Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei Übertragung einer Versorgungsanwartschaft auf einen Pensionsfonds, Inanspruchnahme des Wahlrechts nach § 4e Abs. 3 S. 1 EStG und Auflösung der Pensionsrückstellung nach § 6a EStG Verteilung der aufgelösten Pensionsrückstellung als Betriebsausgaben in den folgenden zehn Jahren zulässig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist infolge der Übertragung einer Versorgungsverpflichtung oder Versorgungsanwartschaft auf einen Pensionsfonds eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG aufzulösen und wird das Wahlrecht nach § 4e Abs. 3 S. 1 EStG in Anspruch genommen, so ist nach § 4e Absatz 3 S. 3 EStG bei der Ermittlung der sofort als Betriebsausgaben abzugsfähigen Leistungen auf die am vorangegangenen Bilanzstichtag gebildete Pensionsrückstellung abzustellen. Weicht der Übertragungszeitpunkt vom Bilanzstichtag ab, kommt eine Zugrundelegung der (fiktiven) Pensionsrückstellung, die zu diesem Zeitpunkt maßgebend wäre, nicht in Betracht (Anschluss an BMF, Schreiben v. 10.7.2015, IV C 6-S 2144/07/10003, BStBl 2015 I S. 544, Rz 6).

2. Der im BMF-Schreiben v. 10.7.2015 (IV C 6-S 2144/07/10003, BStBl 2015 I S. 544, Rz 6 f.) vertretenen Ansicht, dass im Rahmen des § 4e Abs. 3 S. 3 EStG nur Teile einer Rückstellung gem. § 6a EStG mit den auf zukünftige Jahre zu verteilenden Betriebsausgaben verrechnet werden dürfen, wird nicht gefolgt; die aufzulösende Rückstellung nach § 6a EStG darf vielmehr in voller Höhe von den auf zehn Jahre zu verteilenden Betriebsausgaben abgezogen werden.

3. Auch mit der Einführung der heute noch geltenden Grundstruktur bzw. Gesetzestechnik des § 6a EStG hat sich nichts daran geändert, dass Pensionsrückstellungen nur für erdiente Pensionsansprüche gebildet werden.

 

Normenkette

EStG § 4e Abs. 3 Sätze 1, 3, Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, § 6a Abs. 1, 3-4; HGB § 249 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.11.2019; Aktenzeichen XI R 52/17)

 

Tatbestand

Bei der Klägerin handelt es sich um eine im Jahr 1978 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Unternehmensgegenstand der Handel mit Heizungszubehör ist. Das Wirtschaftsjahr weicht nicht vom Kalenderjahr ab.

Streitig ist, in welcher Höhe die Auflösung einer Pensionsrückstellung zu sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben oder zu einer Verteilung auf die folgenden 10 Wirtschaftsjahre gem. § 4 e Abs. 3 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) führt.

Die Klägerin gewährte ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, geboren am 20. April 1956, mit Vertrag vom 1. Dezember 2000 eine Zusage auf eine betriebliche Versorgungsleistung. Danach stand dem Gesellschafter-Geschäftsführer bei einer Beendigung des Dienstverhältnisses nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersrente in Höhe von monatlich 6.000 DM (= 3.067 EUR) zu. Im Falle der Berufsunfähigkeit bestand für die Dauer der Berufsunfähigkeit ein Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente in gleicher Höhe, die längstens bis zum 65. Lebensjahr zu zahlen war (im Folgenden: abgekürzte Invalidenrente). Bei einer bis zum 65. Lebensjahr bestehenden Berufsunfähigkeit war im Anschluss die Altersrente zu zahlen. Bei einem Ausscheiden aus dem Unternehmen ohne Eintritt des Versorgungsfalles blieben die zeitanteiligen Rentenansprüche erhalten. Zur Abdeckung dieser Pensionsverpflichtung wurde bei der XY Lebensversicherungs-AG eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen.

Zum 1. Dezember 2010 übertrug die Klägerin die Verpflichtung, eine Altersrente zu zahlen, in Höhe des vom Gesellschafter-Geschäftsführer bereits erdienten Rentenanspruchs von monatlich 1.368,58 EUR (sog. Past-Service) auf die XY Pensionsfonds AG. Hierfür war ein Einmalbetrag von 240.459,62 EUR zu leisten.

Die vom Gesellschafter-Geschäftsführer noch nicht erdiente Altersrente in Höhe von monatlich 1.699,25 EUR (sogenannter Future-Service) übernahm die XY Versorgungskasse e.V. „Kombinationsmodell”). Hierfür musste sich die Klägerin zu jährlich gleichbleibenden Zahlungen nach § 4d EStG verpflichten. Lediglich die Verpflichtung, ggf. eine Berufsunfähigkeitsrente bis zum Pensionsalter zu zahlen, verblieb bei der Klägerin.

Für ihre Pensionsverpflichtung bildete die Klägerin zum Bilanzstichtag 31.12.2009 eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG in Höhe von 153.805 EUR.

Im Jahr 2010 erhöhte die Klägerin die Pensionsrückstellung zunächst um 13.127 EUR und löste sodann die gesamte Pensionsrückstellung in Höhe von 166.932 EUR auf. Eine neue Pensionsrückstellung bildete die Klägerin nicht. In der Bilanz zum 31.12.2010 wies die Klägerin unter der Position aktive Rechnungsabgrenzung (ARAP) gemäß § 4e Abs. 3 EStG auf Folgejahre zu verteilende Betriebsausgaben in Höhe von 65.097 EUR aus.

Die Klägerin stellte einen Antrag gemäß § 4e EStG.

Für die Veranlagungszeiträume 2008 – 2011 fand im Jahr 2013 eine Außenprüfung statt, an der ein Fachprüfer für versicherungsmathematische Fragen des Bayerischen Landesamtes für Steuern teilnahm. Der Fachprüfer kam zum Ergebnis, dass die gemäß § 4e Abs. 3 EStG auf zehn Folgejahre zu verteilenden Betriebsausgaben erst...

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