Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert für die Kosten anwaltlicher Vertretung im Einspruchsverfahren gegen die Ablehnung von Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird im Einspruchsverfahren über die Ablehnung der Gewährung von Kindergeld sowohl für zurückliegende Monate als auch über den zukünftig weiterbestehenden Kindergeldanspruch positiv entschieden, wird bei der Berechnung des Streitwerts für die Erstattung der Anwaltskosten der einfache Jahreswert hinzugerechnet.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 1 S. 1, § 52 Abs. 3 S. 1

 

Tatbestand

I.

In der Hauptsache streiten die Antragstellerin und die Familienkasse … über die Höhe der für ein Einspruchsverfahren zu erstattenden Kosten.

Die Familienkasse lehnte den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Kindergeld für die volljährige Tochter T. zunächst ab Juli 2014 ab, weil die Tochter nicht mehr bei der Arbeitsvermittlung als arbeitssuchend geführt werde. Hiergegen legte die Antragstellerin – anwaltlich vertreten – Einspruch ein. Dieser Einspruch hatte in der Sache Erfolg. Mit Bescheid vom 15.10.2014 setzte die Familienkasse Kindergeld für T. ab Juli 2014 laufend fest. Zugleich lehnte sie die Erstattung der Aufwendungen des Einspruchsverfahrens ab, weil die für die Entscheidung notwendigen Unterlagen erst während des Einspruchsverfahrens eingereicht worden seien.

Gegen die Kostenentscheidung legte die Antragstellerin Einspruch ein, weil der Familienkasse alle notwendigen Unterlagen bereits mit dem Kindergeldantrag übermittelt worden seien. Auch diesem Einspruch half die Familienkasse ab und erließ eine positive Kostengrundentscheidung.

Die Antragstellerin beantragte daraufhin die Erstattung von Kosten in Höhe von 334,75 EUR, die sie nach einem Gegenstandswert von 2.944,– EUR wie folgt berechnete:

Geschäftsgebühr 1,3

261,30 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation

20,00 EUR

Zwischensumme

281,30 EUR

19 % Umsatzsteuer

53,45 EUR

zu zahlender Betrag

334,75 EUR

Die Familienkasse setzte die zu erstattenden Kosten demgegenüber lediglich auf 147,56 EUR fest. Dabei ging sie von einem Gegenstandswert in Höhe von 1.000,– EUR aus. Da der Abhilfebescheid vom 15.10.2014 eine Regelung über Kindergeld für vier Monate á 184,– EUR treffe, betrage der Gegenstandswert lediglich 736,– EUR. Da der Mindeststreitwert von 1.000,– EUR unterschritten werde, komme dieser zum Tragen.

Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, den sie damit begründete, dass dem Gegenstandswert für vier Monate noch ein Jahresbetrag nach § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) hinzuzurechnen sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Kindergeldantrag offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen gehabt habe. Überdies wies die Antragstellerin darauf hin, dass der Mindeststreitwert nicht 1.000,– EUR, sondern 1.500,– EUR betrage.

Die Familienkasse wies den Einspruch als unbegründet zurück. Nach der ab dem 1.8.2013 geltenden Neuregelung des GKG sei der Jahresbetrag des Kindergeldes nicht mehr hinzuzurechnen. Der Mindestwert von 1.500,– EUR gelte nach der ausdrücklichen Regelung in § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG für Verfahren in Kindergeldangelegenheiten nicht.

Hiergegen hat die Antragstellerin Klage erhoben, für die sie Prozesskostenhilfe beantragt und über die noch nicht entschieden wurde.

Sie beantragt,

ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin RA aus T-Stadt zu bewilligen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist in vollem Umfang begründet.

Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung erhält ein Antragsteller, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn nach Aktenlage bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache spricht. Das Gericht muss bei überschlägiger Betrachtung den Rechtsstandpunkt des Antragstellers nach dessen Sachdarstellung und dem Inhalt der vorhandenen Akten für zutreffend oder zumindest vertretbar halten und/oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt sein (BFH-Beschluss vom 29.3.2000 XI B 147/99, BFH/NV 2000, 952).

Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Erstattung von Kosten in der beantragten Höhe von 334,75 EUR.

Die Höhe der auf Antrag nach § 77 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts festzusetzenden Kosten richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG). Dass die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG mit dem Faktor 1,3 anzusetzen ist, ist zwischen den Beteiligten des Hauptsacheverfahrens nicht streitig.

Der maßgebliche Gegenstandswert dürfte jedo...

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