Entscheidungsstichwort (Thema)

US-Lebensversicherungzweitmarkt-Fonds werden nicht gewerblich, sondern im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung tätig

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Erwerb „gebrauchter” Risikolebensversicherungen auf dem US-amerikanischen Sekundärmarkt durch Anlagegesellschaften ist ertragsteuerlich als vermögensverwaltende und nicht als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren (entgegen BMF, Schreiben v. 22.9.2005, IV B 2 – S 2240-55/05 an den Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt e.V.)

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, 1; GewStG § 20 Abs. 1, § 2 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.10.2012; Aktenzeichen IV R 32/10)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom … und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom … werden die Einkünfte der Klägerin für 2004 als solche aus Kapitalvermögen festgestellt. Der Bescheid für 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag vom …, der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 vom … und die zu diesen beiden Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom … werden aufgehoben.

2 Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 Finanzgerichtsordnung).

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Qualifikation der Einkünfte der Klägerin.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom … gegründet und am … in das Handelsregister eingetragen; mit Gesellschafterbeschluss vom …, auf den verwiesen wird, wurde dieser Gesellschaftsvertrag neu gefasst (Gesellschaftsvertrag). Gesellschaftsgegenstand der nach ihren Angaben – kalkulatorisch auf eine Laufzeit von 13 Jahren ausgerichteten Klägerin ist der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Verwertung eines ausgewählten Portfolios von Lebensversicherungspolicen.

Zu ihrem Geschäftsbetrieb und den von ihr erworbenen Policen machte die Klägerin folgende Angaben:

Mit den Einlagen der ca. … ab … bis spätestens zum … beigetretenen Kommanditisten in Höhe von ca. … EUR habe sie ab … bis zum … auf dem US-amerikanischen Sekundärmarkt für Lebensversicherungsverträge jeweils das wirtschaftliche Eigentum an insgesamt … Lebensversicherungspolicen erworben. Hiervon seien

  • … als Universal Life Insurances (Lebensversicherungen mit Kapitalanteil, da die entsprechenden Versicherungsprämien einen Risiko- und einen Sparanteil enthalten),
  • … als Whole Life Insurance (Risikolebensversicherung mit unbegrenzter Laufzeit und einem verzinslich aufbauenden Kapitalstock, bei der die Auszahlung der Versicherungssumme folglich garantiert ist) sowie
  • … als Term Life Insurances (Risikolebensversicherungen mit begrenzter Laufzeit vergleichbar mit deutschen Risikolebensversicherungen, da die Versicherungsprämien keinen Sparanteil enthalten)

einzuordnen. Die einzelnen Lebensversicherungspolicen hätten jeweils eine minimale Versicherungssumme in Höhe von … USD sowie bis zum Erreichen einer Gesamtversicherungssumme von … USD im Portfolio eine maximale Versicherungssumme in Höhe von … USD (vgl. Anlage 2 zur Bilanz zum 31. Dezember 2004). Die bis zum 31. Dezember 2006 für knapp … EUR erworbenen … Lebensversicherungspolicen hätten im jeweiligen Erwerbszeitpunkt eine geschätzte Restlaufzeit von drei bis 13 Jahren, im Mittel von ca. 7 Jahren gehabt. Die Ankäufe der Policen seien jeweils über einen ähnlich einem Treuhänder handelnden US-Trust unter Einschaltung verschiedener „Settlement-Gesellschaften” erfolgt. Letztere hätten die auf dem genannten Sekundärmarkt angebotenen Lebensversicherungsverträge geprüft und bewertet und erbrächten gegenüber den Investoren Serviceleistungen, wie etwa die Überwachung der laufenden Zahlungen von Versicherungsprämien sowie die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalles; zu keiner der mit ihr in Vertragsbeziehungen stehenden „Settlement-Gesellschaften” bestünden gesellschaftsrechtliche Verbindungen. Im wirtschaftlichen Ergebnis habe sie die genannten Versicherungspolicen jeweils mit der Verpflichtung zur Zahlung der jeweiligen laufenden Versicherungsprämien und dem Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalles erworben. Rückdeckungsversicherungen gegen das Risiko, dass der Versicherungsfall bis zum Ablauf der geschätzten Restlaufzeit des jeweiligen Versicherungsvertrages noch nicht eingetreten ist, seien nicht abgeschlossen worden. Ein Weiterverkauf der von ihr erworbenen Versicherungsverträge sei grundsätzlich nicht vorgesehen und käme allenfalls ausnahmsweise hinsichtlich eines Restbestandes im Falle der Liquidation vor Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles in sämtlichen ...

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