Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammenfassung gleichartiger Betriebe gewerblicher Art gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG: Kurbetrieb und an einem anderen Ort zu Werbezwecken betriebener Verkaufsstand als einheitlicher Betrieb gewerblicher Art (BgA) einer Kurort-Gemeinde

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Betreibt ein Kurort, der Fremdenverkehrsbeiträge gemäß Art. 6 des bayerischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) und Kurbeiträge gemäß § 7 KAG erhebt, in einer anderen Kommune im Rahmen des dortigen Weihnachtsmarktes einen Verkaufsstand (hier: Glühweinstand) mit dem Werbeziel, Touristen auf den Kurort aufmerksam zu machen, kann er den Verkaufsbetrieb mit dem Kurbetrieb auch dann zu einem Betrieb gewerblicher Art zusammenfassen, wenn sich aus den Verkäufen erhebliche Gewinne ergeben.

2. Für die Veranlassung des Verkaufsstandes durch das Ziel, für den Fremdenverkehr Werbung zu machen, spricht es, wenn dort tatsächlich Werbung erfolgt ist (z. B. Prospektverteilung; Gewinnspiel; Grußwort des Bürgermeisters) und wenn es zudem für den Kurbetrieb als Regiebetrieb rechtlich nicht zulässig wäre, allein mit dem Ziel, Gewinne zu erzielen, einen Verkaufsstand zu betreiben, der mit privaten Gewerbebetrieben im Wettbewerb steht.

3. Grundsätzlich ist für jeden BgA gesondert ein zu versteuerndes Einkommen zu ermitteln. Die Rechtsprechung hat jedoch seit jeher die Zusammenfassung von Gewerbebetrieben zugelassen, wenn sie „gleichartig” sind oder einander ergänzen oder wenn zwischen mehreren Betrieben nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht. Auch nach Einführung von § 4 Abs. 6 KStG durch das Jahressteuergesetz 2009 v. 19.12.2008, BGBl 2008 I S. 2794, ist die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur „Gleichartigkeit” fortzuführen.

4. Bei der Beurteilung der Gleichartigkeit ist auf die jeweilige Tätigkeit abzustellen. Die Betriebszwecke müssen sich entsprechen und die Tätigkeit muss demselben Gewerbezweig angehören.

5. Die Ausübung des Wahlrechts zur Zusammenfassung mehrerer gleichartiger Betriebe zu einem einheitlichen Betrieb gewerblicher Art setzt im Wesentlichen nur eine eigenständige steuerliche Ermittlung für die zusammengefasste Einheit voraus. Bei der Frage, nach welchen rechtlichen Kriterien die Zusammenfassung zu beurteilen ist, macht es keinen Unterschied, ob ein neugegründeter Betrieb (hier: Glühweinstand) ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit oder ein bereits länger bestehender Betrieb mit einem seit langem geführten BgA zusammengefasst werden soll.

 

Normenkette

KStG § 4 Abs. 1, 6 S. 1 Nr. 1; KAG §§ 6-7; EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist eine Gemeinde, die Fremdenverkehrsbeiträge gemäß Art. 6 des bayerischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) und Kurbeiträge gemäß § 7 KAG erhebt. Die Einnahmen aus den beiden Kommunalabgaben und die damit zusammenhängenden Ausgaben sowie weitere Einnahmen und Ausgaben fasste die Klägerin steuerlich in dem Regiebetrieb „Kurbetrieb” zusammen und ermittelte die Einkünfte durch Einnahme-Überschussrechnung. In ihrer Haushaltsrechnung, auf die im Einzelnen verwiesen wird, führte die Klägerin die Ausgaben und Einnahmen im Einzelplan 8 „Wirtschaftliche Unternehmen” im Abschnitt 86 „Kur- und Badebetriebe”.

Im Abschnitt 8600 der Haushaltsrechnung erfasste die Klägerin die Fremdenverkehrsbeiträge, die Kurbeiträge, Einnahmen aus sonstigen Verkäufen, Mieteinnahmen aus dem Haus des Gastes, sonstige Mieteinnahmen und insbesondere innere Verrechnungen. Größter Einzelposten bei den Ausgaben sind die Aufwendungen für die A-GmbH mit X EUR.

Die A-GmbH ist die touristische Marketing-Organisation für die Klägerin und weitere Gemeinden. Die A-GmbH betreibt heute eine Internetplattform mit einem umfassenden Informationsangebot für Touristen und der Möglichkeit, Übernachtungen zu buchen. Ferner betreibt die A-GmbH heute einen Onlineshop.

Im Abschnitt 8610 der Haushaltsrechnung erfasste die Klägerin die Pachteinnahmen aus … und im Abschnitt 8620 die Einnahmen und Ausgaben für kurintegrierende Maßnahmen, an denen auch die A-GmbH mitwirkte.

Der Abschnitt 8630 der Haushaltsrechnung listet Ausgaben in Höhe von … EUR für Fremdenwerbung auf. In Höhe von … EUR wird ausgeführt, dass es sich um „Übrige Werbung außerhalb der A-GmbH” handelt.

Der Abschnitt 8640 der Haushaltsrechnung enthält Mieteinnahmen für die Vermietung der Bühne des Kursaals, sowie sonstige Pachteinnahmen sowie Ausgaben. Der Abschnitt 8650 listet die Pachteinnahmen aus einer Kegelbahn nebst Ausgaben auf.

Im Abschnitt 8660 der Haushaltsrechnung hat die Klägerin die Einnahmen „Christbaumspende „ mit X EUR und Ausgaben in Höhe von X EUR erfasst.

Die Einnahmen „Christbaumspende” beruhen auf folgendem Sachverhalt:

Die Klägerin hatte sich bereits vor vielen Jahren bei der Stadt X um das Recht beworben, den Christbaum für den Weihnachtsmarkt aufstellen zu dürfen. Für den Weihnachtsmarkt Y erhielt sie von der Stadt X den Zuschlag. Hieraus e...

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