Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfteerzielungsabsicht bei Kapitaleinkünften, Bondstripping und nachfolgende Veräußerung von Anleihemänteln

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Im Bereich der Kapitaleinkünfte ist das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht für jede einzelne Kapitalanlage zu prüfen. Die grundsätzlich bestehende (widerlegbare) tatsächliche Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht greift nicht, wenn die betroffenen Einkünfte nicht dem Regime der Abgeltungsteuer gemäß § 32d EStG unterliegen.

2) An der erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht fehlt es, wenn der Steuerpflichtige allein mit dem Ziel, ESt-Ersparnisse zu erzielen, aus einen Bondstripping und nachfolgender Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anleihemänteln an eine GmbH, an der er als Alleingesellschafter beteiligt ist, Verluste erzielt.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.03.2023; Aktenzeichen VIII R 36/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, welche steuerlichen Folgen aus einem im Streitjahr 2013 erfolgten Bondstripping und der nachfolgenden Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anleihemänteln an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Alleingesellschafter der Kläger ist, zu ziehen sind.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erzielte im Jahr 2013 hohe Einkünfte aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen. Er wurde daraufhin von seinem „Family Office”, das den Kläger in Fragen der Vermögensverwaltung beriet, auf die Kanzlei O aufmerksam gemacht, um sich über Möglichkeiten einer Minderung der zu erwartenden Steuerlast zu informieren. Ab Mitte des Jahres 2013 wurde der Kläger von dieser Kanzlei beraten.

Im Oktober 2013 beauftragte der Kläger diese Kanzlei mit der Erstellung eines Gutachtens über die steuerlichen Chancen und Risiken eines Bondstripping, mit der Projektleitung bei der Durchführung der Transaktionen und mit der Vertretung in einem eventuellen späteren Rechtsstreit. Das Honorar gemäß gesonderter Vergütungsvereinbarung sollte 0,4 % der Investitionssumme betragen.

Ausführende Bank war die D-Bank in Luxemburg (im Folgenden: Bank). Diese übersandte dem Kläger Ende Oktober 2013 ein Schreiben mit dem Betreff „Transaktion mit Bundesanleihen”, das auf eine Mitteilung des Klägers Bezug nahm, dass er aufteilbare Bundesanleihen zu erwerben beabsichtige. Das Schreiben wies darauf hin, dass die Summe der Verkaufspreise der Kapital- und Zinsstrips unter normalen Bedingungen unter dem Verkaufspreis der ungeteilten Bundesanleihe liege. Weiter wies die Bank darauf hin, für die steuerlichen Folgen, insbesondere dafür, dass die Anschaffungskosten steuerlich allein dem Kapitalstrip zuzuordnen sind, keinerlei Gewähr zu leisten.

Anfang November 2013 gründete der Kläger die L-GmbH (im Folgenden: GmbH). Unternehmensgegenstand ist laut Handelsregister die Verwaltung eigenen Vermögens.

Am 25.11.2013 beauftragte der Kläger die Bank mit dem Kauf der Bundesanleihe mit der ISIN DE0001135366 (Laufzeit bis zum 04.07.2040). Die Menge sollte so bemessen sein, dass der Kaufpreis einschließlich Nebenkosten 60.000.000 EUR nicht überschritt. Mit gesondertem Fax vom gleichen Tag beantragte der Kläger gegenüber der Bank, die Bundesanleihen in einen Kapitalstrip und die Zinsstrips aufzuteilen (Bondstripping).

Mit einem dritten Schreiben beauftragte der Kläger die Bank, 397 Kontrakte des Typs „Bund Future März 2014” zu verkaufen. Mit einem vierten Schreiben beauftragte er die Bank, 431 Kontrakte des Typs „Bund Future März 2014” zu verkaufen, wobei als Bedingungen genannt wurde „Stop to sell 150 @ 139,30 / 150 @ 139,10 / 131 @ 189,90”. Der Auftrag sollte Gültigkeit behalten, bis er widerrufen werde. Mit einem fünften Schreiben beauftragte er die Bank unwiderruflich, etwaige am 12.12.2013 in seinem Depot befindliche Bundesanleihen, Zinsscheine und Anleihemäntel zu verkaufen; dieser Auftrag war dem Umstand geschuldet, dass die Bank ihr Angebot einer Handelsspanne von 1,1 % nur unter der Bedingung gemacht hatte, dass die (geteilte oder ungeteilte) Bundesanleihe nur bis zu diesem Zeitpunkt im Depot des Klägers gehalten würde.

Im Depot des Klägers bei der Bank sind am 27.11.2013 Bundesanleihen mit der ISIN DE0001135366 zum Nennwert von 42.247.000 EUR eingegangen. Der Gesamtkaufpreis belief sich einschließlich Bankgebühren auf 59.999.189,40 EUR; davon entfielen auf Stückzinsen 802.693,00 EUR. Die Anleihen wurden am gleichen Tag „gestrippt”. Der Anleihemantel trug die ISIN DE0001108546. Die ISIN-Kennungen der Zinsscheine und deren Kurswerte am 25.11.2013 sind aus der Tabelle ersichtlich, die diesem Urteil als Anlage 1 beigefügt ist. Der jährliche Zins betrug nominal 2.006.732 EUR (4,75 % des Nennwerts der Anleihe).

Am 28.11.2013 beauftragte der Kläger die Bank, die in seinem Depot befindlichen Zinsscheine zu veräußern. Am gleichen Tag wies er die Bank an, 397 Wertpapiere vom Typ „Bund Future März 2014” zu kaufen.

Die Zinsscheine wurden am 29.11.2013 zu einem Gesamtbetrag ...

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