Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Bewertung/Erfassung der privaten Nutzung eines Firmen-Pkw

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Da es sich bei der privaten Nutzung des Fahrzeugs um ein Tatbestandsmerkmal des § 6 EStG handelt, kommt die 1%-Regelung nur zur Anwendung, wenn eine private Nutzung auch tatsächlich stattgefunden hat. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein betriebliches Kraftfahrzeug auch privat genutzt wird, insoweit besteht ein Anscheinsbeweis.

2. Der Stpfl. muss nicht beweisen, dass eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Allerdings ist für eine Erschütterung des Anscheinsbeweises erforderlich – aber auch ausreichend –, dass von dem Stpfl. ein Sachverhalt dargelegt und im Zweifel nachgewiesen wird, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das dem Betriebs- und Unternehmensvermögen der Klägerin zugeordnete Fahrzeug BMW X3 in den Veranlagungszeiträumen 2012 bis 2014 ausschließlich betrieblich oder auch privat genutzt wurde.

Am Vermögen der Klägerin sind als Kommanditisten Herr JJ sowie seine Söhne Herr EJ und Herr GJ beteiligt. Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung ist die M Beteiligungs GmbH (AG Q, HRB 0000). Darüber hinaus sind JJ, EJ und GJ als Kommanditisten am Vermögen der Y GmbH & Co. KG (Y KG) beteiligt. Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung ist die Y GmbH (AG Q, HRA 0000). Geschäftsführer der jeweiligen Komplementärin sind JJ, EJ und GJ.

JJ ist mit der Lehrerin SJ verheiratet und wohnt in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes der Klägerin. Im Zeitraum Januar 2012 bis Juli 2013 stand ihm für private Fahrten ein Mercedes Benz S 420 und im Zeitraum August 2013 bis Dezember 2014 ein BMW 750 Ld zur Verfügung. SJ fuhr im Zeitraum Januar 2012 bis August 2013 einen BMW Z4. Seit September 2013 führte SJ gesundheitsbedingt keine Fahrzeuge mehr.

EJ ist mit der Hausfrau TJ verheiratet. Sie haben zwei – im Streitzeitraum – minderjährige Kinder (geb. 2010 und 2012). Die Familie wohnt in einer Entfernung von 7 km zum Betriebsgelände der Klägerin. EJ stand im gesamten Streitzeitraum ein BMW 530d Touring für Privatfahrten zur Verfügung. Für seine Ehefrau war im Zeitraum Januar 2012 bis Juni 2014 ein Opel Corsa und im Zeitraum Juli 2014 bis Dezember 2014 ein Citroen C3 verfügbar.

GJ ist ledig und wohnt in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes der Klägerin unter derselben Adresse wie seine Eltern JJ und SJ. Im Zeitraum Januar 2012 bis August 2013 stand ihm zur Privatnutzung ein BMW 320d Touring zur Verfügung. Im Zeitraum September 2013 bis Dezember 2014 konnte GJ für private Fahrten auf einen BMW Z4 zurückgreifen. Der bis zu diesem Zeitpunkt von GJ genutzte BMW 320d Touring stand ab September 2013 sämtlichen Familienmitgliedern zur privaten Nutzung zur Verfügung.

In den Streitjahren wurde für den BMW X3 kein Fahrtenbuch geführt und kein privater Nutzungsanteil erklärt. Der Pkw wurde für die Betriebe der Klägerin und der Y KG von verschiedenen Arbeitnehmern genutzt (Technikereinsätze, Ersatzfahrzeug für Außendienstler, Botengänge). Für den Betrieb der Klägerin wurde er mittels Anhänger auch zur Auslieferung kleinerer Bauteile verwendet.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E stellte im Rahmen einer Prüfung fest, dass für den BMW X3 ein privater Nutzungsanteil nach der 1 %-Regelung anzusetzen sei. Für eine private Nutzung des Pkw spreche der Beweis des ersten Anscheins. Bei der Ermittlung des für die private Nutzung anzusetzenden Betrags ging die Prüferin von einem abgerundeten Bruttolistenpreis i.H.v. 46.500 € aus. Für ertragsteuerliche Zwecke sei daher eine jährliche Gewinnerhöhung i.H.v. 5.580 € (46.500 * 1 % * 12 Monate) zu berücksichtigen. Für umsatzsteuerliche Zwecke setzte die Prüferin für eine unentgeltliche Wertabgabe eine Bemessungsgrundlage i.H.v. 80 % der ertragsteuerlichen Gewinnerhöhung (4.464 € = 5.580 € * 80 %) an. Dies erhöhe die jährlich zu zahlende Umsatzsteuer um 848,16 € (4.464 € * 19 %).

Mit Erlass der streitgegenständlichen Bescheide setzte der Beklagte die Feststellungen der Betriebsprüfung um. Zur Erläuterung verwies er auf den Betriebsprüfungsbericht.

Hiergegen hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie unter anderem vor, dass den Gesellschaftern und deren erwachsenen Angehörigen für private Fahrten ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten, die dem betrieblichen BMW X3 in Status und Gebrauchswert zumindest vergleichbar seien. Im Übrigen hätten die jeweiligen Ehefrauen die den Gesellschaftern für private Fahrten zur Verfügung stehenden Fahrzeuge nicht genutzt.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide für 2012 bis 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 29.06.2016, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.01.2017, und die Bescheide für 2012 bis 2014 über den Gewerbesteuermessbetr...

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