Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammenveranlagung und Aufteilung der ESt-Schuld im Insolvenzverfahren, Beiladung des Insolvenzschuldners

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Insolvenzschuldner ist unter den Voraussetzungen des § 174 Abs. 5 Satz 2 AO zum Verfahren des Insolvenzverwalters gegen den ESt-Bescheid wegen Aufteilung von Einkünften auf die Insolvenzmasse und das insolvenzfreie Vermögen beizuladen.

2) Der Insolvenzschuldner ist ungeachtet seiner im Insolvenzverfahren fortbestehenden ESt-Schuldnerschaft „Dritter” i.S.d. § 174 Abs. 5 Satz 2 AO in Bezug auf Angelegenheiten, die nicht in die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters fallen (gegen FG Düsseldorf v. 21.7.2016 – 11 K 613/13, EFG 2016, 1906).

3) Der Ehepartner des Insolvenzschuldners ist nur beizuladen, wenn das FA auch für diesen den insoweit erforderlichen Antrag stellt.

 

Normenkette

EStG § 26a; AO § 174 Abs. 5 S. 2

 

Tatbestand

I.

Zu entscheiden ist über die Beiladung des Herrn B und seiner mit ihm zusammenveranlagten Ehefrau zum vorliegenden Klageverfahren. In diesem ist streitig, wie deren Einkünfte im Streitjahr 2008 auf die Insolvenzmasse und das insolvenzfreie Vermögen zu verteilen sind.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B (nachfolgend: Insolvenzschuldner). Die Insolvenzeröffnung erfolgte durch Beschluss des Amtsgerichts D vom ….05.2007 (Az. … IN …/06). Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Der Insolvenzschuldner ist mit Frau E verheiratet und lebt mit dieser zusammen.

Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 2008 erließ der Beklagte am 06.06.2011 einen Einkommensteuerbescheid auf Schätzungsgrundlage, mit welchem der Insolvenzschuldner und seine Ehefrau gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Dieser Einkommensteuerbescheid wurde an den Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners und an die Ehefrau des Insolvenzschuldners bekanntgegeben. Die Einkommensteuer wurde auf 7.574,00 EUR festgesetzt.

Nach Einspruchseinlegung reichte der Kläger im Rahmen des Einspruchverfahrens am 08.07.2011 eine Einkommensteuererklärung ein. In der Einkommensteuererklärung, die allein durch den Kläger und nicht auch durch die Ehefrau des Insolvenzschuldners unterzeichnet war, wurde die Zusammenveranlagung beantragt. Erklärt wurden folgende Einkünfte, die der Höhe nach auch im vorliegenden Klageverfahren unstreitig sind:

Insolvenzschuldner

Ehefrau

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

21.400,00

Einkünfte aus selbst. Arbeit

13.378,00

Einkünfte aus Kapitalvermögen

967,00

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

1.584,00

Renteneinkünfte (34.237,00 EUR, hiervon stpfl.:)

17.101,00

Zur Begründung des Einspruchs führte der Kläger aus, dass eine Zusammenveranlagung mit der Ehefrau des Insolvenzschuldners erfolgen müsse; das Veranlagungswahlrecht sei durch ihn als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners auszuüben. Weiterhin dürfe die Einkommensteuer nur insoweit gegenüber ihm als Insolvenzverwalter festgesetzt werden, als es sich bei der Einkommensteuer um eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 InsO handele. Dies richte sich danach, ob die der Besteuerung zugrundliegenden Einkünfte in die Insolvenzmasse oder in das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners fließen würden. Nach Auffassung des Klägers waren die Einkünfte des Insolvenzschuldners aus selbständiger Tätigkeit und die Renteneinkünfte dem insolvenzfreien Vermögen zuzuordnen. Hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien lediglich die Mieteinnahmen für Januar 2008 in Höhe 835,00 EUR der Insolvenzmasse zuzuordnen. Denn auf Antrag einer Grundpfandgläubigerin habe das Amtsgericht F mit Beschluss vom 08.02.2008 (Az. …/08) die Zwangsverwaltung des Grundstücks angeordnet, so dass die Mieten ab Februar 2008 an die Grundpfandgläubigerin gezahlt worden seien.

Am 31.08.2011 reichte die Ehefrau des Insolvenzschuldners eine Einkommensteuererklärung ein, in der sie die getrennte Veranlagung beantragte. Hinsichtlich der Höhe der Einkünfte ergab sich keine Abweichung zur Steuererklärung des Klägers.

Im Rahmen des Einspruchverfahrens erließ der Beklagte am 03.09.2012 einen geänderten Bescheid für 2008 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für die Eheleute B und E, adressiert an den Insolvenzverwalter für den Insolvenzschuldner und an die Ehefrau. Mit diesem Bescheid wurde eine Zusammenveranlagung vorgenommen und die Einkommensteuer auf 6.326,00 EUR herabgesetzt.

Die Ehefrau des Insolvenzschuldners beantragte daraufhin mit Schreiben vom 11.09.2012 die Aufteilung der Steuerschuld gem. § 268 AO. Am 21.12.2012 erließ der Beklagte daraufhin einen Aufteilungsbescheid, mit welchem die Einkommensteuer nebst Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und steuerlicher Nebenleistungen zwischen dem „Insolvenzverwalter für Herrn B” und dessen Ehefrau aufgeteilt wurde. Gegen diesen Aufteilungsbescheid legte der Kläger am 28.12.2012 Einspruch ein. Daraufhin erging ein geänderter Aufteilungsbescheid vom 10.1.2...

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