Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahlrecht zwischen sofortiger Besteuerung und nachträglicher Besteuerung bei Anteilsveräußerung. gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 1995

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der Anteil an einer GbR gegen Zahlung eines sofort fälligen Teilbetrages und gegen jährliche Zahlungen, die über einen Zeitraum von 21 Jahren zu leisten sind, veräußert, so liegen langfristige wiederkehrende Bezüge mit Versorgungscharakter vor, die das Wahlrecht zwischen Sofortbesteuerung und nachträglicher fortlaufender Besteuerung eröffnen (R 139 Abs. 11 EStR).

 

Normenkette

EStG §§ 14, 24 Nr. 2, § 34

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.03.2005; Aktenzeichen IV B 73/03)

 

Tenor

1. Auf die Klage wird der geänderte Bescheid vom 11. September 2000 betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. April 2001 aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Gewinnermittlung für 1995 unter Berücksichtigung des Wahlrechts auf laufende Besteuerung (R 139 Abs. 11 EStR) und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns erneut durchzuführen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, handelnd durch die Gesellschafter und M; Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Betrieb einer Gärtnerei.

Mit notariell beurkundetem Überlassungs- und Übernahmevertrag vom 01. Dezember 1995 veräußerte der am 02.08.1963 geborene Mitgesellschafter M seine Miteigentumsanteile an den Betriebsgrundstücken der Klägerin an den Mitgesellschafter P (Bruder) und schied zum 31. Dezember 1995 aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus. Der Betrieb der Klägerin wurde ab diesem Zeitpunkt von dem Erwerber P als Einzelunternehmen weitergeführt. Dieser verpflichtete sich, folgende Gegenleistungen zu übernehmen:

„Der Erwerber übernimmt das eingetragene Leibgeding für P und K (…) und sämtliche Grundpfandrechte zur alleinigen Haftung. (…) Der Erwerber übernimmt sämtliche den vorbeschriebenen dinglichen Rechten zugrundeliegenden schuldrechtlichen Verpflichtungen ab 01. Januar 1996 zur alleinigen Haftung. (…) Der Erwerber ist verpflichtet, dem Veräußerer einen Betrag in Höhe von 400.000,00 DM hinaus zu zahlen. Dieser Betrag wird ausgewiesen wie folgt:

  1. Ein Teilbetrag von 60.000,00 DM ist kostenfrei und ohne Zulage von Zinsen zu bezahlen am 31. Dezember 1995.
  2. Der Restbetrag von 340.000,00 DM ist ab dem 01. Januar 1996 mit 4 v. H. jährlich zu verzinsen und gem. dem als Anlage I beigefügten Annuitätenplan zu verzinsen und zu tilgen.”

In einem Nachtrag zum Überlassungs- und Übernahmevertrag vom 20. Juni 1996 vereinbarten die Parteien, dass der Erwerber verpflichtet ist, dem Veräußerer einen Betrag in Höhe von 416.000,00 DM (bisher: 400.000,00 DM), hiervon einen Teilbetrag von 60.000,00 DM am 31. Dezember 1995 sowie einen Betrag in Höhe von 16.000,00 DM am 30. Juni 1996 zu bezahlen und den Restbetrag von 340.00,00 DM gem. einem beigefügten Annuitätenplan zu verzinsen und zu tilgen hat.

In Ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Kalenderjahr 1995 (Streitjahr) erklärte die Klägerin einen laufenden Gewinn in Höhe von 183.493,00 DM, der hälftig auf die Mitgesellschafter P und M entfiel. Angaben zu einem Veräußerungsgewinn oder -verlust des ausgeschiedenen Mitgesellschafters M waren in der Erklärung nicht enthalten. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) setzte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) stehenden Gewinnfeststellungsbescheid vom 25. April 1997 den Gewinn der Klägerin erklärungsgemäß fest und verteilte ihn hälftig auf die beiden Mitgesellschafter. Im Zuge einer im Jahr 1999 durchgeführten, u.a. das Streitjahr betreffenden Betriebsprüfung ermittelte das FA für den Veräußerer M einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 431.640,00 DM.

In seinem gegen den gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 11. September 2000 gerichteten Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die Höhe des festgestellten Veräußerungsgewinns. Gleichzeitig beantragte die Klägerin für den Teil des Kaufpreises, der nicht aus einem festen Barpreis bestand, das Wahlrecht auf laufende Besteuerung nach R 139 Abs. 11 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) zu gewähren.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FA vertrat die Ansicht, die Voraussetzungen für eine Ausübung des Wahlrechtes nach R 139 Abs. 11 EStR lägen nicht vor. Die Zahlungsmodalitäten, die der Überlassungs- und Übernahmevertrag vom 01. Dezember 1995 hinsichtlich des nicht sofort zu...

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