Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Rückwirkung des § 2a Abs. 4 EStG i.d.F. des StBereinG 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Rückwirkung § 2a Abs. 4 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 (Nachversteuerung von ausländischen Betriebsstättenverlusten aus den Vorjahren) handelt es sich um eine im Grundsatz zulässige „unechte” Rückwirkung „tatbestandliche Rückanknüpfung”). Denn die entsprechenden Normen sind einerseits im Verlauf des Veranlagungszeitraums 1999 in Kraft getreten und gelten andererseits erstmals für diesen Veranlagungszeitraum.

2. Eine GmbH, die zum 31.12.1999 das Anlagevermögen ihrer Betriebsstätte in den USA veräußert hatte, konnte nicht mehr darauf vertrauen, dass die bisherige Regelung des § 2a Abs. 4 EStG Bestand haben wird. Die Dispositionsmöglichkeiten der GmbH bezüglich der Betriebsstätte und damit die Möglichkeit auf Gesetzesänderungen zu reagieren, waren im Streitfall zudem deutlich höher, als wenn fremde Dritte an dem Vorgang beteiligt gewesen wären, weil wirtschaftlich betrachtet die Betriebsstätte bzw. die Tätigkeit der früheren Betriebsstätte bei dem mit 99,82 % beteiligten Hauptgesellschafter der GmbH verblieb, der auch Alleingesellschafter der Erwerberin des Anlagevermögens der US-Betriebsstätte war.

 

Normenkette

EStG § 2a Abs. 4, § 52 Abs. 3 S. 5; StBereinG 1999; GG Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.12.2008; Aktenzeichen I R 96/05)

BFH (Beschluss vom 16.12.2008; Aktenzeichen I R 96/05)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Verluste einer Betriebsstätte der Klägerin in den USA aus den Jahren 1996 1998 in Höhe von 1.495.049 DM im Streitjahr 1999 nachversteuert werden müssen.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine 1975 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Gegenstand die Herstellung von … ist.

Die Klägerin hatte 1996 in den USA eine Betriebsstätte für das Marketing der Produkte der Klägerin gegründet. Diese Betriebsstätte verkaufte als US-Firma die Produkte der Klägerin.

Bis 1999 wurde diese Betriebsstätte aufrechterhalten. Das Anlagevermögen wurde an die Z Corporation veräußert. Alleingesellschafter dieser Corporation war Herr XY, der auch an der Klägerin zu 99,82 % beteiligt ist.

Der Fachprüfer für Auslandsbeziehungen der Oberfinanzdirektion München ließ offen, zu welchem Zeitpunkt in 1999 die maßgeblichen Verträge zur Betriebsaufgabe bzw. zur Übertragung des Anlagevermögens abgeschlossen wurden. Er ging davon aus, dass § 2 a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom 22. Dezember 1999 für alle einschlägigen Vorgänge im gesamten Jahr 1999 anwendbar ist. Dementsprechend wurde dem Jahresüberschuss für 1999 nach § 60 Abs. 2 Satz 1 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) der Betriebsstättenverlust der Vorjahre in Höhe von 1.495.049 DM hinzugerechnet. Die Hinzurechnung des Betriebsstättenverlustes aus dem Jahr 1999 in Höhe von 504.483 DM ist unstreitig.

Mit Körperschaftsteuerbescheid für 1999 des Beklagten (dem Finanzamt – FA –) vom 2. Oktober 2002 wurde unter Berücksichtigung dieser Hinzurechnung bei einem zu versteuernden Einkommen von 3.882.876 DM die Körperschaftsteuer auf 1.549.927 DM (= 792.465,09 EUR) festgesetzt.

Der dagegen eingelegte Einspruch vom 15. Oktober 2002 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2003 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage vom 21. November 2003 wendet sich die Klägerin gegen die Nachversteuerung des Betriebsstättenverlustes aus den Jahren 1996-1998 im Streitjahr. Die schuldrechtlich bindenden Verträge über den Verkauf der Betriebsstätte seien bereits am 25. Februar 1999 abgeschlossen worden. Die Klägerin habe dabei im Vertrauen auf die ursprünglich für das Streitjahr maßgebliche Fassung des § 2 a Abs. 4 EStG gehandelt, nach der die Vorverluste nicht hätten nachversteuert werden müssen. Wesentlicher Grund für den Verkauf der Betriebsstätte sei ein verlorener Rechtsstreit in den USA gewesen. Nach der nicht vorhersehbaren Gesetzesänderung vom 22. Dezember 1999 hätten der Vertrag und die sonstigen aufgrund dieses Vertrages erfolgten geschäftlichen Maßnahmen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Der Gesetzgeber habe einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt zulasten des Steuerpflichtigen rückwirkend anders geregelt. Diese Gesetzesänderung greife in verfassungswidriger Weise rückwirkend in eine geschützte Vertrauensposition der Klägerin ein. Zur weiteren Begründung nimmt die Klägerin ausführlich auf entsprechende Literaturstellen Bezug. Es sei nicht auf den Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten, sondern auf den Zeitpunkt des schuldrechtlich wirksamen Vertrages abzustellen. Entgegen der Auffassung des FA sei nicht die Nr. 3, sondern die Nr. 2 in § 2a Abs. 4 EStG n.F. einschlägig, im Ergebnis käme es aber darauf nicht an.

Die Klägerin beantragt,

  1. die mit Bescheid vom 2. Oktober 2002 festgesetzte Körperschaftsteuer für 1999 ...

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