Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltskosten eines Zivilprozesses als agB

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Aufwendungen für die Führung eines Zivilprozesses stellen der Höhe nach nur insoweit außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG dar, als sie einen angemessenen Betrag nicht überschreiten.

2) Angemessen i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG sind allenfalls solche Anwaltskosten, die den Gebührenrahmen des RVG nicht überschreiten.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.06.2016; Aktenzeichen VI R 44/15)

BFH (Urteil vom 15.06.2016; Aktenzeichen VI R 44/15)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zivilprozesskosten eine außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen.

Im Rahmen der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Streitjahr 2012 machten die Kläger die Kosten eines Zivilprozesses in Höhe von 11.342,14 EUR als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG steuermindernd geltend. Die Kosten sind dem Grunde nach entstanden aufgrund eines Rechtsstreits mit dem als Bauleiter beauftragten Architekten, da dieser nach Ansicht des Klägers seiner Bauüberwachungs- und Baukoordinierungaufgabe nicht ausreichend nachgekommen ist. Deswegen sei es bei der Errichtung des Neubaus zur Bildung von Schimmelpilzen gekommen. Aufgrund der Schimmelpilzbildung habe man einen Privatgutachter und ein Umweltlabor bestellt, um den Schaden zu begutachten. Laut Umweltgutachten liege eine massive Schimmelpilzbelastung vor, die gesundheitsschädlich sei. Es müsse eine umfassende Sanierung erfolgen. Da der Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit einer Berufshaftpflichtversicherung des Bauleiters zu erzielen, nicht zum Erfolg führte, habe man eine Klage beim Landgericht U eingereicht.

Das Landgericht U hat mit Grundurteil vom 24.10.2012 festgestellt, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt sowie der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Schaden zu ersetzen.

Bei den im Streitjahr 2012 als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich der Höhe nach im Wesentlichen um vorprozessuale Rechtsanwaltskosten der Kläger, die auf einer individuellen Kostenvereinbarung mit einem Stundenhonorar von 200,– € beruhen.

Das beklagte Finanzamt führte die ESt-Veranlagung 2012 mit Bescheid vom 19.08.2013 durch, erkannte dabei jedoch die Aufwendungen für die Führung des Zivilprozesses nicht als außergewöhnliche Belastung an.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 20.08.2013 Einspruch ein.

Zur Begründung führten sie aus, der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 12.05.2011 entschieden, dass Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könnten, sofern die Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine.

Gleichzeitig führten die Kläger an, dass im BMF-Schreiben IV-C 4-S-2284/07/0031 vom 20.12.2011 dieses Urteil mit einem Nichtanwendungserlass belegt sei.

Der Beklagte wies nicht zuletzt unter Hinweis auf diesen Nichtanwendungserlass den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 28.10.2013 als unbegründet zurück. Auf die EE wird verwiesen.

Mit der am 15.11.2013 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie sind nach wie vor der Auffassung, die Zivilprozesskosten seien in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 29.07.2014 mitgeteilt, dass das Landgericht U im Zivilprozess den Beklagten zur Zahlung von 31.290,12 EUR nebst Zinsen und 1.715,03 EUR vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt habe. Die Kosten des Rechtsstreits seien dem Beklagten zu 74 % und den Klägern zu 26 % auferlegt worden. Aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses in diesem Verfahren vom 21.02.2014 seien ihnen insgesamt 9.342,79 EUR an Prozesskosten von der Gegenseite erstattet worden. Dieser Erstattungsbetrag sei, soweit er auf die im Streitjahr 2012 geltend gemachten Zivilprozesskosten entfalle, von den außergewöhnlichen Belastungen abzuziehen. Für das Jahr 2012 entspreche dies einem Betrag von 1.999,35 EUR.

Die Kläger beantragen,

den ESt-Bescheid 2012 vom 19.08.2013 in Gestalt der EE vom 28.10.2013 dergestalt zu ändern, dass außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 9.342,79 EUR steuermindernd berücksichtigt werden;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er sehe sich weiterhin aufgrund des Nichtanwendungserlasses des Finanzministers an einer Berücksichtigung der streitbefangenen Kosten gehindert.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der ESt-Bescheid 2012 vom 19.08.2013 in Gestalt der EE vom 28.10.2013 ist rechtmäßig.

Der Beklagte hat bei seinen Entscheidungen im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Aufwendungen der Kläger aus dem Streitjahr 2012 für den Zivilprozess bezüglich der Schimmelbildung in ihrem Einfamilienhaus keine außergewöhnliche Belastung i. S. v. § 33 EStG sind. Er hat insoweit den steuermi...

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