Entscheidungsstichwort (Thema)

Ernstliche Zweifel an Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke

 

Leitsatz (redaktionell)

1) An der Verfassungsmäßigkeit des § 4h EStG i.V.m. § 8a Abs. 1 KStG bestehen ernstliche Zweifel.

2) Eine AdV wegen verfassungsrechtlicher Zweifel setzt voraus, dass ein (besonderes) berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht.

 

Normenkette

KStG § 8a; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2; GG Art. 19 Abs. 4; EStG § 4h

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.12.2013; Aktenzeichen I B 85/13)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4h des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1, § 8a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in den für das Streitjahr geltenden Fassungen – sog. Zinsschranke – eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) des gegenüber der Antragstellerin ergangenen Körperschaftsteuerbescheides 2008 rechtfertigen.

Die Antragstellerin ist eine GmbH, deren Stammkapital Mitte des Jahres 2007 aus Gesellschaftsmitteln (Kapital- und Gewinnrücklagen) um 20 Mio. EUR auf 50 Mio. EUR erhöht wurde. Gesellschafter der Antragstellerin waren zu diesem Zeitpunkt und im Streitjahr 2008 die X. Finanzbeteiligungs-GmbH & Co KG zu 50 %, A. X. zu 20 % (bzw. unter Berücksichtigung von Nießbrauchsrechten zu 30 %) und dessen Kinder B. X. und C. X. zu jeweils 15 % (bzw. unter Berücksichtigung von Nießbrauchsrechten zu jeweils 10 %). A. X. war außerdem Ende des Streitjahres 2008 unmittelbar zu 94 % und mittelbar (über die X. Beteiligungs GmbH) zu 6 % an der X. Finanzierungsbeteiligungs-GmbH & CO KG beteiligt.

Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin ist der … Dabei ist die Antragstellerin besonders stark von der Entwicklung in der Y. branche abhängig. Die Betriebsgrundstücke und weitgehend auch die Betriebsgebäude wurden von einer weiteren zum Konzern gehörenden Gesellschaft, der X. GmbH & Co KG, angepachtet. Am 31.12.2008 hielt die Antragstellerin 99%-ige bzw. 100%-ige Beteiligungen an dreizehn Tochtergesellschaften im Ausland.

In ihren Jahresabschlüssen zum 31.12.2007 und 31.12.2008 wies die Antragstellerin u.a. die nachfolgenden Positionen aus (hier alle Beträge auf TEUR gerundet):

31.12.2007 – TEUR –

31.12.2008 – TEUR –

Bilanzsumme

Eigenkapital

– Gezeichnetes Kapital

– Genussrechtskapital

– Bilanzgewinn

Verbindlichkeiten ggü. Kreditinstituten

Verbindlichkeiten ggü. verbundenen Unternehmen

Verbindlichkeiten ggü. Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht

Umsätze

Jahresüberschuss

Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

(davon aus verbundenen Unternehmen)

Zinsen und ähnliche Aufwendungen

(davon an verbundene Unternehmen)

Vergütung für Genussrechtskapital

Das Genussrechtskapital betrifft fünf Genussrechtsvereinbarungen aus dem Jahr 2007 im Nennbetrag von jeweils 3 Mio. EUR zwischen der Antragstellerin und der X. GmbH & Co KG (vgl. Prüfungsbericht zum Jahresabschluss 31.12.2008, S. 45 und Anlage 3/4).

Die Bankverbindlichkeiten zum 31.12.2008 beruhten u.a. auf einem Schuldscheindarlehen der Landesbank Baden-Württemberg über 20 Mio. EUR und einem Konsortialkreditvertrag über einen Rahmenkredit i.H.v. 50 Mio. EUR, der zum 31.12.2008 i.H.v. rd. 47,4 Mio. EUR in Anspruch genommen worden war. Bei Nichteinhaltung bestimmter Finanzkennzahlen sollte eine Absicherung in nomineller Höhe von 26 Mio. EUR auf dem Grundvermögen der X. GmbH & Co KG erfolgen (Prüfungsbericht zum Jahresabschluss 31.12.2008, S. 20).

Die Antragstellerin erklärte in ihrer Körperschaftsteuererklärung 2008 einen Gesamtbetrag der Einkünfte und ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. ./. 1.792.360 EUR. Darin enthalten waren nach ihren Angaben Zinsaufwendungen i.S. des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG i.H.v. 9.324.378 EUR, von denen sie 2.264.561 EUR als abziehbar und 7.059.817 EUR als nicht abzugsfähig ansah. Unter dem Vorbehalt der Nachprüfung setzte der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) dementsprechend die Körperschaftsteuer 2008 mit 0 EUR fest und stellteeinen verbleibenden Zinsvortrag nach § 8a Abs. 1 KStG i.V.m. § 4h EStG i.H.v. 7.059.817 EUR fest (Bescheid vom 08.03.2010).

Nachfolgend führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Herne bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2009 durch. Unter Tz. 2.11.2 i.V.m. Anlage 8 des Betriebsprüfungsberichts vom 08.12.2011 (Bp-Bericht), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ermittelten die Prüfer das zu versteuernde Einkommen der Antragstellerin für das Streitjahr 2008 – hier verkürzt dargestellt – wie folgt:

Einkünfte der Antragstellerin zzgl. Einkommen der Organgesellschaft vor Einschränkung des Zinsabzugs

EUR

+ nicht abziehbarer Zinsaufwand gem. § 4h EStG

(6.307.311 EUR von insgesamt 9.599.378 EUR Zinsaufwand)

EUR

./. abziehbare Zuwendungen

EUR

./. Verlustrücktrag aus 2009

54.416.486 EUR, max. gem. § 10d EStG

EUR

zu versteuerndes Einkommen 2008

EUR

Für das Folgejahr 2009 ermittelten die Prüfer folgende Werte (lt. Anlage 8 des Bp-Berichts, die von dessen Tz. 2.11.2 abweicht):

Einkünfte der ...

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