Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Aussetzung der Vollziehung wegen möglicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG in der ab 2009 geltenden Fassung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dadurch, dass im Rahmen von § 19 Abs. 1 ErbStG i. d. F. vom 24.12.2008 (ErbStG 2009) Barschenkungen anders als das durch den Verschonungsabschlag steuerbefreite Betriebsvermögen mit dem Nennbetrag besteuert werden und bei Schenkungen zwischen Geschwistern (Steuerklasse II) derselbe Steuersatz zur Anwendung kommt wie bei den unter die Steuerklasse III fallenden Schenkungen, enthält auch das Erbschaftsteuergesetz 2009 Ungleichbehandlungen.

2. Bei einem mit Verfassungswidrigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG 2009 begründeten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Schenkungsteuerbescheids ist gem. den Grundsätzen der Rspr. des BFH eine Abwägung zwischen dem besonderen Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung vorzunehmen und dabei zu beachten, dass keine weitergehende Entscheidung getroffen wird, als vom BVerfG im Rahmen einer möglichen abstrakten bzw. konkreten Normenkontrolle zu erwarten wäre. Da es sich bei § 19 Abs. 1 ErbStG 2009 um die zentrale Tarifvorschrift des ErbStG 2009 handelt, bei einer Nichtigerklärung Steuerausfälle von jährlich 4 bis 5 Milliarden Euro zu erwarten wären und das Bundesverfassungsgericht in vergleichbaren Fällen zuletzt immer eine befristete Weitergeltung der streitigen Vorschrift angeordnet hat, kommt eine Aussetzung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Schenkungsteuerbescheids allein unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht in Betracht.

 

Normenkette

ErbStG 2009 § 19 Abs. 1, § 15 Abs. 2, §§ 13b, 13a; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 01.04.2010; Aktenzeichen II B 168/09)

 

Tenor

1 Der Antrag wird abgelehnt.

2 Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3 Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten.

I.

Den Schenkungsteuer- bzw. Rechtsbehelfsakten und den Gerichtsakten lässt sich folgender wesentlicher Sachverhalt entnehmen:

Mit privatschriftlichem Vertrag vom 24. Dezember 2008 wandte der Schenker u.a. seinem Bruder (dem Antragsteller) unentgeltlich einen Anteil i.H.v. 97 % an einer Grundstücks Familien GbR zu. Am 20. April 2009 erließ der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) einen Schenkungsteuerbescheid, in dem die Schenkungsteuer i.H.v. 22.644,00 EUR festgesetzt wurde. Dieser Steuerfestsetzung legte das FA gemäß der Mitteilung des zuständigen FA vom 8. April 2009 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 24. Dezember 2008 einen Wert des Erwerbs i.H.v. 143.560,00 EUR zugrunde.

Aufgrund privatschriftlicher Erklärung vom 5. Januar 2009 wandte der Schenker dem Antragsteller zudem durch Überweisung einen Geldbetrag i.H.v. 25.000,00 EUR unentgeltlich zum Zwecke der Altersvorsorge zu. In seiner Schenkungsteuererklärung vom 26. Januar 2009 erklärte der Antragsteller neben der Geldschenkung als Vorschenkung den Erwerb eines Hausanteils im Wert von ca. 100.000,00 EUR zum 24. Dezember 2008. Am 20. April 2009 erließ das FA einen Schenkungsteuerbescheid, in dem für den Erwerb vom 5. Januar 2009 eine Schenkungsteuer i.H.v. 4.590,00 EUR festgesetzt wurde. Dieser Steuerfestsetzung legte das FA einen Wert des Erwerbs i.H.v. 25.000,00 EUR und einen Wert des Vorerwerbs i.S.d. § 14 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 (ErbStG n.F.) i.H.v. 143.560,00 EUR zugrunde. Zudem berücksichtigte das FA einen Anrechungsbetrag für den Vorerwerb i.H.v. 39.960,00 EUR, den es auf der Grundlage eines Werts des Vorerwerbs i.H.v. 143.560,00 EUR, eines bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Freibetrags gem. § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG a.F. i.H.v. 10.300,00 EUR für Erwerber der Steuerklasse II und eines für Erwerber der Steuerklasse II ab dem 1. Januar 2009 nach § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. geltenden Steuersatzes i.H.v. 30 % ermittelte.

Mit Schriftsatz vom 23. April 2009 – bei Gericht eingegangen am 27. April 2009 – erhob der Antragsteller hiergegen Sprungklage i.S.d. § 45 FGO, der das FA mit Schriftsatz vom 27. Mai 2009 zustimmte. Über die Klage hat der Senat bislang noch nicht entschieden.

Mit Schreiben vom 23. April 2009 stellte der Antragsteller gegenüber dem FA zudem einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids, der mit Bescheid vom 15. Mai 2009 abgelehnt wurde.

Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 – bei Gericht eingegangen am 25. Mai 2009 – begehrt der Antragsteller nunmehr vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz. Zur Begründung seines Aussetzungsantrags trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, ...

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