Entscheidungsstichwort (Thema)

Grund und Boden als notwendiges Betriebsvermögen eines landwirtschaftlichen Betriebs; Umfang des zur Wohnung dazugehörenden Grund und Bodens i. S. des § 52 Abs. 15 EStG, der steuerfrei entnommen werden kann

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Grundsätzlich ist jedes katastermäßig abgegrenzte Grundstück eines Land- und Forstwirts ein selbständiges Wirtschaftsgut, das nicht in noch kleinere Einheiten augeteilt werden kann. Ein eindeutig abgrenzbarer Teil eines Gesamtgrundstücks kann aber bei besonderen Eigenschaften ein selbständiges, eigenes Wirtschaftsgut sein.

2. Zum notwendigen Betriebsvermögen eines landwirtschaftlichen Betriebs gehören neben dem für eigenbetriebliche Zwecke land- und forstwirtschaftlich genutzten Grund und Boden auch zum Betriebsareal zählende Flächen mit geringer Ertragsfähigkeit sowie dauerhaft stillgelegte oder ungenutzte Flächen. Hier: Als Obstgarten genutzter Grundstücksteil, der Teil des Gesamtgrundstücks ist, auf dem sich die Hofstelle befindet.

3. Wird ein Grundstücksteil landwirtschaftlich nicht (mehr) genutzt, bleibt der Teil solange notwendiges Betriebsvermögen, bis eine Entnahmehandlung die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Nutzung beendet.

4. Welche Fläche der zur Wohnung dazugehörende Grund und Boden i. S. des § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 8 EStG umfasst, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Der Umfang des zur Wohnung dazugehörenden Grund und Bodens wird durch die künftige Wohnnutzung bestimmt. Für die künftige Wohnnutzung erforderliche und übliche Zubehörflächen sollten in angemessenem Umfang miteinbezogen sein, darüber hinausgehende Flächen nicht, insbesondere dann nicht, wenn sie selbständig bebaubar sind. Dies gilt auch, wenn die abtrennbare Fläche nach der Entnahme weiterhin als Hausgarten genutzt wird (Anschluss an BFH-Urteil vom 24.10.1996 IV R 43/95, BStBl II 1997, 50). Im Streitfall wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der Entnahme des Gesamtgrundstücks, auf dem sich die Hofstelle befand, ein (früher als Obstgarten genutzter) unbebauter Grundstücksteil abgetrennt und an eine Wohnbau-Firma verkauft. Dieser Grundstücksteil konnte nicht steuerfrei entnommen werden.

5. § 55 EStG und § 52 Abs. 15 EStG betreffen nicht die nämliche Grundstücksfläche in gleich großem Umfang.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 52 Abs. 15, § 4 Abs. 1, §§ 13, 55

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.09.2002; Aktenzeichen IV R 66/00)

 

Gründe

I.

Die Klägerin und ihr am 14. Januar 1989 verstorbener Ehemann, dessen Alleinerbin die Klägerin ist, waren zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten, die Gütergemeinschaft vereinbart hatten. Sie erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Sie ermittelten den Gewinn hieraus seit 1. Juli 1983 durch Buchführung und Bilanzierung. Die Hof stelle befand sich auf dem Grundstück FlNr. … in … das lt. Unterlagen des Vermessungsamtes gesamt 6.621 qm groß war. Auf die Übersichtskarte betreffend die Lage des Grundstücks FlNr. … wird Bezug genommen (Bl. 32 der Akte Dauerunterlagen).

In der berichtigten Bilanz zum 30. Juni 1988 vom 21. März 1989 erklärte die Klägerin die Entnahme der Haus- und Gartenfläche und des Wohngebäudes „vorbehaltlich der Zustimmung des zuständigen Finanzamts” zum 31. Dezember 1987 (Bl. 44, 48, 50 Einkommensteuerakte 1987; Bl. 22 Einkommensteuerakte 1988). Die Entnahme betraf das gesamte Grundstück FlNr. … Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann hatten aus dem Grundstück FlNr. … einen unbebauten Teil, der 2.660 qm groß war, abgetrennt – dieser Grundstücksteil erhielt die FlNr. …- und mit Notarvertrag vom 18. April 1988 zu 1.576.800 DM verkauft. Auf die Lagepläne (Bl. 15 der Betriebsprüfungsakte, Bl. 23, 25 der Einkommensteuerakte 1988, Bl. 37 der Feststellungsakte 1988, Bl. 133 der Finanzgerichtsakte) und auf den Kaufvertrag (Bl. 131 ff der Finanzgerichtsakte) wird Bezug genommen. Die Klägerin ging davon aus, daß die Entnahme steuerfrei erfolgen könne. Aufgrund einer betriebsnahen Veranlagung (BNV) kam das beklagte Finanzamt (FA) zum Ergebnis, daß das streitige Grundstück FlNr. … nicht steuerfrei entnommen werden könne. Das FA errechnete einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.541.097,40 DM und unterwarf diesen zunächst in den nach § 164 Abs. 2, 3 Abgabenordnung 1977 (AO) geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 13. März 1991 je zur Hälfte in den Streitjahren 1987 und 1988 als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft der Besteuerung. Auf die Berechnung des Veräußerungsgewinns wird Bezug genommen (Bl. 12 der Betriebsprüfungsakte).

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen diese geänderten Einkommensteuerbescheide erließ das FA gegenüber der Klägerin, auch als Gesamtrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes, einheitliche und gesonderte Feststellungsbescheide, in die der Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.541.097 DM miteinbezogen wurde. Der Einspruch gegen die Feststellungsbescheide blieb ohne Erfolg.

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