rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausweis von deutscher Umsatzsteuer im Versandhandel nach Österreich für eigentlich nach § 3c UStG in Österreich umsatzsteuerpflichtige Umsätze: Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG. Erstattungsanspruch des Unternehmers bezüglich der deutschen Umsatzsteuer bei Berichtigung des unrichtigen Steuerausweises ohne Rückzahlung der vereinnahmten deutschen Umsatzsteuer an die österreichischen Leistungsempfänger und ohne Abführung der in Österreich bereits verjährten österreichischen Umsatzsteuer an den österreichischen Fiskus im Fall einer Bruttopreisabrede

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat der Unternehmer für Umsätze im Versandhandel nach Österreich in den Rechnungen deutsche Umsatzsteuer ausgewiesen und an den deutschen Fiskus abgeführt, obwohl die Lieferschwelle nach § 3c UStG überschritten war und die Umsätze deswegen in Österreich umsatzsteuerbar und -pflichtig waren, so schuldet er die deutsche Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG. Das unabhängig davon, ob es sich bei den österreichischen Leistungsempfängern um Unternehmer oder Nichtunternehmer handelt.

2. Hat der Unternehmer mit den Kunden Bruttopreisabreden getroffen, bei denen die im verlangten Gesamtpreis enthaltene Umsatzsteuer als unselbständiger Bestandteil der geschuldeten Vergütung behandelt wird, und berichtigt er später die Rechnungen gegenüber den österreichischen Kunden, wobei statt der deutschen nunmehr österreichische Umsatzsteuer ausgewiesen wird, so hat er gegenüber dem deutschen Finanzamt auch dann Anspruch auf Erstattung der bis zur Berichtigung nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldeten deutschen Umsatzsteuer, wenn die deutsche Umsatzsteuer infolge der Bruttopreisabreden nicht an die Kunden zurückgezahlt worden ist und wenn die österreichische Finanzverwaltung die entstandene österreichische Umsatzsteuer für die Lieferungen des Unternehmers an die österreichischen Kunden wegen Festsetzungsverjährung nach § 207 der österreichischen Bundesabgabenordnung nicht mehr geltend machen kann; es ist bei diesem Sachverhalt kein Fall einer ungerechtfertigten Bereicherung des Unternehmers gegeben.

3. Die Berichtigung des Steuerbetrags gegenüber dem Leistungsempfänger ist steuerrechtlich in zeitlicher Sicht unbegrenzt möglich. Da einer Rechnungsberichtigung im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG keine Rückwirkung zukommt, ist eine eventuell eintretende Festsetzungsverjährung für das Jahr der Entstehung der Steuerschuld nach § 14c UStG ohne Bedeutung.

 

Normenkette

UStG § 14c Abs. 1 S. 1, § 14c Ab S. 2, § 17 Abs. 1; MwStSystRL Art. 203; UStG 2004 § 3c Abs. 1, 3 S. 2 Nr. 2

 

Tenor

1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2015 vom 7. April 2017 und der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2018 wird die Umsatzsteuer für 2015 auf den negativen Betrag von 719.291,31 EUR festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Klägerin aufgrund von Rechnungsberichtigungen gezahlte Umsatzsteuer erstattet werden kann.

Die Klägerin erzielt steuerpflichtige Umsätze mit dem Betrieb eines Onlineshops für Nahrungsergänzungsmitteln, Naturkosmetik, homöopathische Mittel und Accessoires. Sie führte dabei in den Jahren 2004 bis 2014 Lieferungen von Deutschland an private Kunden in Österreich aus und versteuerte diese in Deutschland, obwohl die Lieferschwelle nach § 3c des Umsatzsteuergesetzes in der in diesen Jahren jeweils geltenden Fassung (UStG) überschritten war. Die Besteuerung für diese Lieferungen wäre danach in Österreich vorzunehmen gewesen. Sie stellte hierüber auch Rechnungen aus, in denen deutsche Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen war. Die in den Rechnungen ausgewiesene (deutsche) Umsatzsteuer wurde von der Klägerin in ihren Umsatzsteuererklärungen erklärt. Für die Jahre 2003 bis 2009 bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfungen ergaben insoweit keine Beanstandungen. Die gegenüber der Klägerin in Deutschland für 2004 bis 2009 ergangenen Umsatzsteuerbescheide sind bestandskräftig.

Nachdem das Finanzamt X/Österreich die Klägerin mit Schreiben vom 25. April 2014 darauf hingewiesen hatte, dass die für Österreich maßgebliche Lieferschwelle im sog. Versandhandel ab 1. Januar 2011 von 100.000,– EUR auf 35.000,– EUR gesenkt wurde, zeigte die Klägerin der österreichischen Finanzverwaltung mit Schreiben vom 30. Juli 2014 an, dass die maßgebliche Lieferschwelle für die Umsätze von 2004 bis 2014 überschritten worden und deshalb für diesen Zeitraum österreichische Umsatzsteuer entstanden sei. Die Klägerin reichte deshalb bei der österreichischen Finanzverwaltung für die Jahre 2009 bis 2013 und die Monate Januar bis Mai 2014 Steuererklärungen ein, nicht jedoch für die Umsätze in den Jah...

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