Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbarkeit von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Leistung der Stpfl. i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG besteht darin, durch die Überlassung ihrer Geldspielgeräte den Spielern die Möglichkeit zum Spielen mit Gewinnchance unter Befriedigung ihrer Spiellust zu bieten.

2. Bemessungsgrundlage für die USt sind im Streitfall die Kasseneinnahmen der Stpfl. abzüglich der geschuldeten USt. Die USt ist von den Spielern als Endverbrauchern an die Stpfl. gezahlt worden, so dass auch durch die Abwälzung der USt an die Endverbraucher die von der Klägerin monierte Belastung durch USt und zusätzliche Ertragsteuern nicht vorliegt.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 9 b, § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2019; Aktenzeichen XI R 26/18)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Automatenaufstellerin und Spielhallenbetreiberin. Im Streitjahr 2010 betrieb sie in A und B insgesamt drei Spielhallen mit Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit sowie eine Gaststätte. Sie erzielte im Jahr 2010 Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten i.H.v. ca. 354.000 € und aus dem Restaurationsbetrieb Umsätze i.H.v. ca. 42.000 €. Die Klägerin verwendete ausschließlich Geldspielgeräte mit dem so genannten Hopper, die von der Bauart und Technik identisch sind mit den in öffentlichen Spielbanken verwendeten Geldspielgeräten.

Mit Umsatzsteuererklärung 2010 vom 17.02.2012 erklärte die Klägerin zum Regelsteuersatz Umsatzsteuer i.H.v. 75.501,98 € sowie Vorsteuern i.H.v. 24.949,66 € (festzusetzender Betrag: 50.552,23 €). Die Umsatzsteuererklärung 2010 stand einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Mit Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 20.03.2015 setzte der Beklagte nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung (Prüfungsbericht vom 20.10.2014) die Umsatzsteuer geändert auf 50.732,16 € fest.

Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete die Klägerin nicht. Mit Einspruchsentscheidung vom 04.09.2015 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit ihrer Klage vom 29.09.2015 macht die Klägerin erstmalig geltend, dass ihre Umsätze nicht der Umsatzsteuer unterliegen.

Hierzu trägt sie vor, es müsste geklärt werden, ob

  • eine mehrfache Besteuerung desselben steuerlichen Substrats „Gewinn” durch Umsatzsteuer einerseits und Ertragssteuer (Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer) andererseits erfolgen dürfe,
  • für Umsätze aus Geldspielautomaten in Gestalt von Geldspielgeräten das Netto-Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 2 UStG durch den so genannten Saldo II lediglich im Wege der Schätzung erfolgen könne.

Im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 05.05.1994 (EuGH, Urteil vom 05.05.1994, C-38/93, Glawe) könne allenfalls der um die Ertragsteuern geminderte Kasseninhalt der Geldspielgeräte, nicht aber der sogenannte Saldo II, der wirtschaftlich dem Gewinn des Unternehmers entspreche, der Umsatzbesteuerung zugrunde gelegt werden.

Die Überschneidung der Besteuerung ihres Umsatzes durch die Umsatzsteuer und ihres Gewinns durch die Anwendung des so genannten Saldo II sei nicht Gegenstand des EuGH-Urteils vom 24.10.2013 (C-440/12, Metropol Spielstätten Unternehmergesellschaft) gewesen. Hierzu müsse der EuGH im Rahmen eines von dem erkennenden Senat einzuleitenden Vorabentscheidungsersuchens Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Ferner vertritt die Klägerin die Auffassung, dass § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der Fassung vom 28.04.2006 nur die Befreiung für die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz falle, vorsehe, während Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRl auch sonstige Glücksspiele steuerfrei stelle. Damit verstoße § 4 Nr. 9 b UStG gegen Unionsrecht, denn für sie, die Klägerin, gelte das Rennwett- und Lotteriegesetz nicht. Sie berufe sich auf die Steuerbefreiung gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRl, deren Bedeutungsinhalt mit Urteil des EuGH vom 17.02.2005 (C-453/02 und C-462/02, Linneweber) klargestellt worden sei.

Wegen anhängiger BFH-Verfahren zu den von ihr vorliegend für einschlägig beurteilten Fragen rechtlicher und tatsächlicher Natur hat die Klägerin im Laufe des Rechtsstreits die Aussetzung bzw. das Ruhendstellen des vorliegenden Verfahrens beantragt. Auf die Schriftsätze der Klägerin vom 12.11.2015 (Bl. 39 ff.), 17.12.2015 (Bl. 68 ff.), 02.02.2016 (Bl. 84 ff.), 11.04.2016 (Bl. 97 ff.) und 19.12.2016 (Bl. 163 ff.) wird verwiesen.

Mit Schriftsätzen vom 22.08.2017 (Bl. 224 ff.) und 22.09.2017 (Bl. 253 ff.), auf die verwiesen wird, trägt die Klägerin vor, dass sie nicht die Auffassung vertrete, dass § 4 Nr. 9 b UStG gegen die MwStSystRl verstoße. Mit dieser Begründung berufe sie sich nicht auf die Steuerbefreiung ihrer Umsätze gemäß § 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRl. Vielmehr bewirke die richtlinienwidrige Vorschrift des § 6 Abs. 1 Spielbankenverordnung 1938, dass ihre Umsätze aus Gewinnspiel mit Geldeinsatz gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRl umsatzsteuerbefreit seien. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 ...

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