Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltssozietät: Haftung für nicht abgeführte Lohnsteur auf übernommene Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, Kammerbeiträge, DAV-Beiträge und Umlage der RA-Kammer für elektronisches Anwaltspostfach bei angestelltem Rechtsanwalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Übernimmt eine als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisierte Rechtsanwaltssozietät die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, Kammerbeiträge, DAV-Beiträge und die Umlage der RA-Kammer für elektronisches Anwaltspostfach eines angestellten Rechtsanwalts, wendet sie diesem lohnsteuerpflichtige geldwerte Vorteile zu, für die Lohnsteuerpflicht besteht und für deren Lohnsteuer die Sozietät haftet.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 42d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.10.2020; Aktenzeichen VI R 11/18)

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR, wendet sich gegen eine Haftungsinanspruchnahme für Lohnsteuer.

Bei der Klägerin fand am 13.04.2016 eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.2013 bis 29.02.2016 statt. Der Prüfer stellte im Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 22.04.2016 fest, dass die Klägerin für die angestellte Rechtsanwältin Frau A die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer, zum Deutschen Anwaltsverein und die Umlage der Rechtsanwaltskammer für das besondere elektronische Anwaltspostfach übernommen hatte. Nach Auffassung des Prüfers stellte die Übernahme der genannten Beiträge durch die Klägerin steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

Im Einzelnen handelte es sich dabei ausweislich des Prüfungsberichts um folgende Beträge:

• Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung:

2013 – 2016

jeweils 2.115,23 EUR jährlich (Fälligkeit Januar)

• Rechtsanwaltskammer:

2013

160 EUR (halbjährlich 80 EUR)

2014

190 EUR

2015

190 EUR

2016

95 EUR (1. Rate)

• Umlage Anwaltspostfach:

2015

63 EUR

2016

67 EUR

• Deutscher Anwaltsverein:

2013

200 EUR (1/4-jährlich 50 EUR)

2014

200 EUR

2015

200 EUR

2016

50 EUR (1. Rate)

Im Lohnsteueraußenprüfungsbericht wurde weiter festgehalten, dass die Nachversteuerung der o.g. Beträge im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung erfolge. Für die Jahre 2013 und 2014 ergehe eine Mitteilung an den zuständigen Veranlagungsbezirk zur weiteren Veranlassung. Für die Jahre 2015 und 2016 erfolge die Nachversteuerung durch Bruttoeinzelberechnung. Hierzu ermittelte der Prüfer ausweislich des Berichts folgende Beträge:

Name

Jahr

Konf.

Brutto

LSt

SolZ

Ev. KSt

A

2015

Ev

2.568,23

1.018,00

55,99

91,61

A

01-02/2016

Ev

2.327,23

806,17

44,34

72,55

Summe

1.824,17

100,33

164,16

Weiter heißt es im Prüfungsbericht, dass die Mehrsteuern der Arbeitnehmerin vom nächsten Nettolohn einzubehalten seien.

Wegen weiterer, im Klageverfahren nicht streitiger Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung wird auf den Prüfungsbericht vom 22.04.2016 Bezug genommen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Lohnsteueraußenprüfung an und erließ unter dem 25.04.2016 einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie, durch den die Klägerin als Arbeitgeberin gemäß § 42d Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum 01.01.2013 bis 29.02.2016 für Lohnsteuer i.H. von 1.824,17 EUR, Solidaritätszuschlag i.H. von 100.33 EUR und evangelische Kirchensteuer i.H. von 164,16 EUR in Anspruch genommen wurde. In der Begründung des Bescheids führte der Beklagte u.a. aus, dass die Klägerin als Haftende an Stelle des Arbeitnehmers in Anspruch genommen werde, weil ein Haftungsausschluss nicht vorliege, sie sich hiermit einverstanden erklärt habe und eine Haftung nicht unbillig erscheine, insbesondere ein entschuldbarer Rechtsirrtum nicht vorliege.

Gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 27.05.2016 Einspruch ein und bat vor der weiteren Begründung des Einspruchs um Akteneinsicht.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Beklagte führte aus, dass die Klägerin ihren Einspruch nicht begründet habe und eine erneute Prüfung des Haftungsbescheids keine Gründe ergeben habe, die zu einer Änderung hätten führen können. Der Arbeitgeber hafte gemäß § 42d EStG für die Lohnsteuer, die er bei der Auszahlung des Arbeitslohnes für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen habe. Führe eine Lohnsteueraußenprüfung zu einem Mehrergebnis, seien die entsprechenden Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber mit Haftungsbescheid geltend zu machen. Die Klägerin hafte deshalb für die in unzutreffender Höhe einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer.

Die Inanspruchnahme der Klägerin sei auch unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Das Entschließungsermessen sei zutreffend ausgeübt worden, da die Klägerin als Arbeitgeberin habe wissen müssen, dass es sich bei den von ihr übernommenen Beiträgen zur Berufshaftpflichtversicherung, Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein ihrer angestellten Rechtsanwältin um Arbei...

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