Entscheidungsstichwort (Thema)

Frist zur Änderung vorläufiger Steuerfestsetzungen bei Liebhaberei

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Ungewissheit, ob ein Steuerpflichtiger mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist oder ob Liebhaberei vorliegt, ist beseitigt, wenn die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgebenden Hilfstatsachen festgestellt werden können und das FA hiervon positive Kenntnis hat.

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 8 S. 1, § 165

 

Tatbestand

I. Es ist streitig, ob im Zeitpunkt der Änderung der Bescheide für 1998 bis 2004 über Einkommensteuer (Einkommensteuerbescheide) bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind seit 1999 Eigentümer einer Ferienwohnung, die sie zeitweise vermieten und zeitweise selbst nutzen. In den Streitjahren erklärten sie ausschließlich negative Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnung.

Der Beklagte erließ für 1998 und 1999 vorläufige Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Einkünfteerzielungsabsicht könne nicht abschließend beurteilt werden (Liebhaberei).

Im Rahmen der Veranlagung für 2000 wandte sich der Beklagte an die Kläger und teilte mit, dass er die Verluste aus der Vermietung der Ferienwohnung steuerlich nicht anerkennen würde. Es liege eine steuerlich nicht zu beachtende Liebhaberei vor. Daraufhin reichten die Kläger eine Prognose der Einkünfte für den Zeitraum 1999 bis 2029 ein, die einen Totalgewinn i.H.v. rd. 35.000 € auswies. Jedenfalls im Zeitraum 2006 bis 2029 sollten positive Einkünfte erwirtschaftet werden. Ab dem Jahr 2006 sollten keine Schuldzinsen mehr anfallen. Die bis dahin bestehenden Darlehen sollten durch eine in 2005 fällige Lebensversicherung getilgt werden. Nachfolgend erließ der Beklagte auch für 2000 einen vorläufigen Einkommensteuerbescheid hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, da die Einkünfteerzielungsabsicht noch nicht abschließend beurteilt werden könne.

Auch für die Jahre 2001 bis 2003 erließ der Beklagte vorläufige Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Liebhaberei).

Vor der Veranlagung für 2004 bat der Beklagte um die Übersendung von Unterlagen hinsichtlich der Vermietung der Ferienwohnung. Unter anderem sollte eine Überschussprognose eingereicht werden. Daraufhin erklärten die Kläger, dass die Überschussprognose bis zum 01.07.2005 „wie gehabt” sei. Nach Auszahlung einer in 2005 fälligen Lebensversicherung würde eine Sondertilgung erfolgen und hiernach lediglich ein Darlehensbetrag i.H.v. 40.000 € bestehen bleiben, der in 2009 endgültig getilgt würde. Um diesen Betrag zu tilgen sei ein Bausparvertrag abgeschlossen worden, der ab der Tilgung des Darlehens zu erheblich niedrigeren Zinsraten führe (Zinssatz 2,5 %). Zu diesem Zeitpunkt könne die Vermietung der Ferienwohnung in die Gewinnzone kommen. Der Einkommensteuerbescheid für 2004 erging vorläufig (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung; Liebhaberei).

In der Einkommensteuererklärung für 2009 berücksichtigten die Kläger Zinsen i.H.v. rd. 3.600 € als Werbungskosten. Im Übrigen wiesen die Kläger bei den Werbungskosten einen Posten „Umschuldung” (rd. 500 €) aus. Bei der Veranlagung für 2009 vermerkte ein Bearbeiter des Beklagten auf der Einkünfteermittlung der Kläger „Liebhaberei wird weiter geprüft”.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2010 berücksichtigten die Kläger Zinsen i.H.v. rd. 560 € als Werbungskosten „Zinsen Bausparkasse”). Im Ergebnis wiesen sie einen Einnahmenüberschuss aus. Ein Bearbeiter des Beklagten vermerkte auf der Einnahmenüberschussrechnung „erstmalig Gewinn! 2010: vorerst weiter beobachten”. Die Prüfberechnung mit einem Risiko-Hinweis zur Liebhaberei enthält den Vermerk „2011 oder 2012 entscheiden”. Die abschließende Zeichnung dieser Veranlagung erfolgte am 30.08.2011.

In der Einkommensteuererklärung für 2011 gaben die Kläger Zinsen i.H.v. rd. 450 € als Werbungskosten und einen Einnahmenüberschuss i.H.v. rd. 1.500 € an. Die Prüfberechnung enthält einen Risiko-Hinweis zur Liebhaberei „bitte prüfen”). Ein Bearbeiter des Beklagten vermerkte hierzu „Entscheidung 2012”.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2012 berücksichtigten die Kläger Zinsen i.H.v. rd. 340 € als Werbungskosten. Im Ergebnis wiesen sie einen Einnahmenüberschuss aus. Die Prüfberechnung enthält einen Risiko-Hinweis zur Liebhaberei „Jetzt entscheiden!!!”). Eine Bearbeiterin des Beklagten erstellte eine Überschussprognoseberechnung und gelangte zu der Feststellung, dass ausgehend von den bisher erzielten Verlusten (44.339 €) erkennbar sei, dass aus der Vermietung der Ferienwohnung auf Dauer keine Überschüsse erzielt werden könnten. Die prognostizierten Überschüsse könnten die bisher entstandenen Verluste innerhalb des Prognosezeitraums nicht decken. Nach Anhörung der Kläger änderte der Beklagte die Einkommensteuerbescheide für 1998 bis 2004 ...

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