Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des § 12 Abs. 3 BewG im Rahmen der Einkommensteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob eine mehr als ein Jahr nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung fällig werdende unverzinsliche Forderung gemäß § 12 Abs. 3 BewG für Zwecke der Einkommensbesteuerung abzuzinsen ist und der Zinsanteil bei Zahlung der Forderung zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt.

 

Normenkette

BewG § 12 Abs. 3; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 6 Abs. 1 Nr. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.09.2011; Aktenzeichen VIII B 70/09)

BFH (Beschluss vom 12.09.2011; Aktenzeichen VIII B 70/09)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob eine mehr als ein Jahr nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung fällig werdende Ausgleichsforderung nach § 12 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) abzuzinsen ist und der Zinsanteil bei Zahlung der Ausgleichsforderung zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt.

Am 04.11.1994 schlossen die Antragsteller (Ast.) in notarieller Form eine ehevertragliche Vereinbarung (UR-Nr. 688/1994 des Notars F in B), in der der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet wurde und der Ast. sich verpflichtete, „an seine Ehefrau (Antragstellerin – Astin. –) einmalig einen spätestens am 31.12.1999 zinslos fälligen Ausgleichsbetrag in Höhe von 600.000 DM zu zahlen. Im Streitjahr 2002 zahlte der Ast. diesen Betrag an die Astin. Der Antragsgegner (Ag.) zerlegte diese Zahlung auf der Grundlage des § 12 Abs. 3 BewG in eine Kapitalrückzahlung und eine Zinszahlung nach § 20 Abs. 1 Nr. Einkommensteuergesetz (EStG). Im nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuer(ESt)-Bescheid vom 12.12.2008 erhöhte der Ag. die Einkünfte aus Kapitalvermögen der Astin. deswegen um 72.092,00 EUR und setzte die ESt auf 202.952,00 EUR fest. Von 2006 – 2008 fand bei den Ast. eine Steuerfahndungsprüfung statt.

Über den am 16.12.2008 gegen den ESt-Änderungsbescheid eingelegten Einspruch hat der Ag. bislang nicht entschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des gesamten Nachzahlungsbetrages in Höhe von 46.505,51 EUR ohne Sicherheitsleistung lehnte der Ag. mit Verfügung vom 23.01.2009 ab. Den mit Schriftsatz vom 27.01.2009 wiederholt gestellten Antrag auf AdV aller strittigen Steuerbeträge lehnte der Ag. mit Verfügung vom 30.01.2009 ab.

Mit dem am 09.02.2009 bei Gericht eingereichten Antrag auf AdV tragen die Ast. vor, dass § 12 Abs. 3 BewG lediglich kraft Verweisung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG Bedeutung für die Bewertung von Forderungen und Verbindlichkeiten im Rahmen der Gewinneinkunftsarten habe. § 12 Abs. 3 BewG stelle jedoch keine Einkommensbesteuerungsgrundlage dar. Eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auf die Überschusseinkunftsarten verstosse gegen das Rechtsstaatsgebot des Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG).

Auch dem Wortlaut nach könne der § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht als Besteuerungsgrundlage herangezogen werden. Denn die Norm setze entweder die Rückzahlung von Kapitalvermögen oder ein zugesagtes oder gewährtes Entgelt für die Nutzung überlassenen Kapitalvermögens voraus. Beide Tatbestandsalternativen seien vorliegend nicht erfüllt. Die erste Tatbestandsalternative des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG liege nicht vor, weil der Ast. seiner Ehefrau mit der Zahlung des Betrages von 600.000 DM als Zugewinnausgleich nichts zurückgezahlt habe. Die zweite Tatbestandsalternative liege nicht vor, weil der Ast. seiner Ehefrau mit der Zahlung von 600.000 DM nur die ermittelte Summe des Zugewinnausgleichs gezahlt habe und ein zugesagtes oder gewährtes Entgelt für die Stundung der Forderung gerade nicht gewollt gewesen sei und auch nicht geregelt worden sei. Vielmehr ergebe sich aus dem Umkehrschluss aus § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG, dass nach dem Willen des Gesetzgebers andere als die dort erwähnten abgezinsten Kapitalforderungen gerade keine Einkommensteuerpflicht auslösen sollten.

Die Rechtsauffassung des Ag. verstoße auch gegen das Prinzip der Einkommensbesteuerung nach der Leistungsfähigkeit, da fiktive Einnahmen nicht die Leistungsfähigkeit erhöhten. Auch verstoße sie gegen das Gebot der Gleichbehandlung, da beispielsweise eine unentgeltliche Überlassung von Sachgütern – etwa die kostenlose Überlassung einer Wohnung – beim überlassenden Ehegatten auch nicht zu einer Zurechnung von fiktiven Einkünften führen würde. Hätte etwa der Ast. im Rahmen der hier streitigen ehevertraglichen Vereinbarung seiner Ehefrau eine Immobilie auf einen entsprechend späteren Zeitpunkt übertragen, so wären auch nicht bei der Ehefrau einkommensteuerrechtlich Einkünfte unterstellt worden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Ast. zusammenveranlagte Eheleute seien, ergebe sich unter dem Gesichtspunkt einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit durch die zinslose Stundung der Zugewinnausgleichsschuld des Ehemannes gegenüber seiner Ehefrau ein „Null-Summen-Spiel”. In dem Maße, in dem der Ehefrau (fiktiv) Zinseinnahmen zugerechnet würden, müßte eine entsprechende verzinsliche Schuld des Ehemannes analog § 12 Abs...

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