erklärung 2017 machten die Kläger die an die S-GmbH gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG geltend. Im Einkommensteuer-Bescheid 2017 vom 20.12.2018 berücksichtigte der Beklagte den Betrag nicht als Sonderausgaben. Der dagegen mit Schreiben vom 22.12.2018 erhobene Einspruch blieb erfolglos. Zur Begründung der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 führte der Beklagte aus, der Abzug von Kirchensteuer als Sonderausgaben setze voraus, dass der Zahlende als Steuerpflichtiger für die Kirchensteuer in Anspruch genommen worden sei. Der Kläger sei jedoch für eine Haftungsschuld der S-GmbH in Anspruch genommen worden. Er habe die Leistung nicht als Schuldner der Kirchensteuerschuld erbracht, sondern er sei für die Haftungsschuld der S-GmbH in Regress genommen worden.

Bei der Zahlung durch die GmbH handele es sich um die Entrichtungsschuld des Vertretenen, d.h. um eine fremde Steuerschuld, für deren Entrichtung aus den verwalteten Mitteln der Geschäftsführer zu sorgen hätte.

Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass die S-GmbH als Arbeitgeberin gegenüber dem Arbeitnehmer einen zivilrechtlichen Regressanspruch habe, der ggf. vor dem Arbeitsgericht einklagbar sei. Der Arbeitnehmer zahle hier nicht als Steuerschuldner der Kirchensteuern, sondern er erfülle einen zivilrechtlichen Anspruch.

Mit Schreiben vom 12.12.2019 erhoben die Kläger gegen die Einspruchsentscheidung Klage. Zur Begründung führen sie aus, nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG seien bestimmte, im Einzelnen aufgeführte Aufwendungen als Sonderausgaben abziehbar. Hierzu gehörten nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch die „gezahlte Kirchensteuer”.

Aus der Verwendung des Begriffs „Aufwendungen” und aus dem Zweck des § 10 EStG, bestimmte, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen, folge nach ständiger Rechtsprechung des BFH, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürften, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sei. Dementsprechend sei erforderlich, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im Rechtssinne selbst getragen habe. Dies sei im vorliegenden Fall aufgrund eines Rückgriffsanspruchs der S-GmbH gegen die Kläger der Fall.

Nach der Rechtsprechung des BFH könnten die von einem Dritten im Außenverhältnis geleisteten Aufwendungen als eigene Aufwendungen abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige im Innenverhältnis die Aufwendungen zu tragen habe.

Eigener Aufwand in diesem Sinne liege entgegen der Auffassung des Beklagten etwa auch vor, wenn der den Aufwand im Außenverhältnis tragende Dritte gegen den Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Ersatz der Aufwendungen habe, da in diesem Fall die vom Dritten im Außenverhältnis begründete Verbindlichkeit für Rechnung des Steuerpflichtigen eingegangen worden sei.

Ein solcher Rechtsanspruch auf Ersatz der Aufwendungen leite sich im vorliegenden Fall aus der Tatsache her, dass Steuerschuldner und Haftender G...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge