Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, Insolvenzverfahren, Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters bei Unternehmensfortführung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vorsteuern aus Leistungen eines Insolvenzverwalters einer GmbH & Co. KG sind auch dann nicht aufzuteilen, wenn der Insolvenzverwalter im Rahmen der Unternehmensfortführung steuerfreie Ausgangsumsätze ausführt.

2. Nach Auffassung des Senats ändert die Tatsache, dass der Insolvenzverwalter für einen gewissen Zeitraum die Unternehmenstätigkeit fortführt, nichts daran, dass es sich bei der Grundstücksveräußerung um einen Verwertungsumsatz handelt.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 2, §§ 2, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Vorsteuererstattungsanspruchs aus den Rechnungen des Insolvenzverwalters an die Insolvenzschuldnerin.

Am 01.08.2005 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts E (Az. xyz) über das Vermögen der T GmbH & Co.KG (Insolvenzschuldnerin) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestellt.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurden Insolvenzforderungen in einer Höhe von insgesamt 6.096.900,32 €, die ausschließlich aufgrund der Unternehmenstätigkeit der Insolvenzschuldnerin entstanden waren, angemeldet. Davon wurden nach Berichtigung 4.636.726,71 € als Schlussergebnis festgestellt (siehe Gläubigerschlussverzeichnis im Insolvenzverfahren, Bl. 64 der Gerichtsakte).

Der Kläger führte das Unternehmen zunächst fort und erzielte in den Jahren 2005 bis 2015 steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze in folgender Höhe:

Jahr

Steuerpflichtige Umsätze

Steuerfreie Umsätze

2005

1.848.519 €

2006

317.340 €

2007

65.373 €

2008

47.131 €

300.770 €

2009

21.766 €

2010

0

2011

0

2012

0

2013

0

2014

0

2015

0

Summe

2.300.129 €

300.770 €

Bei den steuerfreien Umsätzen handelte es sich um Umsätze aus der Grundstücksveräußerung des Betriebsgrundstücks G-Straße in M.

Am 09.07.2015 übersandte der Kläger in seiner Funktion als Insolvenzverwalter die Umsatzsteuerjahreserklärung der Insolvenzschuldnerin für das Jahr 2015 für den Zeitraum 01.01.2015 bis 07.07.2015 (Bl. 18 ff. der Gerichtsakte). Er erklärte dabei keine Umsätze, sondern lediglich Vorsteuern aus Rechnungen des Insolvenzverwalters in Höhe von 29.590,13 €, die sich wie folgt zusammensetzen:

Datum

Re-Nummer

Betrag (netto)

USt

Betrag (brutto)

30.06.2015

15/1298

139.453,37 €

26.496,14 €

165.949,51 €

30.06.2015

15/1299

16.284,18 €

3.093,99 €

19.378,17 €

Summe

155.737,55 €

29.590,13 €

185.327,68 €

Die Rechnung Nummer 15/1298 wies dabei als Leistungsgegenstand „Vergütung für den Insolvenzverwalter für die Zeit vom 28.07.2005 bis zum 28.05.2015” aus. Mit der Rechnung Nummer 1299/15 machte der Kläger „Auslagen für den Insolvenzverwalter für die Zeit vom 28.07.2005 bis 28.05.2015” geltend.

Mit Schreiben vom 15.07.2015 (Bl. 21 der Gerichtsakte) teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass ein Vorsteuerabzug nur insoweit in Betracht komme, als dass die Leistungen bei der Schuldnerin für den unternehmerischen Bereich bezogen worden seien. Der Beklagte bat den Kläger zugleich um Übersendung einer entsprechenden Aufstellung.

Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 10.08.2015 und teilte mit, dass eine Aufteilung nicht erforderlich sei, da die Insolvenzschuldnerin während ihrer aktiven Geschäftstätigkeit ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende steuerpflichtige Umsätze getätigt habe (Bl. 21 R ff. der Gerichtsakte).

Mit gem. § 164 Abs. 1 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Umsatzsteuerbescheid 2015 vom 12.10.2015 erkannte der Beklagte den geltend gemachten Vorsteuerabzug nur in Höhe von 26.169,52 € (88,44%) an. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass sich im Vermögen der Insolvenzschuldnerin Grundstücke befunden hätten, deren Veräußerungen nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei erfolgt seien. Der Vorsteuerabzug sei ausgeschlossen, soweit er auf diese Umsätze entfalle. Für seine Berechnung setzte der Beklagte die steuerfreien Umsätze aus der Veräußerung des Betriebsgeländes (300.770 €) ins Verhältnis zu den steuerpflichtigen Umsätzen der Jahre 2005 bis 2015 (2.300.129 €).

Hiergegen legte der Kläger am 22.10.2015 Einspruch ein. Er trug vor, dass für die Höhe des Vorsteuerabzugs ausschließlich die frühere Unternehmertätigkeit der Insolvenzschuldnerin maßgeblich und somit ein vollständiger Vorsteuerabzug möglich sei. Unerheblich seien demgegenüber die Verwertungsumsätze im Rahmen des Insolvenzverfahrens.

Mit Einspruchsentscheidung vom 01.02.2017 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Im vorliegenden Fall sei nicht allein die frühere unternehmerische Tätigkeit für die Gewährung des Vorsteuerabzugs maßgeblich, da das Unternehmen der Insolvenzschuldnerin über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus fortgeführt worden sei. Diese Fallkonstellation habe der BFH noch nicht entschieden. Im Streitfall müsse eine Aufteilung der abziehbaren Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG erfolgen.

Mit seiner am 21.02.201...

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