rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezeichnung des Klagebegehrens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO räumt dem Gericht Ermessen ein für die sog. Musserfordernisse einer Klage eine Ausschlussfrist zu bestimmen, verpflichtet es jedoch nicht dazu.

2. Die Setzung dieser Ausschlussfrist ist ermessengerecht, wenn der Kläger fast sechs Monate nach Klageerhebung dem Gericht den Gegenstand des Klagebegehrens nicht mitgeteilt hat und das Gericht auch aus den Akten des Finanzamts den Gegenstand des Klagebegehrens nicht zweifelsfrei erkennen kann.

3. Dies gilt insbesondere dann, wenn in einem fast sieben Jahre dauernden Einspruchsverfahren, das mit drei Einspruchsentscheidungen endete, eine Vielzahl von Punkten zwischen den Beteiligten streitig war und von denen einigen in den Einspruchsentscheidungen (teilweise) stattgegeben worden war.

 

Normenkette

FGO § 65 Abs. 1-2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger war für das Streitjahr 2009 beim Finanzamt München (vormals Abteilung I) steuerlich erfasst. Nachdem der Kläger für 2009 keine Steuererklärungen abgegeben hatte schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen (Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid vom 12. Juli 2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung § 164 Abs. 1 Abgabenordnung –AO–) und setzte einen Verspätungszuschlag von 150 EUR für die Einkommensteuer und 10 EUR für die Umsatzsteuer fest. Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 10. August 2010 (Stempel Frühleerung 18. August 2010) Einspruch. Am 4. April 2011 ging beim Beklagten die Einkommensteuererklärung 2009 des Klägers ein. Hierin erklärte er positive Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte sowie negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. In seiner am 13. April 2011 eingegangenen Umsatzsteuererklärung machte er einen Erstattungsbetrag von 1.037,53 EUR geltend.

Im Veranlagungsverfahren waren zwischen den Beteiligten eine Vielzahl von Punkten streitig (vgl. Schriftsätze des Finanzamts vom 8. November 2011, 16. August 2012 und 14. Juni 2016, […]).

Am 23. Juni 2015 fand vor dem Finanzgericht eine Erörterung hinsichtlich der Streitjahre 2002 bis 2008 statt, in der die Beteiligten Einigung erzielten. Eine hieran orientierte außergerichtliche Einigung für das Jahr 2009 scheiterte, da der Kläger sich nicht zur Sache äußerte.

Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2017 wurde der Einspruch gegen den Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Einspruchsentscheidung vom selben Tag wurde die Einkommensteuer 2009 auf 14.807 EUR herabgesetzt, der Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen und der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Dabei wich das Finanzamt bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit (Arbeitsmittel, Kfz-Kosten, Abschreibungen, Arbeitszimmer, Schuldzinsen, Kreditkartengebühren, Reisekosten, Aufwendungen für Geschenke, Beratungskosten, sonstige Betriebsausgaben, Bewirtungskosten), aus nichtselbständiger Tätigkeit (Fahrten Wohnung Arbeitsstätte und pauschale Aufwendungen für Arbeitsmittel), Einkünften aus Kapitalvermögen (kein Werbungskostenabzug), Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Schuldzinsen, Geldbeschaffungskosten, Erhaltungsaufwendungen, Versicherungen, Verwaltungskosten, Reisekosten) von der Erklärung des Klägers ab und berücksichtigte noch zwei Mitteilungen über Beteiligungseinkünfte.

Mit Einspruchsentscheidung ebenfalls vom 10. Februar 2017 setzte das Finanzamt bei der Umsatzsteuer den Erstattungsbetrag auf 176,87 EUR fest und den Verspätungszuschlag auf 0 EUR herab. Im Übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg.

Der Kläger erhob am 10. März 2017 Klage gegen die „Einspruchsentscheidungen zu den Steuererklärungen 2009”, ohne diese zu begründen. Eine Begründung sollte nachgereicht werden. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen 12 K 693/17 erfasst.

Nach erfolgloser Aufforderung durch die Senatsgeschäftsstelle (Schreiben vom 15. März 2017) und mehreren Fristverlängerungsanträgen des Klägers wurde mit Anordnung vom 7. September 2017 (zugestellt am 9. September 2017) gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 19. Oktober 2017 zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens gesetzt. Sie wurde auf Antrag des Klägers bis zum 1. November 2017 verlängert. Diese Frist blieb ungenutzt.

Am 2. November 2017 ging ein Schreiben des Klägers vom 1. November 2017 ein, in dem dieser vortrug, er habe die weitgehend fertige Klagebegründung nicht abschließen können, da er unter Herzrasen und schmerzhaftem Druck auf der linken Abdominalseite leide. Er bitte letztmalig um eine Fristverlängerung bis zum 5. November 2017. Mit Schreiben vom 6. November 2017 und 18. Dezember 2017 und Anrufen vom 15. November 2017 und 28. November 2017 bat der Kläger jeweils um weitere Fristverlängerungen wegen gesundheitlicher Probleme. Er legte Arbeitsunfähigkeit...

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