Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts

 

Leitsatz (redaktionell)

Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts Werbungskosten sind als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften des Unterhaltsempfängers abziehbar.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1a, § 12 Nr. 1, § 10 Abs. 1a; BGB § 1573 Abs. 2; EStG § 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.10.2023; Aktenzeichen X R 7/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts bei der Veranlagung der Klägerin zur Einkommensteuer 2015.

Die Klägerin war seit 1989 mit Herrn U C verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, die 2001 geborene D T und die 2003 geborene B D. Seit Januar 2012 lebte die Klägerin gemeinsam mit den beiden Kindern von ihrem Ehemann getrennt. Seit der Trennung zahlte dieser fortwährend Kindesunterhalt für D T i.H.v. 590 EUR und für B D i.H.v. 491 EUR monatlich.

Im Jahr 2012 wurde durch Herrn U C vor dem Amtsgericht T eine Familiensache anhängig gemacht, die unter dem Az. xx F xxx/12 geführt wurde und inhaltlich die Scheidung, den Versorgungsausgleich sowie den nachehelichen Unterhalt umfasste. Mit Beschluss vom 09.09.2014 wurde die Ehe zwischen der Klägerin und Herrn U C durch das Amtsgericht T geschieden und der Versorgungsausgleich vorgenommen. Daneben wurde Herr U C verpflichtet, an die Klägerin ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 582,50 EUR bis längstens Dezember 2020 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts T erhoben die Klägerin Beschwerde und Herr U C Anschlussbeschwerde beim Oberlandesgericht I, die unter dem Az. xx-x UF xxx/14 geführt wurde. Streitgegenstand dieses Verfahrens war die Höhe des von Herrn U C zu zahlenden nachehelichen Unterhalts, wobei Herr U C begehrte, keinen Unterhalt zu zahlen, und die Klägerin höhere monatliche Zahlungen begehrte. Am 00.03.2015 schlossen die Klägerin und Herr U C vor dem Oberlandesgericht I einen Vergleich, in dem sich Herr U C verpflichtete, an die Klägerin beginnend ab dem 01.02.2015 bis zum 31.01.2022 nachehelichen Unterhalt i.H.v. 900 EUR monatlich zu zahlen. Die Kosten der Beschwerdeinstanz einschließlich der Kosten des Vergleichs wurden einvernehmlich gegeneinander aufgehoben.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht I wurden der Klägerin am 17.03.2015 durch die Oberjustizkasse I die hälftigen Verfahrenskosten i.H.v. 159,50 EUR in Rechnung gestellt, die sie im Jahre 2015 entrichtete.

Mit Rechnung vom 16.04.2015 forderte die für die Familiensache Prozessbevollmächtigte der Klägerin diese zur Zahlung von Anwaltsgebühren für die Verfahren vor dem Amtsgericht T i.H.v. 3.909,39 EUR abzüglich eines im September 2014 gezahlten Vorschusses von 850 EUR und vor dem Oberlandesgericht I i.H.v. 3.486,18 EUR auf. Von den für die Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren geforderten Gebühren entfielen nach Abzug des Vorschusses noch 1.138,34 EUR auf das Verfahren betreffend den nachehelichen Unterhalt. Die Klägerin bezahlte sämtliche Anwaltsgebühren im Jahre 2015.

Für das Verfahren vor dem Amtsgericht T wurden der Klägerin ebenfalls am 16.04.2015 durch die Justizkasse Nordrhein-Westfalen Verfahrenskosten i.H.v. 536 EUR in Rechnung gestellt, welche die Klägerin am 20.04.2015 entrichtete. Hiervon entfielen 199,40 EUR auf das Verfahren betreffend den nachehelichen Unterhalt.

Für das Kalenderjahr 2015 gab die Klägerin im Rahmen ihrer am 01.03.2017 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung Einnahmen aus Unterhaltsleistungen i.H.v. 10.800 EUR an. Daneben beantragte sie, „Scheidungskosten” i.H.v. 7.082 EUR als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Der Beklagte berücksichtigte daraufhin im Einkommensteuerbescheid 2015 vom 31.03.2017 die Einnahmen aus Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte abzüglich des Werbungskosten-Pauschbetrages i.H.v. 102 EUR mit 10.698 EUR im Rahmen der Einkünfteermittlung, verwehrte jedoch den Ansatz der „Scheidungskosten” als außergewöhnliche Belastungen ohne nähere Begründung.

Mit hiergegen gerichtetem Einspruch vom 02.04.2017 machte die Klägerin erneut die Berücksichtigung der Aufwendungen aus dem Scheidungsverfahren vor dem Hintergrund verschiedener anhängiger Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) im Zusammenhang mit der Neuregelung der Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2013 geltend. Sie berief sich darauf, dass das Scheidungsverfahren im vorliegenden Fall die Unterhaltskosten und nicht den Vermögensausgleich betroffen habe.

Nachdem der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2015 aus in diesem Verfahren nicht behandelten anderweitigen Gründen am 13.04.2017 änderte, ließ er das Einspruchsverfahren zunächst wegen der anstehenden Entscheidungen des BFH gem. § 363 Abs. 2 S. 2 AO ruhen.

Mit Schreiben vom 21.11.2017 teilte der Beklagte der Klägerin ...

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