Entscheidungsstichwort (Thema)

Abziehbarkeit von Stillhalterprämien und Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine zur Verhinderung des Scheiterns eines Börsengangs an einen Mitgesellschafter für dessen Verpflichtung, seine Aktien innerhalb einer Stillhalteperiode nicht zu veräußern, gezahlte Stillhalteprämie mindert den anlässlich des Börsengangs erzielten Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Aktien nur anteilig im Verhältnis der veräußerten zu den insgesamt gehaltenen Aktien.

2) Zinsaufwendungen des Gesellschafters für ein bis zum Börsengang aufgenommenes Darlehen bleiben ungeachtet der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile laufende Werbungskosten im Rahmen des § 20 EStG.

3) Stillhalterprämie und Zinsaufwendungen unterliegen der Abzugsbeschränkung nach § 3c Abs. 2 EStG.

4) Ein Verlustfeststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG ist Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid desselben Jahres.

5) § 15b EStG ist verfassungsgemäß. Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 33a und Abs. 37e EStG verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

 

Normenkette

EStG §§ 16, 3c Abs. 2, § 3 Nr. 40; UmwStG § 21; AO § 171 Abs. 10; EStG § 15b Abs. 4, § 52 Abs. 33a, 37e, § 20

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.11.2015; Aktenzeichen VIII R 74/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe die vom Kläger zu 1.) (nachfolgend: „Kl.”) im Rahmen eines Börsengangs an einen Mitaktionär gezahlte „Stillhalteprämie” als Bestandteil der Veräußerungskosten steuerlich abziehbar ist und ob Zinsaufwendungen, die im Vorfeld des Börsengangs angefallen sind, der Abzugsbeschränkung gem. § 3c Abs. 2 EStG unterliegen. Streitig ist weiterhin, ob vom Kl. im Streitjahr abgeschlossene Kapitalanlageverträge, die zu einem steuerlichen Verlust in Höhe von ca. 14,9 Mio. EUR geführt haben, als Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG zu qualifizieren sind.

Sachverhaltskomplex Börsengang XX AG:

Der Kl. war zusammen mit … weiteren Personen Kommanditist der XX KG (nachfolgend: XX KG) und auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Im Jahr 2005 beschlossen die … Kommanditisten der XX KG den Börsengang der Gesellschaft.

Zur Vorbereitung des Börsengangs beschloss die Gesellschaftersammlung der XX KG am 18.10.2005, das Eigenkapital der Gesellschaft um xxx Mio. EUR zu erhöhen. Dies erfolgte auf Empfehlung der den Börsengang begleitenden Banken zur Verbesserung der Eigenkapitaldecke der Gesellschaft. Zum Zwecke der Erfüllung ihrer Einlageverpflichtungen schlossen die Kommanditisten der XX KG am 7.12.2005 Darlehensverträge mit der Y-Bank im Volumen von insgesamt xxx Mio. EUR ab. Auch der Kl. selbst nahm zur Finanzierung seines Beitrags ein Darlehen bei der Y-Bank auf.

Ebenfalls am 7.12.2005 verpflichteten sich der Kl. und die übrigen Gesellschafter dazu, an die Y-Bank neben den vereinbarten Zinsen und Gebühren eine Strafgebühr (drop dead fee) in Höhe von 3 v.H. der Netto-Darlehenssumme zu entrichten, falls es aus einem von den Gesellschaftern zu vertretenden Grund nicht zu dem Börsengang käme. Darüber hinaus wurde von den Gesellschaftern eine Erklärung unterzeichnet, nach der jeder Gesellschafter verpflichtet sei, alle Maßnahmen für einen Börsengang der XX KG zu unterstützen, bis zur Hälfte seiner Beteiligung an der noch zu errichtenden XX AG zum Verkauf im Rahmen des Börsengangs anzubieten und Entnahmen aus der XX KG zu begrenzen. Weiterhin verpflichteten sich die Gesellschafter, innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Börsengang keine weiteren Veräußerungen ihrer Aktien vorzunehmen (sog. „Lock-up Periode”)

Ebenfalls am 7.12.2005 erwarb der Kl. sämtliche Geschäftsanteile an der Z GmbH. Es handelte sich bei dieser Gesellschaft um eine Vorratsgesellschaft, deren Stammkapital von 25.000,00 EUR vollständig eingezahlt war. Die weiteren sechs Kommanditisten der XX KG erwarben ebenfalls Geschäftsanteile an Vorratsgesellschaften. Diese Gesellschaften wurden umbenannt in Q. Gesellschaft mbH. Die Gesellschaft des Kl. erhielt die Bezeichnung Q1-Gesellschaft mbH (nachfolgend: Q1 GmbH).

Mit Vertrag vom 21.12.2005 brachte der Kl. seinen Kommanditanteil an der XX KG und seinen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH in die Q1 GmbH ein. Die Einbringung erfolgte zu Buchwerten gegen Gewährung eines weiteren Geschäftsanteils zum Nennwert von 1.000,00 EUR. Als Einbringungszeitpunkt war der 31.12.2005, 23.58 Uhr festgelegt. Die weiteren Kommanditisten der XX KG brachten ihre Kommanditanteile an der XX KG und ihre Geschäftsanteile an der KomplementärGmbH in identischer Weise in ihre jeweilige GmbH ein.

Mit Einbringungsverträgen vom 29.12.2005 brachten die früheren Kommanditisten der XX KG ihre GmbH-Anteile in die XX AG (nachfolgend: XX AG) ein. … Die Einbringung der Anteile an den Q.-Gesellschaften mbH erfolgte ebenfalls jeweils zu Buchwerten gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen. Als Einbringungszeitpunkt war der 31.12.2005, 24.00 Uhr festgelegt. Der Kl. erhielt auf Grundlage dieses Einbringungsvertrages ins...

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