Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung nach § 129 AO, elektronische Mitteilung von Renteneinkünften

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine steuererhöhende Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO ist ausgeschlossen, wenn das FA im ursprünglichen Steuerbescheid erklärte Renteneinkünfte deshalb außer Acht gelassen hat, weil der Rentenversicherungsträger sie dem FA noch nicht elektronisch mitgeteilt hatte.

 

Normenkette

AO § 129 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2011 und 2012 wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129 der Abgabenordnung (AO) ändern durfte.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und sonstige Einkünfte aus zwei Rentenversicherungen. Es handelt sich zum einen um eine gesetzliche Rentenversicherung bei der Y. und zum anderen um eine private Rentenversicherung beim X. Lebensversicherung a.G. (X.). Seine Steuererklärungen für die Streitjahre gab der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mittels des Programms der Finanzverwaltung ELSTER in authentifizierter Form, d.h. ohne Papier-Formulare, ab.

Die Daten der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 wurden dem Beklagten am 13.09.2012 übermittelt. Der Kläger erklärte in der Anlage R unter dem Punkt „1. Rente” (Y.) einen Rentenbetrag einschließlich Einmalzahlung in Höhe von 7.250,00 € und unter dem Punkt „2. Rente” (X.) einen Rentenbetrag einschließlich Einmalzahlung in Höhe von 352,00 €. In der Anlage Vorsorgeaufwand erklärte der Kläger Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 7.105,00 €, Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 935,00 € und Zuschüsse zu den Beiträgen zu Kranken- und Pflegeversicherungen in Höhe von 507,00 €. Die Einkommensteuererklärung wurde im Anschluss an die Übermittlung der Daten nicht zusätzlich in Papierform beim Beklagten eingereicht; auch Nachweise oder sonstige Anlagen wurden dem Beklagten nicht gesondert übersandt.

Im Zeitpunkt der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung für 2011 lag dem Beklagten die elektronisch zu übermittelnde Rentenbezugsmitteilung der Y. noch nicht vor. Die elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung wurde im Rahmen der Bearbeitung weder ausgedruckt noch zur Einkommensteuerakte genommen.

Im Rahmen der Veranlagung wurde folgender programmgesteuerter Risiko-Hinweis mit der Nummer 50239 ausgegeben: „Die Summe der erklärten Beiträge zur Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherung auf der Anlage Vorsorgeaufwand (Kz. 52.326/426 ff, 52.350/450 ff, Kz 52.611 ff) und ggf. Anlage Kind (Kz 36/37.x58 ff) weicht nach Abzug von Erstattungen und Zuschüssen von den übermittelten Datensätzen RBM und KV/PV ab. Bitte prüfen.” Der Risiko-Hinweis ist in der Einkommensteuerakte des Beklagten enthalten und mit einem handschriftlichen Haken versehen. Weiter ist handschriftlich vermerkt: „i.O.”. Der Vermerk wurde am 14.09.2012 durch den Bearbeiter gezeichnet.

Am 25.09.2012 erging ein Einkommensteuerbescheid für 2011, in dem die Werte der elektronisch übermittelten Einkommensteuererklärung bzw. die vom X. elektronisch übermittelten Daten, nicht aber die Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Y. übernommen wurden. Als sonstige Einkünfte wurde im Bescheid lediglich ein Betrag in Höhe von 533,00 € aus der privaten Rentenversicherung beim X. ausgewiesen und mit einem Ertragsanteil in Höhe von 95,00 € steuerlich berücksichtigt. Der Einkommensteuerbescheid stand nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Daten der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 wurden dem Beklagten am 29.10.2013 vom Kläger elektronisch übermittelt. Er erklärte in der Anlage R unter dem Punkt „1. Rente” (Y.) einen Rentenbetrag einschließlich Einmalzahlung in Höhe von 7.402,00 € und unter dem Punkt „2. Rente” (X.) einen Rentenbetrag einschließlich Einmalzahlung in Höhe von 533,00 €. In der Anlage Vorsorgeaufwand erklärte der Kläger Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 5.709,00 €, Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 751,00 € und Zuschüsse zu den Beiträgen zu Kranken- und Pflegeversicherungen in Höhe von 540,00 €. Die Einkommensteuererklärung wurde im Anschluss an die elektronische Übermittlung nicht zusätzlich in Papierform beim Beklagten eingereicht. Der Kläger legte dem Beklagten jedoch einige Nachweise vor, u.a. eine Bescheinigung der Y. vom 12.07.2012, in der die vom Kläger im Jahr 2012 bezogene monatliche Rente sowie die bezogenen Zuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung ausgewiesen waren. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bescheinigung Bezug genommen.

Auch im Zeitpunkt der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung für 2012 lag dem Beklagten die elektronisch zu übermittelnde Rentenbezugsmitteilung der Y. noch nicht vor. Die elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung wurde im Rahmen der Bearbeitung weder ausgedruckt noch zur Einkommensteuerakte genommen.

Im Rahmen der Veranlagung wurde neben einem Prüfhinweis fol...

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