rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttung bei nachträglicher Stundung einer Tantieme

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erhält der Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten bzw. dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vertraglich vereinbarte Tantiemen nicht bei Fälligkeit ausgezahlt und bildet die GmbH hinsichtlich der Tantiemen eine –nicht abgezinste– Rückstellung bzw. Verbindlichkeit, ist ernstlich zweifelhaft, ob aus der Stundung der Tantieme durch den Gesellschaftergeschäftsführer auf das Fehlen einer von Anfang an ernstlich gewollten Tantiemezusage und damit auf eine verdeckte Gewinnausschüttung geschlossen werden kann.

2. Ernstlich zweifelhaft ist auch, ob die Vereinbarung über die Stundung von Tantiemezahlungen steuerlich nicht anerkannt werden kann, weil es an der Vereinbarung von angemessenen Abschlagszahlungen, einer Verzinsung und über das Ende der Stundung fehlt.

3. Die Stundung der Tantiemezahlungen an einen GmbH-Gesellschaftergeschäftsführer kann als Gesellschafterbeitrag eine Form der Einkommensverwendung für den Gesellschaftergeschäftsführer darstellen, welche nicht in die steuerliche Beurteilung der zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH abgeschlossenen Tantiemevereinbarung einzubeziehen ist.

4. Gilt nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH die Forderung des Gesellschaftergeschäftsführers auf die Zahlung einer Tantieme im Zeitpunkt der Fälligkeit als zugeflossen i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, ist die Zuflussfiktion im Rahmen der Gesamtwürdigung, ob eine fehlende Auszahlung der Tantieme als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist, zu berücksichtigen.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2, Abs. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3, § 11 Abs. 1 S. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tenor

1. Die Vollziehung der Bescheide vom 8.10.2007 betreffend Körperschaftsteuer 2002 und Gewerbesteuermessbetrag 2002 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in Höhe der Körperschaftsteuer bzw. des Gewerbesteuermessbetrags ausgesetzt, der sich durch die Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 874.882,– EUR ergibt. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Aussetzung der Vollziehung zu berechnen und das Ergebnis der Berechnung der Antragstellerin mitzuteilen.

Die Verwirkung angefallener Säumniszuschläge wird insoweit aufgehoben, als sie auf die ausgesetzten Beträge entfallen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren die Behandlung von Tantiemen für den Gesellschaftergeschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).

Die Antragstellerin, eine im Jahr 1988 gegründete GmbH, hat den Verkauf und die Entwicklung von Software, die Beteiligung an solchen Unternehmen sowie die Geschäftsführung für diese Unternehmen zum Gegenstand ihres Unternehmens.

Anteilseigner im Streitjahr sind Herr Dr. mit einem Geschäftsanteil von 12.500,-– DM und Herr (im Folgenden: G) mit Geschäftsanteilen von 37.500,– DM. Die Anteilseigner wurden bereits im Gründungsvertrag zu Geschäftsführern bestellt.

Nach Nr. 6 der Geschäftsführeranstellungsverträge vom 7.3.1988 steht den Geschäftsführern neben einem festen Monatsgehalt eine gewinnabhängige Vergütung nach Feststellung des Jahresabschlusses, spätestens zum 30.6. des Folgejahres, für das abgelaufene Geschäftsjahr nach einer Gewinnstaffel (bis zu 40 % bei einem Gewinn über 100.000,– DM) zu. Ab dem Geschäftsjahr 2001 erhält der Geschäftsführer G eine Tantieme in Höhe von 50 v.H. der maßgeblichen Bemessungsgrundlage (Beschluss vom 5.12.2000).

In der Bilanz zum 31.12.2002 wurde für die Tantieme 2002 eine Rückstellung in Höhe von 874.882,– EUR gebildet. Die Tantieme wurde bei Fälligkeit (Feststellung des Jahresabschluss am 31.3.2003) nicht ausgezahlt. Nach dem Wortlaut des Beschlusses vom 16.5.2003 wurde die – mündlich zwischen der Gesellschaft und G vereinbarte – Stundung der Auszahlung der Tantieme für das Geschäftsjahr 2002 auf unbestimmte Zeit, bis die Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft die Auszahlung der Tantieme erlaube, verlängert. In der Bilanz zum 31.12.2003 bilanzierte die Antragstellerin die Tantieme als „sonstige Rückstellung”, in der Bilanz zum 31.12.2004 als sonstige Verbindlichkeit jeweils in Höhe von 874.882 EUR. Eine Abzinsung erfolgte nicht.

Bei einer Außenprüfung behandelte der Prüfer die Tantieme als vGA (vgl. Bericht über die Außenprüfung vom 13.6.2007 Tz. 1.11, S. 9). Entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung erließ das Finanzamt (FA) am 8.10.2007 geänderte Bescheide. Dagegen legte die Antragstellerin am 2.11.2007 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide. Dem Antrag gab das FA nicht statt und wies den dagegen eingelegten Einspruch als unbegründet zurück.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 6.2.2008, den Bericht über die Außenprüfung vom 13.6.2007, die Akten...

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