Entscheidungsstichwort (Thema)

1 %-Regelung und Investitionsabzugsbetrag bei Wohnmobilen im Betriebsvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Kann das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten nicht durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden, findet die 1 %-Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auch Anwendung für im Betriebsvermögen befindliche Wohnmobile.

2) Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g EStG für ein Wohnmobil sowie die in Anspruch genommene Sonderabschreibung sind rückgängig zu machen, wenn der Steuerpflichtige nicht nachweisen kann, dass er das Wohnmobil zu mindestens 90% betrieblich genutzt hat.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1, Abs. 6 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

 

Tatbestand

Streitig sind die Bewertung der privaten Nutzung von im Betriebsvermögen befindlichen Wohnmobilen sowie die Rechtmäßigkeit der vom Beklagten vorgenommenen Rückgängigmachung eines seitens des Klägers gebildeten Investitionsabzugsbetrages für ein Wohnmobil sowie der insofern in Anspruch genommenen Sonderabschreibung.

Die Kläger wurden in den Streitjahren gemäß §§ 26, 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte gewerbliche Einkünfte aus einem Heißmangel-Service. Der Kläger erzielte als Inhaber eines Reparaturservices für elektronische Industrieanlagen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. des § 15 EStG. Den Gewinn ermittelte er gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 EStG durch Bestandsvergleich. Die Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2010 bis 2014 wurden erklärungsgemäß ohne Abweichung durch den Beklagten veranlagt.

In dem Betriebsvermögen des Klägers befand sich neben anderen betrieblich genutzten Fahrzeugen ein Wohnmobil, dass der Kläger für Fahrten zu seinen Kunden nutzte, um bei Stillständen in den Produktionsanlagen der Kunden schnell vor Ort sein zu können und um kostenintensive Hotelaufenthalte zu vermeiden. Der Einsatz des Wohnmobils eröffnete ihm die Möglichkeit, teilweise auf den Betriebsgeländen der Kunden zu übernachten und unabhängig von Rezeptionszeiten der Hotels sehr früh bei den Kunden vor Ort zu sein. Vom 21.12.2007 bis zum 17.12.2013 handelte es sich um ein für 77.600,00 € neu erworbenes Wohnmobil Mercedes Benz Frankia T 7400 BD Typ 581 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen 1, das der Kläger mit Rechnung vom 21.12.2013 für einen Preis i. H. v. 7.500,00 € (inkl. Umsatzsteuer) veräußerte. Seit dem 29.11.2013 ordnete der Kläger das für einen Preis i. H. v. 132.000,00 € brutto neu erworbene Wohnmobil Mercedes Benz Frankia I 7900 QD Platin Edition 516 seinem Betriebsvermögen zu und führte das amtliche Kennzeichen 1 weiter. Zusätzlich befand sich ein Wohnwagen im Privatvermögen des Klägers. Für beide Wohnmobile führte der Kläger elektronische Fahrtenbücher des Anbieters „X”. Danach ermittelte der Kläger für die Privatnutzung der Wohnmobile in den Streitjahren folgende Anteile:

2010

2011

2012

2013

2014

9,17%

6,08%

2,59%

2,05%

5,10%

Der Kläger bewertete ausgehend von den vorgenannten Privatnutzungsanteilen den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung der betrieblichen Wohnmobile danach mit folgenden Beträgen als Betriebseinnahmen (netto, ohne Umsatzsteuer):

2010

2011

2012

2013

2014

2.085,88 €

1.713,40 €

704,91 €

943,44 €

1.002,10 €

Für das im November 2013 neu angeschaffte Wohnmobil machte der Kläger im Jahr 2011 außerbilanziell einen Investitionsabzugsbetrag i. S. des § 7g EStG i. H. v. 30.000,00 € gewinnmindernd geltend. Im Jahr 2013 wurde der Investitionsabzugsbetrag durch Auflösung i. H. v. 30.000,00 € außerbilanziell dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet. Bei Anschaffung des neuen Wohnmobils nahm der Kläger im Jahr 2013 gemäß § 7g Abs. 5 EStG eine gewinnwirksame Kürzung der Anschaffungskosten i. H. v. 30.000,00 € sowie eine Sonderabschreibung i. H. v. 22.184,00 € vor. Die reguläre Absetzung für Abnutzung (AfA) ermittelte der Kläger im Jahr 2013 i. H. v. 1.156,37 € und im Jahr 2014 i. H. v. 11.172,20 € und zog diese Beträge als Betriebsausgaben ab.

Mit Prüfungsanordnung vom 21.07.2015 ordnete der Beklagte für die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2012 bis 2014 eine steuerliche Außenprüfung (BP) an. Der Prüfungszeitraum wurde mit Verfügung vom 02.09.2015 für die vorgenannten Steuerarten auf die Jahre 2010 und 2011 mit der Begründung erweitert, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei. Im Rahmen der BP traf der Prüfer u. a. die Feststellung, dass für die elektronischen Fahrtenbücher keine den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GdPdU)-konformen Datenexporte seitens des Klägers zur Verfügung gestellt worden seien, sondern lediglich Zusammenfassungen im Excel-Format vorlägen. Darüber hinaus lägen inhaltliche Mängel derart vor, dass lediglich die aufgesuchten Orte, jedoch keine exakten Adressen eingetragen worden seien, so dass eine Überprüfung nicht möglich sei. Im Laufe eines Tages seien verschiedene angefah...

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