Entscheidungsstichwort (Thema)

Erschließungskosten als Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch nicht erschlossen ist, sich der Veräußerer jedoch verpflichtet, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs im grunderwerbsteuerlichen Sinne und der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises ist Entgelt für den Grundstückserwerb.

 

Normenkette

GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; BauGB § 127 Abs. 2; BGB § 433 Abs. 1 S. 1; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2022; Aktenzeichen II R 9/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

Die Kläger sind Eheleute. Mit notariellem Vertrag vom 04.10.2018 (Urkundenrolle xxx des Notars I. X. mit Amtssitz in P-Stadt) erwarben die Kläger und ihr Sohn, J. B., von der Z-Immobiliengesellschaft mbH mit Sitz in X-Stadt (nachfolgend Z.) eine im Grundbuch von X-Stadt Blatt xxx eingetragene Grundstücksfläche, Gemarkung X-Stadt, Flur xxx, Flurstück xxx zur Größe von 381 m² zu Miteigentum und zwar die beiden Kläger zu einem Anteil von jeweils 3095/10000 und J. B. zu einem Anteil von 3810/10000. Zum Kaufpreis enthält die notarielle Urkunde in § 3 insbesondere folgende Vereinbarung:

„1. Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand beträgt 343 € pro Quadratmeter (qm) Grundstücksfläche, für insoweit rechnerisch maßgebliche 381 qm mithin 130.683,00 € (in Worten: …).

In vorbeziffertem Kaufpreis ist die sog. Erschließung enthalten (vgl. hierzu nachfolgend § 9).

Zusätzlich zum vorbeschriebenen Grundstückskaufpreis erstattet der Käufer der Verkäuferin die von dieser im Verhältnis zu den jeweiligen Leistungserbringern zu tragenden Kosten für die Herstellung eines Hausanschlussschachtes für Schmutz- und Regenwasser (Mischsystem) auf dem verkauften Grundstück in Höhe von pauschal 2.775 € (vgl. auch insoweit nachfolgend § 9).

Die gesamte Zahlungsverpflichtung des Käufers gegenüber der Verkäuferin beläuft sich folglich auf 133.458 € (in Worten: …)

Von dem Kaufpreis entfallen auf

Frau F. B., geb. V.: 41.305,25 €

Herr H. B.: 41.305,25 €

Herr J. B.: 50.847,50 €

Gegenüber dem Verkäufer haften alle Käufer als Gesamtschuldner.”

Als Fälligkeitsvoraussetzung für den Gesamtbetrag vereinbarten die Vertragsparteien in § 3 der notariellen Urkunde unter anderem, dass die Stadt X-Stadt bestätigt, dass von der Z. eine Erfüllungsbürgschaft für die zu erbringenden Erschließungsleistungen hinterlegt ist. In diesem Zusammenhang wies der Notar darauf hin, dass hinsichtlich der künftig mit den im Kaufpreis angeforderten Erschließungskosten käuferseitig eine Vorleistung erbracht werde, da der Kaufgegenstand noch nicht erschlossen sei, die Erschließungsleistungen vielmehr wie nachfolgend in § 9 im Einzelnen dargestellt von der Z. erst im Verlauf der nächsten Monate erbracht würden.

In § 5 der notariellen Urkunde erklärten die Parteien die Auflassung des Grundstücks und bewilligten und beantragten die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch.

Zum wirtschaftlichen Übergang vereinbarten die Parteien in § 7, dass dieser zum Zeitpunkt der bedingungsfreien Gutschrift des gesamten Kaufpreises auf dem Konto der Verkäuferin erfolgt. Zugleich erteilten die Käufer ihr Einverständnis dazu, dass die Verkäuferin als Erschließungsträgerin bzw. ihre Erfüllungsgehilfen den kaufgegenständlichen Grundbesitz im Zusammenhang mit der bereits begonnen Erschließung des Baugebietes nutzen und gegebenenfalls Randbereiche des Kaufgrundstücks zur höher liegenden Straße auffüllen durften.

Zur Erschließung vereinbarten die Parteien in § 9 der notariellen Urkunde auszugsweise Folgendes:

„1. Die Verkäuferin hat mit der Stadt X-Stadt einen städtebaulichen Vertrag über die Erschließung der Wohnbaugrundstücke und sonstigen Flächen im Bebauungsplangebiet „Nördlich L-Straße” geschlossen. Danach hat sich der Erschließungsträger, mithin die Z., verpflichtet, die gesamten Erschließungsmaßnahmen für die sogenannte Ersterschließung des vorgenannten Baugebiets durchzuführen. Diese Maßnahmen umfassen insbesondere

  • die Herstellung der öffentlichen Abwasseranlagen sowie
  • die erstmalige Herstellung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, einschließlich Fahrbahnen, inklusive Stellplatzflächen, Geh-/Radwegen, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung und Straßenbegleitgrün.

Die in diesem Zusammenhang anfallenden Erschließungskosten werden von der Verkäuferin getragen und sind, wie oben dargelegt, im Kaufpreis enthalten. Eine gesonderte Abrechnung dieser Erschließungskosten erfolgt mithin insgesamt nicht. Zusätzlich zu den vorgenannten Leistungen der Ersterschließung wird die Z., wie oben bereits dargelegt, den Hausanschlussschacht für das kaufgegenständliche Grundstück erstellen, welcher gemäß den Vorgaben des Abwasserbetriebes in unmittelbarer Nähe zum künftigen öffentlichen Straßenraum ges...

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