Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiederanlage verschonten Vermögens in Kapitalgesellschaftsanteile; keine Reinvestitionsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Voraussetzungen der Verschonungsregelungen in §§ 13a, 13b ErbStG sind auch dann erfüllt, wenn bei einer Wiederanlage begünstigten Vermögens erst durch die Teilnahme an einer – disquotalen – Kapitalerhöhung die eigene Beteiligung unter die 25% Grenze fällt.

2) § 13a Abs. 5 Satz 4 ErbStG enthält keine Ausschlussfrist für die eine Nachversteuerung ausschließende Reinvestition (gegen R E 13a. 11 Satz 4).

 

Normenkette

ErbStG § 13 Abs. 5, § 13b Abs. 1, 2 S. 2 Nr. 2, § 13a Abs. 5 Nr. 4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Schenkungsteuer wegen des nachträglichen Wegfalls des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrags infolge der Veräußerung des begünstigten Vermögens anderweitig festgesetzt werden konnte (§ 13a Abs. 5 ErbStG).

Der Kläger erhielt einen Anteil an der im Bereich der Solarenergie tätigen A GmbH von seinem Bruder im Wege der Schenkung (notarieller Vertrag vom 11.08.2010). Der Anteilswert wurde zum Übertragungsstichtag auf 660.469 Euro festgestellt.

Um LED-Produkte der Marke B vermarkten zu können, erwarben der Kläger und sein Bruder bereits im Juni 2012 die C AG im Wege eines Mantelkaufs (vgl. Schreiben des Klägers an seinen Steuerberater vom 13.06.2012, Blatt 72 der Gerichtsakte). Das Grundkapital der Gesellschaft von 50.000 Euro hielten der Kläger und sein Bruder zu je 25.000 Euro. Die Gesellschaft firmierte in der Folge als D AG.

Zur Aufbringung des weiteren Kapitalbedarfs für den Geschäftsbetrieb der D AG (vgl. Blatt 73 der Gerichtsakte) veräußerten der Kläger und sein Bruder mit notariellem Vertrag vom 15.10.2012 ihre Anteile an der A GmbH zum Preis von insgesamt 425.839,68 Euro an die E, vertreten durch ihren Gesellschafter-Geschäftsführer F. Zu den Einzelheiten wird auf den Vertrag (Blatt 43 ff der Gerichtsakte) Bezug genommen. Nach Abzug des Stammkapitals entfiel auf den Kläger ein Erlös in Höhe von 200.419,84 Euro. Da die so aufgebrachten Mittel noch nicht ausreichend waren, mussten weitere Investoren gewonnen werden. Außerdem war bereits im Dezember 2012 eine weitere Kapitalerhöhung vorgesehen, die dann auf März 2013 verschoben wurde, um zunächst den Sitzwechsel der D von G nach H handelsregistermäßig abarbeiten zu lassen. Auf den vom Kläger dazu vorgelegten Schrift- und Emailverkehr mit dem Notar, dem Steuerberater und einem weiteren Investor (Blatt 72 bis 81 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

Die D AG erhöhte dann aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung vom 27.03.2013 ihr Grundkapital um 112.000 Euro von 50.000 Euro auf 162.000 Euro, wobei auf den Kläger 50.000 Euro entfielen, so dass seine Beteiligung danach 75.000 Euro (= rd. 46 %) betrug. Am 15.04.2013 erging die schriftliche Einladung zu einer weiteren Hauptversammlung am 05.06.2013. Durch Beschluss vom 05.06.2013 wurde das Grundkapital auf 1.100.000 Euro erhöht. An dieser Erhöhung war der Kläger mit 144.000 Euro und danach mit einer Quote von 19,91 % am Stammkapital beteiligt. Der Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Für die Übertragung des Anteils an der A GmbH laut notariellem Vertrag vom 11.08.2010 hatte der Beklagte die Schenkungsteuer zuletzt durch Bescheid vom 18.07.2013 aufgrund des festgestellten Anteilswertes in Höhe von 660.469 Euro unter Berücksichtigung des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrages gemäß § 13a ErbStG auf 0 Euro festgesetzt. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid in der Schenkungsteuerakte Bezug genommen.

Nachdem der Beklagte aufgrund der Mitteilung eines Prüfungsfinanzamtes von der Anteilsveräußerung am 15.10.2012 erfahren hatte, setzte er die Schenkungsteuer durch Änderungsbescheid vom 01.09.2014 auf 168.300 Euro fest und versagte dabei die Gewährung des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrags unter Hinweis auf § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG.

Dagegen wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 16.09.2014. Der Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass der Wegfall des Verschonungsabschlags gemäß § 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG nur anteilig erfolge. Im Übrigen sei der gesamte Veräußerungserlös reinvestiert worden, indem daraus die Kapitalerhöhungen in der D AG finanziert worden seien. Deshalb sei von einer Nachversteuerung gemäß § 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG abzusehen. Dass die sechsmonatige Frist i. S. d. § 13a Abs. 5 Satz 4 ErbStG geringfügig überschritten worden sei, sei unschädlich. Es handele sich nicht um eine Ausschlussfrist, sondern lediglich um eine Orientierung bzw. eine widerlegbare Vermutung für den Zusammenhang zwischen Verkauf und Reinvestition. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang auf die Kommentierungen bei Moench/Weinmann ErbStG § 13a Rz. 147, Kapp/Ebeling ErbStG § 13a Rz. 120, Troll/Gebel/Jülicher ErbStG § 13a Rz. 359 und Wilms/Jochum ErbStG § 13a Rz. 236.

Durch Einspruchsentscheidung vom 20.05.2015 setzte der Beklagte die Schenkungsteuer auf 61.650 Euro fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Dem Kläger s...

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