Entscheidungsstichwort (Thema)

Klägerbezeichnung im Prozess um Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

War der Einspruchsbescheid an den Vater adressiert und legt dieser als Bevollmächtigter des Kindes Klage ein, so stellt eine später beantragte Rubrumsänderung eine Klageänderung dar.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4; FGO § 65 Abs. 1, § 67 Abs. 1; EStG § 70 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig war die Zahlung von Kindergeld. Zwischenzeitlich ist die Hauptsache für erledigt erklärt worden. Der Kostenbeschluss steht noch aus. Es ist vorab über PKH zu entscheiden.

Durch Bescheid vom 14.2.2005 hat der Beklagte gegenüber Herrn E 1 als Vater von E 2 Kindergeld ab Januar 2004 gemäß § 70 Abs. 4 EStG aufgehoben, da die Einkünfte und Bezüge nach der Berechnung des Beklagten den Grenzbetrag von 7.680 Euro gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überstiege. Hiergegen legte der Vater E 1 am 17.3.2005 Einspruch ein (Bl. 264 d. Kindergeldakte). Durch Einspruchsentscheidung vom 20.4.2005 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Einspruch war an den Vater E 1 gerichtet.

Der Klägervertreter reichte am 28.4.2005 gegen diesen Bescheid Klage beim Sozialgericht T ein. Diese Klage war als solche des Sohnes E 2, vertreten durch den Vater E 1 bezeichnet. Es hieß dort wörtlich:

„Der am 5.3.1983 geborene Kläger ist Kind der Eheleute E. Er befindet sich in der Berufsausbildung und lebt im Elternhaus. Mit Bescheid vom 14.2.2005 hob der Beklagte eine bis dato bestehende Entscheidung über die Zahlung von Kindergeld mit Wirkung ab Januar 2004 auf, dagegen legte der Vater des Klägers, entsprechend bevollmächtigt, Widerspruch ein.”

Der Klägervertreter beantragte gleichzeitig Prozesskostenhilfe unter Beiziehung seiner Person.

Der Klageschrift beigefügt war die an den Vater E 1 adressierte Einspruchsentscheidung vom 20.4.2005.

Da der Sozialgerichtsweg für diese Klage nicht gegeben war, wurde die Klage durch Beschluss vom 13.6.2005 gemäß § 17a GVG mit Zustimmung der Beteiligten an das zuständige Finanzgericht Münster verwiesen.

Der Klägervertreter wurde vom zuständigen Berichterstatter am 15.7.2005 darauf hingewiesen, dass ggf. die falsche Person als Kläger auftrete. Daraufhin beantragte der Klägervertreter Rubrumsänderung. Eine Entscheidung hierüber wurde zunächst zurückgestellt.

Durch Bescheid vom 23.2.2006 wurde seitens des Beklagten dem Klagebegehren entsprochen und die Hauptsache in der Folge von beiden Beteiligten für erledigt erklärt (Bl. 60 und Bl 61 d. GA). Mit Schreiben vom 20.7.2006 wurde dem Klägervertreter mitgeteilt, dass der Berichterstatter nach vorläufiger rechtlicher Einschätzung die Klage für unzulässig hielte, da der Sohn als Kläger aufgetreten sei, aber nicht beschwert gewesen sei. Dieser Ansicht konnte sich der Klägervertreter im Schreiben vom 8.8.2006 nicht anschließen. Er hielt seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe wie Rubrumsänderung weiter aufrecht.

Der Kläger beantragt,

ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Klägervertreters zu bewilligen.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Unter den gleichen Voraussetzungen kann auch ein Rechtsanwalt beigeordnet werden (§ 142 FGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO).

Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn hierfür bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Dies ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist.

Im vorliegenden Fall hatte die Sache auch bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg, da die Klage unzulässig war.

Kläger war der Sohn E 2, der durch den angegriffenen Bescheid nicht beschwert war. Eine Auslegung in dem Sinne, dass der Kläger hier der Vater des Klägers war, ist aufgrund des eindeutigen Wortlautes der Klage und einer von Anfang an nicht erkennbaren anderen Parteibezeichnung nicht möglich.

Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klageschrift den (richtigen) Kläger bezeichnen. Dabei ist die Klageschrift als Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zugänglich (BFH-Beschluss vom 16.8.2001 V B 51/01, BFHE 196, 16, BStBl II 2001, 767) Eine solche Auslegung hat sich zum einen an dem Wortlaut der Klageschrift, aber auch an der für Gericht und Gegner von Anfang an klar erkennbaren Parteibezeichnung zu orientieren (BGH-Urteil vom 21.11.1975 I ZR 93/74, Versicherungsrecht 1976, 286).

Im vorliegenden Fall wird von dem Klägervertreter eindeutig der Sohn als Kläger bezeichnet. Der Vater, an den die Einspruchsentscheidung adressiert war, sollte nur als B...

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