Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfassung von Bareinzahlungen als steuerpflichtige Einnahmen im Wege der Schätzung wegen der Verletzung von Mitwirkungspflichten

 

Leitsatz (redaktionell)

Das FA ist berechtigt, die Bareinzahlung auf ein betriebliches Konto als Betriebseinnahme zu schätzen, wenn der Betriebsinhaber lediglich angibt, die Bareinzahlung beruhe auf einem Darlehen eines im Ausland ansässigen zukünftigen Ehepartners, der in seinem Heimatland absoluten Schutz seiner Identität und Privatsphäre besitze.

 

Normenkette

AO §§ 90, 30, 162

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Erfassung von Bareinzahlungen als steuerpflichtige Einkünfte im Streitjahr 2017.

Die Klägerin ist geschieden. Im Streitjahr erzielte sie (unstreitig) gewerbliche Einkünfte und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die Klägerin ist als Einzelunternehmerin tätig. In früheren Jahren führte sie das Einzelunternehmen G-Verlag. Aus diesem Gewerbebetrieb resultierten Verluste. Darüber hinaus war die Klägerin als Einzelunternehmerin mit einem Gewerbe als Vermögens- und Finanzberaterin tätig. In den Vorjahren ermittelte sie ihren Gewinn als Finanzberaterin durch Bestandsvergleich nach den §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG –; die letzte vorliegende Bilanz ist die zum 31.12.2012 aufgestellte Bilanz. Auch aus dieser Tätigkeit resultierten in früheren Jahren Verluste aufgrund von sog. Stornohaftungen aus der Vermittlung von Versicherungsverträgen. Mit Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.2010 gründete die Klägerin die im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRB yyy eingetragene L-UG (haftungsbeschränkt) (im Folgenden: „UG”). Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der UG war die Klägerin. … Ihr Einzelunternehmen der Vermögens- und Finanzberatung betrieb die Klägerin weiterhin, und zwar auch im Streitjahr.

Am xx.12.2010 wurde über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Ausweislich eines Insolvenzgutachtens des Herrn Rechtsanwalt T. vom xx.12.2010 bestanden für die Klägerin bei Insolvenzeröffnung ungedeckte Verbindlichkeiten i.H.v. 436.150,30 € bei einer frei erzielbaren Masse von 1.004,– €. Mit Beschluss vom xx.xx.2014 … hob das Amtsgericht E-Stadt das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung auf. Mit Beschluss vom xx.1.2017 wurde der Klägerin die Restschuldbefreiung gemäß § 300 der Insolvenzordnung – InsO – erteilt.

Bereits am 15.12.2010 hatte die Klägerin als Darlehensnehmerin mit der UG als Darlehensgeberin einen Darlehensvertrag geschlossen. Bis zum Ende des Jahres 2011 zahlte die UG an die Klägerin einen Darlehensbetrag von 42.042,52 € aus, im Jahr 2012 weitere 15.248 €, im Jahr 2013 weitere 44.689 € und im Jahr 2014 weitere 47.048 €. Auch in den Jahren 2015 bis 2018 erhielt die Klägerin von der UG Darlehensauszahlungen. Ab 2015 kam es zu teilweisen Rückzahlungen. Nach der Buchführung der UG valutierte das Darlehen zum 31.12.2015 mit 157.065,01 €, zum 31.12.2016 mit 118.525,65 €, zum 31.12.2017 mit 61.390,62 € und zum 31.12.2018 mit 82.261,72 €. In Bezug auf diese Darlehensauszahlungen kam es zwischen den Beteiligten zu Streitigkeiten, da der Beklagte von verdeckten Gewinnausschüttungen ausging. Für das Jahr 2012 hat der Senat durch Urteil vom 9.6.2021 13 K 668/19 E hierüber entschieden.

Am 23.2.2017 zahlte die Klägerin einen Betrag von insgesamt 70.000 € in bar auf ihr bei der Bank E geführtes Konto mit der Nr. … ein, und zwar in zwei Teilbeträgen von 45.000 € und 25.000 €. Dieses Konto war in der letzten dem Senat vorliegenden Bilanz des Einzelunternehmens der Klägerin zum 31.12.2012 als betriebliches Konto ausgewiesen und wurde ausweislich in den Akten befindlicher Kontoauszüge im Streitjahr sowohl für private als auch für betriebliche Zwecke verwendet, etwa für die Vereinnahmung von Provisionsumsätzen. Von dem eingezahlten Guthaben überwies die Klägerin noch am gleichen Tage einen Betrag i.H.v. 35.200 € an die UG mit dem Verwendungszweck „Rückzahlung Darlehen L-UG”. Einen weiteren Betrag von 6.301,08 € zahlte sie später an das Finanzamt E-Stadt unter Angabe ihrer früheren Steuernummer ….

Die Bank E erstattete am 28.2.2017 eine Geldwäscheverdachtsanzeige gem. § 11 des GeldwäschegesetzesGWG –. In der Anzeige gab die Bank an, die Klägerin habe sich im Vorfeld der Bareinzahlung bei dem zuständigen Bankberater informiert, ab welchem Betrag bei Bareinzahlungen ein „Formular” ausgefüllt werden müsse. Der Bankberater habe ihr gesagt, dass grundsätzlich kein „Formular” ausgefüllt werde. Auf Nachfrage, woher das Bargeld stamme, habe die Klägerin angegeben, dass sie sich privat einen Kredit geliehen habe. Mit dem Geld habe sie private und geschäftliche Schulden begleichen wollen, so die Bank in der Anzeige.

Das Landeskriminalamt NRW prüfte die Anzeige und leitete sie an die Staatsanwaltschaft E-Stadt weiter. Diese eröffnete ein Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche unter dem Az. …, gab die Sache an das Finanzamt für Steuerstrafsachen ...

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