Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindung aufgrund Erbschaftsvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Abfindung, die der Steuerpflichtige aufgrund eines Erbschaftsvertrages mit seinen Geschwistern für den Verzicht auf die Geltendmachung seines Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach dem Tod der Mutter erhält, stellt eine freigiebige Zuwendung der Geschwister an den Steuerpflichtigen i.S.v. § 7 Abs. 1 ErbStG dar.

2) Die Steuerklasse richtet sich in diesem Fall nach dem Verhältnis des Verzichtenden zum künftigen Erblasser.

 

Normenkette

ErbStG § 15 Abs. 1, § 7 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.05.2017; Aktenzeichen II R 25/15)

BFH (Urteil vom 16.05.2013; Aktenzeichen II R 21/11)

 

Tatbestand

Der Kläger und seine drei Brüder schlossen am 14.02.2006 einen Erbschaftsvertrag. Darin verzichtete der Kläger für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge seiner Mutter ausgeschlossen sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruches einschließlich etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche. Seine drei Brüder verpflichteten sich, an ihn zum Ausgleich seines Verzichts auf die Geltendmachung seiner Pflichtteilsansprüche je 150.000 Euro zu zahlen. Die Parteien waren sich darüber einig, dass dieser Vertrag auch dann Bestand haben solle und die gezahlten Abfindungen nicht zurückzugewähren seien, wenn der Kläger nach dem Tode seiner Mutter nicht Erbe wird und keinen Pflichtteilsanspruch erwirbt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Erbschaftsvertrag vom 14.02.2006 (UR-Nr. B 136/2006 der Notarin U in A) Bezug genommen.

Da der Vater des Klägers und seiner Brüder vorverstorben war, betreffen die Vereinbarungen lediglich die Erbfolge nach ihrer Mutter.

Der Kläger gab drei Schenkungsteuererklärungen ab, in denen er angab, dass ihm von jedem seiner drei Brüder 150.000 Euro zugewendet worden sind.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass die Abfindungszahlungen an den Kläger als (fiktiver) Erwerb nach seiner Mutter zu versteuern seien. Da sich die Steuerklasse nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum künftigen Erblasser richte (vgl. Bundesfinanzhof (BFH) vom 25.01.2001 II R 22/98, BStBl II 2001, 456), sei auch der Freibetrag nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers zum künftigen Erblasser zu berücksichtigen. Dies habe zur Folge, dass die drei Schenkungen zusammen zu einer Schenkung zusammengefasst würden und als fiktive Schenkung der Mutter des Klägers anzusehen sei. Folgerichtig sei auch die Vorschenkung der Mutter aus dem Jahr 2002 an den Kläger nach § 14 ErbStG zu berücksichtigen.

Der Beklagte ermittelte den Wert des Erwerbs danach mit 448.440 Euro (450.000 Euro abzüglich Steuerberatungskosten in Höhe von 1.131 Euro und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 429 Euro) zzgl. Vorschenkungen in Höhe von 1.056.232 Euro, so dass der Wert des Erwerbs abzüglich des Freibetrags von 205.000 Euro 1.299.600 Euro betrug.

Der Beklagte setzte die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung des Anrechnungsbetrags für die Vorschenkungen (161.728 Euro) auf 85.196 Euro fest. Überschrieben ist der Bescheid mit „Schenkungsteuerbescheid (Berechnungsbogen) über den Erwerb des Herrn R 1 aus der Schenkung der Frau R 2 in A-Straße 1 N vom 14.02.2006”. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom 21.08.2007 und den Schenkungsteuerbescheid vom 11.09.2007 Bezug genommen.

Der Kläger legte Einspruch ein. Der Kläger habe die Zuwendung nicht von seiner Mutter, sondern von seinen drei Brüdern erhalten. Seine Mutter sei an dem notariellen Vertrag gar nicht beteiligt gewesen. Eine Schenkung von seiner Mutter scheide deswegen aus. Fiktive Schenkungen kenne das deutsche Schenkungsteuerrecht nicht. Eine Zusammenrechnung der Vorschenkung scheide aus, da es sich nicht um Schenkungen durch die gleiche Person handele.

Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 03.12.2008 Bezug genommen.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Es handele sich um Schenkungen der Brüder an den Kläger, bei denen die Schenkungsteuer nach der Steuerklasse I festzusetzen sei. Eine Schenkung der Mutter liege nach den in dem Urteil des BFH vom 25.01.2001 genannten Grundsätzen nicht vor. Deswegen seien auch die Vorschenkungen nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid vom 11.09.2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.12.2008 aufzuheben,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wie in der Einspruchsentscheidung erläutert, träten die Abfindungen an die Stelle von erbrechtlichen Ansprüchen des Klägers gegenüber der Mutter und würden somit in letzter Konsequenz aus deren Vermögen erfüllt. Daher sei die Besteuerung der Abfindungsbeträge insgesamt nach dem Verwandtschaftsverhältnis zur künftigen Erblasserin auszurichten. Nur so sei gewährleistet, wie dies auch zu Recht vom BFH gefordert werde, dass Abfindungen, die vor bz...

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