Entscheidungsstichwort (Thema)

LSt-Haftung im vorläufigen Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Dem Geschäftsführer einer insolventen GmbH ist kein grobes Verschulden für die Nichtabführung von Lohnsteuer vorzuwerfen, wenn das Insolvenzgericht angeordnet hat, dass Zahlungen aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters geleistet werden dürfen und der Sachwalter die Zustimmung zur Abführung der Lohnsteuer ausdrücklich versagt hat.

2) Dies gilt ungeachtet dessen, ob die Anordnung eines solchen Zustimmungsvorbehalts durch das Insolvenzgericht im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung zulässig ist.

 

Normenkette

AO §§ 69, 191; GmbHG § 35; InsO §§ 270a, 21; AO § 34

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsgegner die Antragsteller zu Recht als Haftungsschuldner für Umsatzsteuerrückstände in Anspruch genommen hat.

Die Antragsteller sind bzw. waren Geschäftsführer der Firma P GmbH.

Am 00.11.2014 stellte die Firma P GmbH beim Amtsgericht Q einen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung. Mit Beschluss vom 00.11.2014 ordnete das Amtsgericht Q die vorläufige Eigenverwaltung an und bestellte Herrn Rechtsanwalt RA zum vorläufigen Sachwalter. Zugleich ordnete das Amtsgericht Q in seinem Beschluss gem. §§ 270a, 21 Abs. 1 Satz 1 InsO an, dass Zahlungen aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.v. § 37 AO sowie Zahlungen auf Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung i.S.v. § 266a StGB nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters geleistet werden dürfen.

Mit Schreiben vom 26.11.2014 teilte der vorläufige Sachwalter mit, dass er einer Zahlung der Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung sowie der Zahlung von Steuern während des vorläufigen Insolvenzverfahrens ausdrücklich nicht zustimme.

Mit Beschluss vom 00.04.2015 wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet und Herr RA als Sachwalter bestellt.

Mit Datum vom 16.11.2016 erließ der Antragsgegner jeweils einen Haftungsbescheid nach §§ 191 Abs. 1 i.V.m. §§ 69, 34 AO über xxx € gegenüber den Antragstellern für Umsatzsteuerrückstände der P GmbH. Der Betrag sollte spätestens am 21.12.2016 an den Antragsgegner gezahlt werden. Insgesamt belaufen sich die Umsatzsteuerrückstände auf xxx €, wegen der Zusammensetzung der Rückstände wird auf die Anlage 1 zum Haftungsbescheid verwiesen. Der Antragsgegner ging bei der Berechnung des Haftungsbetrages von einer Haftungsquote in Höhe von 39,10% aus, wegen der Berechnung der Haftungsquote und des Haftungsbetrages im Einzelnen wird auf die Anlage 2 zum Haftungsbescheid verwiesen. Als Beginn des Haftungszeitraums legte der Antragsgegner den 10.02.2015 fest.

Gegen den Haftungsbescheid legten die Antragsteller form- und fristgerecht Einspruch ein und beantragten zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung tragen sie zum einen vor, dass die Haftung der Geschäftsführung spätestens mit Insolvenzantragstellung am 26.11.2014 geendet habe. Jedenfalls führe aber die Anordnung des Zustimmungsvorbehalts durch das Amtsgericht in Verbindung mit der Tatsache, dass der vorläufige Sachwalter die Zustimmung nicht erteilt habe dazu, dass die Zahlung für die Geschäftsführer rechtlich unmöglich geworden sei. Jedenfalls aber läge aufgrund der fehlenden Zustimmung des vorläufigen Sachwalters kein Verschulden der Antragsteller vor. Hilfsweise wenden sich die Antragsteller auch insoweit gegen die Berechnung der Haftungsquote, als dass die Planquotenausschüttung in Höhe von xxx € (5% von xxx €) zu berücksichtigen sei.

Die Antragsteller beantragen,

  1. die Vollziehung des Haftungsbescheides des Antragsgegners vom 16.11.2016 bis zur rechtskräftigen Entscheidung ohne Sicherheitsleistung auszusetzen;
  2. soweit die Aussetzung der Vollziehung gewährt wird, die Verwirklichung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben;
  3. im Unterliegensfall die Beschwerde zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsgegner trägt vor, die Rechtsposition des Geschäftsführers als gesetzlicher Vertreter und dessen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis werde durch die Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung nicht beschränkt. Die Antragsteller seien deshalb unter Beachtung des Grundsatzes der anteiligen Tilgung zur Zahlung der Umsatzsteuer verpflichtet. Er verweist in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des FG Münster vom 06.02.2017 (Az: 7 V 3973/16 U). Bereits die gerichtliche Anordnung, dass Zahlungen aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters geleistet werden dürfen, jedenfalls aber die Verweigerung der Zustimmung durch den Insolvenzverwalter hätten die Geschäftsführer dazu veranlassen müssen, die Durchführung der vorläufigen Eigenverwaltung in Frage zu stellen. Wenn die Geschäftsführer trotz der vom Insolvenzgericht angeordneten Beschränkungen die Aufgaben übernehmen, müssten sie aber wegen der bestehenden Verwaltungs- und Verfügungs...

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